Ich erkenne ein Muster. Eines, dass ich im Frühsommer 2022 beschrieben habe. Was mich im Frühsommer 2023 erwischt hat, allerdings abgemildert. Und in diesem Jahr ist es erneut präsent. Und nein, es sind nicht die Stachelbeeren oder das Einkochen von Erdbeermarmelade …
Leider kann ich nicht auf 2021 schauen, da habe ich noch nichts geschrieben. Wobei ich erinnere, im Mai 2021 meinen Job angetreten zu haben, und danach war ich auch ganz schön durch. Es war aber auch viel damals, ich habe eine ganz neue Branche ganz neu kennengelernt. Eventuell hatte ich da einen ganz anderen Fokus …
Welches Muster fällt mir also auf?
Ich steigere mich bis in den Mai, bis zu meinem Geburtstag. Es geht mir gut, ich bin strahlend, motiviert, fröhlich, Job läuft auch. Dann zieht es so langsam rein, ein paar Wölkchen hier, ein paar Wölkchen da. Ich habe auch immer einen Grund, warum es mir schlecht geht. Der Job im Vertrieb 2022. Eine Situation rund um meinen Geburtstag 2023. Das doofe Feedback in 2024.
Tatsächlich sind das nur Symptome. Wie Kopfschmerzen. Oder Jucken am Bein. Oder Haarausfall. Dahinter steckt etwas fies anderes. Ich bin auch seit Jahren im Sommer so müde. Antriebslos. Die Hitze setzt mir zu. Ich liebe zwar das Licht, bin aber dennoch viel drinnen. Will weniger raus, weniger Ausflüge machen. Schon die Planung macht mich meschugge. Als sei ich doof im Kopf. Die Sommerferien geben mir dann oft den Rest – ich bin hilflos mit den Kindern daheim, jegliche Struktur hat Ferien, ich überlebe einfach nur von Tag zu Tag. Gezielt einkaufen für mehrere Tage, keine Chance …
Und das liegt nicht nur an einem Feedback. Oder dem Gefühl, nicht ausreichend beschenkt worden zu sein. Oder am Vertrieb. Das liegt tiefer.
Ich habe das ungute Gefühl, im Frühling, Sommer depressiv zu werden. Also, würde ich heute zu einem Arzt gegangen sein, würde ich mindestens mittelschwer diagnostiert worden sein. Ich habe heute geweint, ohne Grund. Also, die fährst so Auto und die Tränen laufen. Das ist schon gruselig. Es ist leer, innen drin. Obwohl ich gerade erst Tanzen war. Ich bin müde, außendrumherum. Obwohl ich früh genug im Bett war. Ich kann nur eine Sache einkaufen – für einen Kuchen zum Beispiel, fürs Fußballturnier morgen. Mehr geht nicht. Einen Plan?
Was denn das, so ein Plan?
Ich putze noch Zähne, wasche mir aber selten das Gesicht momentan. Die Wohnung hat ganz fiesen Schluckauf und ich fühle mich überfordert.
Das geht schon länger so, aber gerade ist es schlimmer geworden. Ich denke, Menschen denken, ich tauge zu nix. Im Job. Weil ich nicht mehr so viel reiße wie noch vor ein paar Wochen. Da habe ich diese Konferenz ganz groß gemacht. Irgendwie bin ich dafür auch nur wenig gelobt worden. Vielleicht hätte mehr Lob geholfen? Ich bin irgendwie schon auf der Suche nach Anerkennung. Sonst würde ich mich nicht so sehr hineinsteigern, in Konferenzen oder Fußballturniere. Einen gesunden Touch hat das gerade nicht.
Das geht jetzt auch noch so weiter – es wird erst im September besser, wenn überhaupt. Eher Oktober. So war es auch in den vergangenen Jahren …
Und es ist doch gut, dass ich schreibe. Ohne das Schreiben wäre es mir vermutlich deutlich weniger bewusst. Was da los ist. Schon wieder los ist. Ich überlege doch tatsächlich schon wieder, den Job zu wechseln. Wegen mangelnder Wertschätzung. Dabei ist das nur mein Hirn, dass einen Schlag hat. Im Job ist eigentlich alles in Ordnung. Nur ich – ich bin gerade nicht in Ordnung.
