Wie sehr. Sind wir uns selbst verpflichtet? Bin ich ausreichend, mir selbst verpflichtet?
Wo treffe ich mich, in dieser Verpflichtung, zwischen Selbstannahme und Selbstverurteilung? Mit meinen Verpflichtungen?
Ich habe ständig Ideen. Seit einiger Zeit beginne ich sogar, Ideen umzusetzen. Ich höre allerdings auch wieder auf. Ständig. Um wieder neu zu beginnen.
Ein Beispiel: mein privater Schreibtisch, auf dem Zettelablagen sich ausdehnen. Ich nehme mir also vor, jeden Tag einen Zettel zu bearbeiten und neue Zettel direkt abzulegen, also – nicht auf dem Schreibtisch, sondern in den dazu passenden Ordnern.
Tja.
Und dann mache ich das drei Tage und höre wieder auf. Der Schwung hält meist nicht länger. Es kommen andere Dinge dazwischen, die sich dringlicher fühlen und laut nach Socken schreien. Mama, ich habe keine Socken mehr im Schrank! Ich schaue dann schon, ob eventuell Socken auf dem Schreibtisch liegen, meist tun sie das aber nicht. Schade. Sonst könnte ich ja zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen …
Ich bleibe nicht so lange dran, wie ich es von mir erwarten würde. Dabei versuche ich, gelassener damit umzugehen, weil ich das ja nun schon seit Jahren kenne. Wäre es anders, es gäbe gar keine Zettel auf meinem Schreibtisch. Der wäre geleckt leer. Unaufgeregt.
Ich verurteile mich also deutlich weniger als früher für meine nichterfüllten ToDos. Für meine selbsterdachten und direkt vergessenen Routinen. Ich sehe es, nicke, klopfe mir auf die Schulter für den Versuch und fange kurze Zeit später wieder etwas ähnliches an. Mit ähnlichem Resultat.
Gerade frage ich mich, ob ich bei all dem die richtige Balance habe. Weil, es wäre schon auch schön, sich echt mal etwas so sehr verpflichtet zu fühlen, um es dann wirklich immer umzusetzen. Und nicht nur an drei guten Tagen im Monat. Wäre das nicht schön? Fehlt es nicht daran? Oder sind die Aufgaben dafür nicht tief genug, so dass es eigentlich egal ist? Ich meine, die Zettel auf dem Schreibtisch, wenn die Dringlichkeit hätten, hätten die schon zu mir gesprochen. So, wie es die Socken ja auch tun.
Brauche ich mehr Dringlichkeit, um Verbindlichkeit zu fühlen? Mir selbst und meinen 300 Ideen gegenüber? Im Job wünschen sich Menschen, dass Menschen, die eine Idee haben, diese auch von Anfang bis Ende verantworten. Das ist eine schöne, romantische Idee. Das funktioniert selten, weil selten Menschen alle notwendigen Fähigkeiten mitbringen, um Ende zu Ende Verantwortung zu übernehmen. Und überhaupt, die Verantwortung – was ist mit der? Wächst die aus der Verbindlichkeit?
Es grübelt mir.
Ich wäre mir gerne mehr selbst verpflichtet. Aber nicht so sehr, dass ich verbissen, krank, nervös oder verzweifelt werde.
Ich suche immer noch das richtige Maß. Weil, eventuell ist es einfach zu viel, jeden Tag einen Zettel zu bearbeiten. Weil ich zu den Menschen gehöre, die nicht jeden Tag alles immer gleich können. Es ist ausreichend anstrengend, jeden Tag zweimal Zähne zu putzen, zweimal das Gesicht zu waschen, dreimal Essen zuzubereiten, einmal die Geschirrspülmaschine zu stellen, einmal den Kaffeebehälter sauber zu machen und zigmal liebevoll zu sein, zu mir und zu meinen Kindern. Jeden Tag! Ob ich da auch jeden Tag einen Zettel wegräumen muss?
Oder ob es reicht, einmal die Woche was zu tun für den Schreibtisch?
Ob ich meine Selbstverpflichtungen einfach anders formulieren darf? Ob ich die einzelnen Schritte einfach NOCH KLEINER machen darf? Wer, wenn nicht ich, darf mir das erlauben? Natürlich darf ich das! Niemand wird mich dafür prüfen, ob ich meinen Schreibtisch – also, sollte ich morgen tot umfallen, dann ist das so. Dann ist mein Schreibtisch halt ein Saustall. Ich brauch dringend ein Testament, wo drin steht, wer in meiner Unordnung Geld findet, darf es behalten 😉
Also, nein, ich will morgen nicht sterben. Aber vielleicht tue ich es. Und ist dann alles vorbereitet? Und seit wann habe ich solche Gedanken? Als ich jünger war, hat mich das herrlich wenig interessiert. Was morgen ist. Ich war immer im Hier und im Jetzt. Selten in der Vergangenheit. Was war ich glücklich! Über Selbstverpflichtung habe ich selten nachgedacht. Noch seltener über Verantwortung, weder für mich selbst noch für die Kinder. Da gab es auch gar nichts drüber nachzudenken. Warum auch. Ich habe einfach gemacht. Es war wunderbar, so wenig zu denken.
Vielleicht sollte ich mich mal dazu verpflichtet fühlen, weniger zu denken und mehr zu leben. Im Hier und Jetzt.
Ach. Seufz. Ich übernehme Verantwortung für mich selbst. Den ganzen Tag. Egal, wie viele Zettel da noch liegen, auf dem Schreibtisch. Oder wie viele Kisten noch stehen, im Keller. Es ist gut, dass ich in kleinen Schritten weitergehe. Ich weiß, dass Ordnung wichtig für mich ist, um mich sicherer zu fühlen. Und ich arbeite daran. In meinem Tempo. Ich bin ausreichend, auch wenn ich meine kleinen Schritte nur an wenigen Tagen im Monat gehe. Hauptsache: ich gehe Verpflichtungen ein. Und seien sie noch so klein.
Habe eigentlich nur ich so viele Ansprüche an mich selbst in meinem Kopf?
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