All das. Neue. Strengt mich an und macht mich gleichzeitig stolz. Ich komme klar, ganz ohne Auto, laufe zum Einkaufen und ziehe einen Trolley hinter mir her. Ich fühle mich – alt.
Gerade fühle ich mich alt. Schaue alte Bilder an und denke, verdammt. Was bist du alt geworden. Klein. Bisschen zuviel Bauch. Die Nase total breit. Das Gesicht, verändert. Mit Falten. Alt halt. Schlupflider hatte ich schon immer, jetzt sieht man meine Augen kaum noch. Ich fühl mich –
Müde. Es sind haarige Zeiten. K3 mit seinen langen schwarzen Haaren hat sich in der gesamten Wohnung ausgebreitet. Besonders betroffen ist natürlich sein Zimmer und der Abfluss der Dusche. Tja. Da könnte ich mal so ein Sieb drauflegen. Zum Haare fangen.
Es ist zum Haare raufen. Nur nicht zu viele. K5 hat gerade eine kahle Stelle am Kopf, das hat uns erschreckt. Immerhin, ich gehe direkt mit den Themen zum Kinderarzt und frage – was kann das sein? Ein Mangel? An Nährstoffen? Würde mich bei seiner Vorliebe für Erdnussbutter und Fleischwurst nun auch nicht wundern … oder doch, einfach, Stress?
Also, warum fallen hier so viele Haare aus?
Und warum fällt mein Blick in den Spiegel auch so haarig aus?
Ich bin ein wenig unzufrieden. Mit dem älter werden. Vor einem Jahr habe ich das noch gefeiert, heute schaue ich und denke, ach. Es ist schon auch traurig. Was wäre, wäre ich nochmal jung? Wie würde ich leben? Würde ich da eventuell früher anfangen und mein Leben ernst nehmen? Warum habe ich das erst mit Mitte 40 getan? Werde ich das, was ich nicht gelernt habe, noch nachlernen können? Und, ist das wichtig?
Ich fühle mich aktuell unter Druck. Noch all das zu erleben, zu erreichen, was ich in den letzten 50 Jahren nicht erledigt oder erreicht habe. Erfolgreich sein, zum Beispiel. Beliebt sein, auch. Haha. Sehr wichtig. Und doch ein Antrieb, immer noch – dieses – hoffentlich kommen viele Menschen zu meiner Feier. Wenn niemand kommt, dann hat mich wohl niemand lieb.
Die Unsicherheit, überhaupt wahrgenommen zu sein, sie winkt aus der Kindheit.
Ich habe dazu keine Lust mehr. Keine Lust mehr auf Haare im Flur oder im Ausfluss. Dieses „ist mein Leben ausreichend wertvoll“ nervt mich ähnlich wie das herauspuhlen von Haaren aus der Dusche. Soll das doch bitte jemand anders machen! Mein Sohn, zum Beispiel. Sind ja vor allem seine Haare.
Ich fühle mich also alt. Müde. Es ist so viel Veränderung, gerade. Ich halte mich ganz tapfer und denke dennoch, es kann eigentlich nicht sein. Dass ich einfach so vor mich hin lebe. Ist das denn ausreichend? Fühle ich ausreichend? Wo gehen die Jahre hin, was halte ich daraus fest?
Ich fühl halt leider wenig. Es wird dringend Zeit, einen Arzt aufzusuchen. Nur, was erzähle ich dem? Außer, dass ich alt und müde bin und mich im Spiegel kaum selbst erkenne? Was ich mir wünsche, ist ein neues Sofa. Das kann es ja dann auch nicht sein … Sollten es nicht Reisen sein, in ferne Gefilde? Endlich das Buch schreiben? Eine neue Sprache lernen? Handstand üben? Schwimmen gehen? Endlich ein Klavier kaufen? Was ist los mit mir?
Warum schreibe ich nicht mehr? Und wenn ja, dann doch so wenig?
Über Haare?
Das mit den Haaren nervt. Dann fange ich halt damit an. Mich um die Haare kümmern.
Ich wünschte ich wäre ein ganz normaler Mensch. Ich weiß nur nicht, wie sieht so ein normaler Mensch aus? Vielleicht bin ich ja ganz normal. Wer weiß das schon.
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