Ich vermisse dich!

Du, stehst an einer Straße, Kilometer von mir entfernt, ohne diesen Fuchs am Rückspiegel, den K4 damals aus Holz ausgesägt hat. Ohne die Kindersitze auf dem Rücksitz. Ohne all den Kram im Kofferraum. Die Picknickdecke. Die leeren Flaschen. Die Lanyards und Namensaufkleber von all den Veranstaltungen.

Es ist leer. Und ein wenig krümelig, weil, wir haben dich nicht mehr sauber gemacht, bevor wir dich an die Straße gestellt haben. Jetzt tut es mir leid, weil ich denke – vielleicht bist du auch deshalb kaputt gegangen? Weil ich dich nicht gut genug gepflegt habe? So wie meine Zähne?

Hier, bei mir an der Straße, steht jetzt ein anderes Auto. Das geht schnell, kaum ergibt sich eine Parklücke, wird sie gefüllt. Allerdings gar nicht von mir. Ich schaue nur aus dem Fenster und denke, ach. Wie schön das war. Mit dir in die Sauna zu fahren, laut Musik zu hören, mitzusingen. Einfach die Tasche in den Kofferraum stellen und ab dafür. So ein Luxus!

Was vermisse ich noch? Das leise Schnurren deines Motors. Wie ein Kätzchen, haben die Kinder damals gesagt, als wir dich abgeholt haben. Vom Gebrauchtwagenhändler. Du warst einfach eine Klasse Auto! Was du alles ausgehalten hast! Urlaube mit allen Kindern im Auto, es war eng und doch erstaunlich viel Platz. Unmengen von Koffern und Kram. Einkäufe bei Ikea. Flohmärkte. Spontane Fahrten in die Niederlande mit Kinderwagen und Babyreisebettchen. Alles ging immer. Ich habs geliebt, mit dir zu reisen.

Jetzt stehst du an dieser Straße. Vor der Werkstatt. Es ist klar, es ist das Abgasrückführungsventil, dass dir Aussetzer beschert. Die Lichtmaschine ist ganz in Ordnung … Das AGR-Ventil ist allerdings so teuer, dass ich es nicht mehr reparieren lassen werde. Es lohnt sich einfach nicht. Du hast nichts davon und ich auch nicht. Ja, ein paar Tage könnten wir sicher noch gemeinsam durch die Welt cruisen. Aber seien wir ehrlich, weite Wege und schweres Gepäck möchte ich dir nicht mehr zumuten. Wir kommen halt alle in die Jahre, du, ich. Und es bleiben dann die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, an die Ausflüge, an die albernen Momente und auch an die Tränen. Es ist viel passiert in diesen knapp über 10 Jahren.

Du weißt viel. Ich weiß, du wirst schweigen 😉
K4 besucht dich jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit und sagt dir einen lieben Gruß. Ich hoffe, du bist nicht zu traurig und hast keine Angst. Weil, deine Zukunft ist ungewiss. Vielleicht mag dich nochmal jemand kaufen, um sich an deinen Ersatzteilen zu erfreuen. Das würde mir gut gefallen, weil, das stelle ich mir als ein schönes Ende vor. Nicht einfach irgendwo in die Schrottpresse gedrückt zu werden, sondern vorher noch sinnvoll Räder, Bremsen oder den neuen Kühler beisteuern zu können. Ich weiß, dass dir der Gedanke gut gefällt.

Ich weiß auch, du würdest gern noch eine Runde fahren. Du bist immer gern gefahren. Ich habe dir zwar auf der Hinfahrt zur Werkstatt schon gesagt, dass es sehr wahrscheinlich unsere letzte gemeinsame Fahrt sein wird, aber wie das so ist. Glauben tut man es dann doch erst, wenn es wirklich wahr wird.

Vielleicht komme ich nochmal vorbei – also, in jedem Fall komme ich nochmal vorbei. Ich habe ja noch deinen Brief hier liegen! Falls dich jemand kaufen will, komme ich vorbei und sage Tschüss. Falls ich dich abmelden muss und du doch in die Schrottpresse kommst, komme ich auch vorbei und sage Tschüss. Ich bin in jedem Fall nochmal bei dir!

Es wird mir allerdings so oder so weh tun. Ich hoffe, ich wein dann nicht. Das bringt ja auch nichts, zu weinen. Es schadet allerdings auch nichts.

Im übrigen ersetze ich dich nicht direkt. Ich brauche auch meine Zeit, zu trauern. Ich habe nur für den Transport von all der Milch einen Trolley gekauft, den ich jetzt hinter mir her ziehe. Sieht ein wenig albern aus, tut aber seinen Dienst. Die Busse und Bahnen fahren auch weiterhin und ich lerne, mich an ihre Uhrzeiten anzupassen. Wir haben wohl beide soweit eine völlig neue Situation, und müssen uns wohl beide anpassen …

Ich sag meinem Sohn morgen früh, dass er dir einen kleinen, liebevollen Klaps auf die Motorhaube geben soll. Damit du weißt, dass ich an dich denke. Wie du da stehtst, im dunkeln, und kalt ist es auch, und du bist ganz schön weit weg. Ich hoffe, es geht dir gut!

Ganz sicher ist: wir werden dich nie vergessen! Du warst mein zweites Auto und ob es nochmal ein drittes Auto geben wird, das werden wir sehen. Erstmal nein. Das ist wie mit Beziehungen. Da sollte man auch nicht direkt von einer in die nächste stolpern. Das geht selten gut. Erstmal die alte Beziehung aufarbeiten. Dann weitersehen. So mache ich das jetzt auch.

Vermissen tue ich dich dennoch. Du warst ein toller Luxus!

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