Ordnung

Meine Ordnung ist der Wahnsinn.

Ordnung hat für mich elementar mit meiner Depression zu tun. Ich glaube fest, mit mehr Ordnung wäre ich weniger krank geworden.

Meine Mutter verzweifelte ob meiner Ordnung. Im Internat wollte man mich am liebsten des Hauses verweisen, so begeistert war man von meiner Ordnung. Der Umzug aus meiner ersten Wohnung war eine ordentliche Katastrophe ohne jegliche Planung. Ich hatte nicht mal Umzugskartons. Tüten gab es. In die habe ich meine Habseligkeiten gepackt.

Nichts war vorbereitet und die Ordnung war überwältigend. Meine Freundin Heike, die damals schon meine Freundin war und es heute immer noch ist – erzählt gerne von diesem besonderen Umzug. Von meiner Ordnung. Wir lachen dann gemeinsam. Und schütteln gemeinsam den Kopf.

Es wurde im Laufe der Zeit etwas besser, von außen betrachtet ist es irgendwie charmant ordentlich. Nicht auffällig. Da gibt es Andere, bei denen ist es sehr viel deutlicher …

Ich bin gut darin, mich ordentlich zu tarnen.

Ich versuche ab und an, den Menschen um mich zu erklären, wie ich mich fühle. Wie nicht in Ordnung ich mich an manchen Tagen fühle. Sie sehen ein wenig Chaos und dreckige Fenster, lächeln und sagen, bei uns ist es auch nicht immer in Ordnung.

Sie sehen nicht, wie schlimm es wirklich ist. Wie wenig Kontrolle ich habe. Wie verzweifelt ich bin. Ich höre dann ein „dann räum auf, wenn du mehr Ordnung möchtest“.

Ich möchte gerne aufräumen. Ich möchte mehr Ordnung. In meinen Gedanken, meinen Gefühlen, in meinen Schränken, in meinem ganzen Leben. Ich möchte ordentlich sein. ich sehne mich nach einem Heim, in und um mich, in dem ich sicher bin. Aufgeräumt bin. Weiß, wo welches Gefühl, welcher Gedanke und welche Schüssel liegt.

Ich weiß schon, was ich will. Ich weiß nur nicht, wie ich das schaffen kann. Ordnung.

Ich weiß auch nicht, wie ich über all die Jahre dennoch zurecht gekommen bin. Ganz ordentliche Leistung! Dessen bin ich mir bewusst. Ich habe viel geleistet, um meine kleine Ordnung aufrecht zu erhalten. Wie nur soll es weitergehen, wenn ich jetzt dessen müde werde? Wo fange ich an, Ordnung zu schaffen? Überall gleichzeitig? Es sind so viele Baustellen in meinem Leben und die Verlockung, ein Sudoku zu machen, zu lesen oder einfach nur den Feed bei LinkedIn zu lesen, ist groß. Es ist so viel einfacher als Ordnung zu machen.

Ordnung ist also ein Thema. Für mich sehr relevantes Thema. Ich werde Ordnung schaffen. Ich möchte meinen Kindern am Ende meiner Tage Ordnung hinterlassen. Eine Ordnung, für die sie sich nicht schämen müssen. Keine bösen Überraschungen. Klarheit.

Ich hoffe auf Ordnung in meinen Gedanken, wenn ich Ordnung in meinem Leben habe. Ordnung, die es mir leichter macht.