mein Auto hat frei

Urlaub in der Werkstatt hat der Wagen eingereicht. Stotternd. Ich bin mir aktuell nicht sicher, handelt es sich hier um einen Erholungsurlaub oder um einen Urlaub ohne Wiederkehr.

Die Dale geht. In Urlaub. Eventuell auch in Rente. Sie hat sowieso schon altersbedingte Gebrechen. Das Abgasrückführungsventil hat sich orangefarben zu Wort gemeldet. Und jetzt sagt auch die Lichtmaschine, dass es dunkel werde.

Nach über 10 Jahren individueller Begleitung fahre ich jetzt Bus und Bahn mit Hinz und Kunz. Laut singen an Ampeln ist somit vorbei. In der Nase bohren ohne dass mich jemand sieht, auch. Mein Sohn sagt, meine Reiswaffel darf ich aber futtern, im Bus. Eis ist wahrscheinlich verboten, oder? Immerhin, ich darf jetzt während der Fahrt aufs Handy schauen. Sprachnachrichten quatsche ich aber keine auf, weil – das ist wie mit dem Singen. Da soll schon niemand zuhören, wenn meine Freundinnen einen weiteren Podcast aus meinem unfreiwillig autofreien Leben von mir bekommen.

Mein Auto ist weg.

Es schmerzt!

Vor allem an den Schultern. Vom Tragen der viel zu schweren Taschen mit all den Einkäufen für vier Personen. Von denen eine Person gern mal zwei Liter Milch an einem Tag trinkt.

Es schmerzt auch auf der Uhr. All die Zeit, die ich früher entspannt im Stau stand oder mich durch den Berufsverkehr gequält habe … die nutze ich jetzt, um – ja, um was?

Was ist denn eventuell positiv daran, dass mein Auto und damit meine Bequemlichkeit futsch ist?

Darüber denke ich noch nach.

Heute war positiv, dass ich mit meinem K4 abends noch einkaufen gegangen bin und wir jede Menge Spaß beim Shoppen im dm hatten. Inklusive Reiswaffeln mit Joghurt und Bratapfeltassenkuchen. Wir wären wohl nie gemeinsam zu Fuß losgedackelt, wenn nicht die Dale gegangen wäre.

Auch positiv ist – dass es tatsächlich irgendwie geht. Trotz Alltag, trotz Job, trotz Regen, trotz Schulterschmerzen.

Ich darf mich einmal mehr neu organisieren. Ein „ich fahre spontan los, kein Problem“ ist ein Problem. 40 Minuten zum Fußballtraining. Einfache Strecke. Da wird ein Vollzeitjob zum Vollzeitjob. Also, zusätzlich.

Ist das jetzt eine neue Freiheit, ohne Auto zurecht zu kommen? Oder eher das Gegenteil? Und – will ich das auf Dauer? Wie lange frei ist denn gut?

Als jetzt stolze Besitzerin eines Deutschlandtickets steht es mir ja frei, überall hin zu fahren. Also, überall in Deutschland. Wie schnell ich da bin, ist dabei ja egal. Die Freiheit jedenfalls ist fast grenzenlos. Bis zur Grenze halt. Aber darüber hinaus? Und, falls ich mal schnell frei sein will? Was ist dann?

Ich weiß nicht, ob ich mir die Schnelligkeit sparen will.

Daher schaue ich, ob es andere Dalen gibt, die wir uns leisten wollen. Weil, Flexibilität in der Mobilität ist Luxus. Ein Auto ist Luxus.

Ich denke mal über den Luxus nach. Weil, im Grunde – ist weniger auch mehr. Jedenfalls dann, wenn man schwere Einkaufstaschen durch die Gegend trägt.

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