Ich puste mir selbst Sonnenlicht auf die Lider. Ein Auf und Ab, ein Zwinkern in die Sonne, ein Verziehen der Mundwinkel. Die Mundwinkel gehen nach oben, wenn wir zwinkern oder die Augen zusammenkneifen. Fast ein Lächeln. Ein Lächeln gegen die lichte Leere. Ist es so einfach?
Tatsächlich hilft mir Licht. Diese Erkenntnis hat sogar schon die Wissenschaft gemacht. Dabei ist Licht ja grob gesagt nur reflektierte Leere. Aber lassen wir das … und würden wir uns dem Licht mehr annähern, bestände Verbrennungsgefahr. Also, so ganz ohne Nebenwirkungen ist Licht irgendwie auch nicht. Näher betrachtet.
Es hilft nichts ohne Wirkung.
Für alles braucht es ein gesundes Maß. Maßgeschneiderte Helligkeit für die Seele quasi. Wache Stunden in Licht. Schlafende Stunden in Dunkelheit. Weniger Denken, mehr Hineinfühlen in das, was wir wirklich brauchen. Es ist so einfach und zudem gibt es das auch noch kostenfrei. Das Licht, den Schlaf, die Bewegung. Viel gesundes Maß ist einfach da, wir müssen es nur nutzen.
Das neue Sideboard für den Flur gehört allerdings nicht zu den kostenfreien Maßnahmen, auch wenn es aus Mangoholz ist, ich Mangos super finde und die eine sehr schöne, aufmunternde Farbe haben … das Sideboard ist halt kostenpflichtig. Sollte es dann nicht noch besser helfen? Wenn ich es auch noch bezahle?
Es hilft sicherlich für einen etwas ruhigeren Eintritt in unsere Wohnung. Hier herrscht nämlich eine Flut von Dingen, die mir schon beim Betreten der Wohnung deutlich die Unruhe spiegeln. Immerhin, eines ist der Eingangsbereich von uns nicht: leer!
Hier ist nix Leere. Hier ist vollgestellte Fülle der Absurditäten. 20 Jahre alte Mützen von Kindern, die heute Erwachsene sind, neben Handschuhpaaren, die seit Jahren ein Singledasein fristen, alles gemeinsam mit vielen Masken, sowohl vom Ball als auch von Corona. Da ist viel los. Jetzt habe ich ein Sideboard gewählt, dass nicht von Ikea ist, keine extra Kisten benötigt, sondern dass TÜREN hat! Der Wahnsinn. Geschlossene Türen für mehr Klarheit. Schön, wenn dahinter auch noch aufgeräumt ist, der Optimalzustand für Ruhe und – Leere hat drin gar keinen Platz, weil schon die Mützen untergebracht werden wollen!
Früher habe ich Möbelstücke bevorzugt, die erstens möglich günstig waren und zweitens offen. Ich mochte den offenen Blick auf all das. Ich dachte, es würde mich dazu bringen, ordentlicher zu sein. Geschlossene Schränke fand ich ähnlich beschränkend wie Vorhänge vor den Fenstern. Heute stelle ich fest, ich mags ein wenig geschlossener. Es ist ja nicht ABgeschlossen. Die Türen lassen sich jederzeit öffnen. Und weniger Fülle tut dem Auge und der Seele gut. Neben der Leere ist eine Überfrachtung mit Dingen auch wenig segensreich.
Jetzt also kommt in den Januar hinein ein neues Möbelstück. Für den Flur. Für den Bereich, den wir täglich mehr nutzen als jedes Zimmer. Immer auf dem Weg. Von Küche zum Wohnzimmer. Von Kinderzimmer zum Klo. Vom Wohnzimmer zum Schlafzimmer. Und immer zurück in die Küche. Der Flur ist aktuell die Rümpelkammer dieser Wohnung. Dabei sollte er der schönste, hellste, lichteste Raum sein, durch den wir uns gern bewegen und den wir gern als erstes zeigen, wenn die Tür sich öffnet. Die Tür zur Wohnung. Nicht die Tür vom Sideboard.
Ich freue mich! Ich habe eine kleine neue Aufgabe, mit der ich gestern schon begonnen habe. Das alte Sideboard, ein Ikea Kallax mit circa 20 Lebensjahren auf dem Buckel, ausräumen. Sichten. Aussortieren. Wegwerfen. Dinge für Ebay Kleinanzeigen, Dinge zum Wegwerfen, Dinge, die in das neue Sideboard umziehen dürfen. Eine schöne Aufgabe!
Bedeutet, bei all der Ordnung, die ich seit Monaten in mein Leben bringen will – ich bin ein Stück weiter gekommen! Ich kann mich inzwischen um Ordnung kümmern, die mehr in der Tiefe eines Kallax liegt. Nicht nur oben drauf.
Das ist gut!
So gut, wie die Sonne, die mir heute meine Leere wärmt. Die mich bis zum Lächeln zwinkern lässt. Die sagt, geh raus, solange es hell ist. Und bewege dich auch, wenn es dunkel ist. Bewegung ist neben Licht und Liebe die Möglichkeit, die Leere zu füllen. Essen übrigens auch, aber nur in Gesellschaft mit Menschen, die wir lieben. Ansonsten ist es mit dem Essen gegen die Leere ähnlich wie mit dem Alkohol, den Zigaretten und anderen Mitteln, mit denen wir uns zu füllen suchen.
Füllung geht nur mit Liebe.
Liebe zu uns selbst ist übrigens die Zutat, die die Leere absolut nicht verträgt. Davon wird ihr schlecht.
Das ist allerdings eine Zutat, die besonders wertvoll und besonders schwer zu finden ist. Also, quasi der Schatz.
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