Letzte Woche habe ich eine Bekannte getroffen, nach Jahren. Therapeutin. Verhaltens- und Schematherapeutin. Sie hat mir zugesagt, im Bekanntenkreis mal zu schauen, ob ich mich zumindest vorstellen kann um auf eine Warteliste zu kommen … schauen wir mal. Das wäre ein Anfang.
Letztes Jahr hat mir gut getan, dass ich die Physiotherapie begonnen habe im Sommer. Die muss ich leider gerade pausieren, weil mein Zahnarzt keine weiteren Rezepte mehr ausstellen kann. Wir müssen erst eine Pause machen und dann ein neues Rezept mit einer neuen Indikation ausstellen. Ob es hilft, wenn ich sage, dass ich ohne die Behandlung leider noch schneller zurück in die Depression rutsche?
Ob es wohl hilft, wenn ich einen Blick darauf habe in Zukunft, wann ich besonders anfällig für Depressionen bin?
Ob ich wohl Sorge habe, dass ich irgendwann nicht mehr arbeiten kann und was dann die anderen sagen?
Ob ich wohl Sorge habe, dass ich dann keine verantwortungsvollen Aufgaben mehr bekomme, weil Menschen denken, ich sei nicht stark genug?
Ob ich wohl solche Gedanken gar nicht mehr haben sollte?
Ob ich sie wohl doch habe?
Ob das wohl total Scheiße ist?
Bin unglücklich. Traurig. Müde. War heute mit Kind wieder daheim, krank. Habe zwei wichtige Meetings verpasst (die vor Ort in Präsenz waren), um die es gerade beruflich sehr schade ist. Die mir geholfen hätten. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Dafür hatte ich gestern die Feier meiner Tochter zum 2. Staatsexamen und das war wunderbar!
Dafür hatte ich heute die Schulabschlussfeier von K4 und das war wunderbar!
Dafür kann ich sagen, dass es den Kindern gut geht, sie haben alle ihre Abschlüsse geschafft und gute Aussichten für nach den Ferien. Meine Tochter geht weiter als Lehrerin an einer tollen Schule und K4 startet in die Ausbildung. Auch das hat geklappt. Er hat einen Ausbildungsplatz gefunden. Das ist Erfolg auf ganzer Linie.
Ich. Bin müde. Ich versuche, liebevoll mit mir umzugehen – ich habe gerade ein krankes Kind begleitet, auch das kostet Kraft. Meine Kraft ist aktuell nur endlich. Ich brauche endlich eine Pause. Eine Woche noch, dann beginnen die Sommerferien bei uns. Dann sind alle Jungs bei ihren Vätern und ich muss nur noch arbeiten und mich um mich selbst kümmern.
Nein, dann wird es nicht besser. Vermutlich wird es schlimmer werden. Wir werden sehen. Die Kinder halten mich jedenfalls im Trott. Ich habe die Aufgabe, mich um sie zu kümmern, und das lässt mich zwar täglich einkaufen gehen gerade, aber ich tue es zumindest. Um mich selbst kümmere ich mich gerade nur kümmerlich. Wenn die Kinder weg sind, brauche ich eigentlich Hilfe. Nur, woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Tja. Also – ich sehe zumindest gerade klar. Die letzten Wochen. Die letzten beiden Jahre. Es wiederholt sich. Jetzt darf ich lernen, die Stopptaste zu drücken. Es muss sich nicht wiederholen. Ich kann etwas dagegen tun. Noch weiß ich nicht so genau, was. Aber ich kann das ja herausfinden. Wenn nicht dieses Jahr, dann für nächstes Jahr. Ich könnte zum Beispiel eine Kur beantragen und die in den Frühsommer legen. Dann kann ich schon gestärkt loslaufen.
Das wäre doch gelacht. Wobei mir ja nicht so nach Lachen ist aktuell. Eher nach Weinen. Einfach so. Weil mir gerade alles zu viel ist.
Dieses Achtsam mit sich umgehen – ich sags euch, einfach ist anders.
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