wenig Selbstmitgefühl

Ich steh voll auf Persönlichkeitstests! Wie früher in der Mädchen oder der Cosmopolitan oder der Brigitte! Unterbewusst kreuze ich da ganz bewusst an, was ich gerne will, dass über mich da stehen soll. Also, wie will ich denn sein?

Bin ich sehr eifersüchtig? Oder eher total desinteressiert? Schneide ich meinem Ex die Reifen auf oder vergesse ich einen Tag später schon seinen Namen?

Welches Tier bin ich? Eher ein Reh oder doch ein Brummbär? Alberner Gnom oder Zottelschwein?

Oder, zu welchem Farbschema passe ich? Gelb sind die Initiativen, Kreativen, Getriebenen. Manisch gelb, äußere Ecke, hier! Ich! Ausgleichend blaue Anteile? Ne, du, blau ist nicht meine Farbe. Aber grün ist ganz cool und rot mag ich auch. Wobei, eher so ein pinkes rot. Das echte Rot, diese mächtige Farbe, verunsichert mich. Ich bin kein Machttyp. Nur ein “sie macht” Typ.

Und dann heute also dieser Test. Wie viel Selbstmitgefühl haben Sie?

Und gestern noch lesend am Strand dachte ich – das ist bei mir echt besser geworden, ich bin viel verständnisvoller mit mir selbst – und viel mutiger! Das erste mal seit langer Zeit in einer öffentlichen Badeanstalt mit einem BIKINI, dabei bin ich doch weit entfernt von der optimalen Figur. Eigentlich darf ich nur Badeanzug tragen, damit man meinen weichen, breiten Bauch nicht sieht. Ich sehe wirklich eher so aus, als sollte ich angezogen bleiben …

(man kann das Selbstmitgefühl direkt zwischen den Zeilen lesen – nicht)

Geirrt!

Immer schön, wenn bei so einem Test dann herauskommt, dass ich auf der Skala von 1 – 5 mit 1,475 Punkten ein sehr eindeutiges Ergebnis habe. Im Bereich “wenig Selbstmitgefühl”.

Ich verurteile mich selbst dermaßen hart, dass es schon eher Selbstverletzung ist. Wie die zwei Sätze zum Bikini weiter oben schon andeuten. Ich trage also einen Bikini und entschuldige mich dann auch gleich bei Menschen, die das gar nicht wissen wollen – dafür, dass ich einen Bikini trage, obwohl ich dafür nicht dünn genug bin. Was sollen die dazu sagen? Weil, bei Gott, wie verstörend ist das? Stell dir vor, du sitzt irgendwo, vielleicht mit einer Pommes, an einem Tisch, im Schwimmbad. Und dann sitzt da diese Person und erzählt dir, ach, sie sei so stolz, dass sie endlich auch mal einen Bikini trägt. Wobei sie ja wisse, dass das eigentlich nicht geht, weil sie gar nicht die Figur dazu hat. Und naja, …

Hallo? Höre ich mir auch manchmal selbst zu beim Denken? Wenn ich schon denke, warum dann nicht was Nettes?

So Sätze wie “für dein Alter siehst du doch gut aus” oder “für fünf Kinder hast du dich gut gehalten” machen mich zudem unfassbar wütend. Ich will nicht “für mein Alter” gut aussehen. Ich will gut aussehen! Ich will, dass da keine eine Rolle ist am Bauch und dass der FLACH ist, verdammt. Ich will im Stehen einen flachen Bauch. Im Sitzen am Besten auch. Einen starken Rücken bitte mit dazu. Im Kleid will ich aussehen wie ein Modell, mindestens. Größe 36 wäre cool. Cool wäre auch, wenn ich dazu noch locker einen Rad schlagen könnte im Sand. Am Strand. Vor lauter Lebensfreude.

Also – ich bin noch sehr weit entfernt davon, Mitgefühl zu haben, mit mir selbst. Ich bin wirklich streng mit mir. Immer. Sogar in guten Zeiten.

Wie soll das also weitergehen? In diesem Buch sind zig Übungen, die ich machen kann, um herauszufinden, wann ich wie weshalb mit mir umgehe und wie es auch noch funktionieren könnte. Ich ahne, das Buch braucht zwei Jahre, bis ich es fertig habe. Das ist ja Lebensverändernd! Allein die 10 Fragen aus Übung 1, über die ich reflektieren darf. Halleluja! Das allein braucht ja 10 Wochen!

Also gut. Ein freundlicher Umgang mit der Person, die ich am meisten verachte und am miesesten behandele (nein, es ist nicht der Nachbar, das bin ich selbst), das muss ich wohl üben. Weil, die blöde Kuh ist halt auch kaum auszuhalten mit all ihren Rollen am Bauch und Mängeln im Hirn!

Ich werde mich Stück für Stück annähern und parallel weiterlesen. Vermutlich mehr als einmal lesen. Vermutlich nächste Woche ein neues Hobby haben. Kann sein. Kann ja in Schüben weitergehen, mit dem Selbstmitgefühl.

Selbst, mit Gefühl –

Rom ist auch nicht an einem Tag gebaut worden. Aber an einem Tag runtergebrannt. Na dann –

Ich arbeite morgen weiter an mir. Das kann ich gut verbinden mit meiner Nasebohren-Abgewöhnungs-Challenge, für die ich mir heute eine Tabelle angefertigt habe. Wo ich eintrage werde, wann ich in der Nase bohre und – weshalb ich das tue – und ich stelle jetzt schon fest – es gibt Unmengen von Triggern, die mir bis dato nicht bewusst waren. Aber jetzt kommt ein wenig Licht rein und es entsteht ein Bild. Eines, das ich mir vor wenigen Monaten noch nicht bereit gewesen wäre, anzuschauen. Bloß nicht hinschauen! Bloß nicht begreifen, was da los ist, mit mir. Wo meine Verletzungen liegen und was sie bei mir auslösen. Lieber weiter fleißig das tun, was ich schon immer tue: Finger in die Nase!

Und das mir, die diesen Spruch mit dem “wir haben das schon immer so gemacht” erschreckend findet. Schon immer so gemacht, wie vorsintflutlich! Wir brauchen Veränderungen und wir dürfen Dinge ganz anders machen als vorher. Gilt auch für mich selbst und für das Selbstmitgefühl!

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