FOMO!

Fimo gab es ja schon, als ich klein war. Und spannend, die hat überlebt. Die gibt es immer noch. Diese Knete, die man im Backofen aushärten kann. Damals dachte ich auch, das könne man essen, es war ja immerhin im Backofen und es sah so schön aus! Essen war schon früh ein Thema 😉

FOMO kenne ich erst seit Kurzem. Den Begriff gab es garantiert nicht, als ich jung war. Fear of missing out.

Habe ich oft! Auch beim Essen! Die Angst, was zu verpassen. Buffets setzen mich da besonders unter Druck, weil ich ja von allem was probieren möchte … ich renke mir dann quasi fast den Magen aus, weil, ich könnte ja was verpassen!

Außerhalb des Essenskontext beobachte ich FOMO bei mir im Bereich Verantwortung. Ich habe Angst, was zu verpassen. Eine Chance, in der ich etwas Positiv bewirken könnte. Auch, dass eine Veranstaltung ein Erfolg wird, und ich war nicht da. Habe die Veranstaltung verpasst. Oder habe verpasst, Gastgeberin zu sein. Habe verpasst, auch meine Strippen zu ziehen. Habe verpasst, über was gesprochen wurde. Ich war nicht dabei!

Fear of missing out ganz besonders in diesem Kontext. Ich will dabei sein. Ich will mitmischen. Ich will wichtig sein. Ich will unentbehrlich sein. Ich will unsterblich sein. Ich will die Firma retten. Ich will den Fußball retten. Ich sollte erstmal mich selbst retten.

Ich habe es schon zigmal aufgeschrieben, aber irgendwie funktioniert es leider nicht, dass ich es auch mal verstehe. Verinnerliche. Vielleicht sollte ich lieber mit Hand schreiben, das hat mehr Rumms im Hirn. Weil, ich tappe weiterhin fröhlich in die FOMO-Falle. Ein neues Projekt, dass so aussieht, als könne ich damit Ruhm ernten? Ich bin dabei! Das Catering für den Fußballverein übernehmen? Ich bin dabei! Elternsprecher werden und die Schule unterstützen? Ich bin dabei! Beim Umzug der Freundin helfen? Ich bin dabei!

Ich bin immer dabei, wenn es darum geht, eine tragende Rolle zu spielen. Dabei kann ich gar nicht mehr schwer heben und bekomme es sofort im Rücken. Ich bin auch im Grunde faul. Warum tue ich das immer wieder? Und oft auch völlig unaufgefordert? Also, ich werde zumindest nicht persönlich aufgefordert. Es ist eher ein allgemeines – wer will diese Aufgabe?

Der Streber in der letzten Reihe schnippt dann eifrig mit den Fingern. Ich! Ich! Ich mache das! Ich bereite die Veranstaltung vor! Ja, ich kann auch zwei Konzerte an einem Tag durchführen, gar kein Problem! Ja, ich finds geil, ich will auch keine Hilfe! Ich bin zwar unbeholfen, aber Hauptsache, ich bin!

FOMO ist ein Arschloch. Dieser Trigger, immer noch eine Schippe draufzulegen. Für die Sichtbarkeit. Seht her, ich will nicht vergessen sein. Ich laufe mir den Rang ab. Und die Hacken.

Es geht mir gar nicht mal darum, besser zu sein als Andere. Tatsächlich ist das nicht mein Antrieb. Ich will nur in jedem Fall in keinem Fall übersehen werden. Am liebsten will ich ich die Welt retten und bloß keine Chance verpassen, in der ich das tun könnte. Damit ich geliebt werde! Eine Heldin sein – um geliebt zu werden. Möglichst schrill – Stuntgirl wollte ich früher werden. Nicht Schauspielerin oder so. Neeee, Stuntgirl. Die sind viel cooler als Schauspielerinnen. Die retten denen den Arsch. Können Auto fahren wie die Sau, sind Megasportlich und haben supergeile Reflexe. Genau mein Ding. Und immerhin kann ich berichten – ich kann wirklich gut Autofahren 😉

Tja. So ist es. FOMO. Sogar beim Fußball, wie ich die Woche feststellen konnte.

Beim Fußball habe ich mich freiwillig für das Amt der Versorgung gemeldet. Genau mein Ding. Ich mache das ja wirklich super gerne und ich mag auch die Mannschaft meines Sohnes sehr. Seit zwei Monaten spielt er jetzt im Verein und mir macht es Freude, da auch mitzumischen. Ich fahre mit auf die Spiele und habe mich also für das Catering-Amt gemeldet. Nicht, weil ich Angst habe, was zu verpassen. Nein, weil mir das liegt. Weil es mir Freude macht. Und auch – weil ich Sichtbarkeit will und anerkannt sein will. Ich will, dass sich hinterher Menschen bei mir bedanken. Dass ich das gut gemacht habe. Ich will eine Rolle haben, eine Verantwortung. Ich will das auch gestalten –

Aber – warum binde ich mir das auch noch ans Bein, wo ich doch schon ohne Fußball einen herausfordernden Alltag habe und es daheim kaum schaffe, mal das Klo zu putzen? Was läuft da falsch? Oder läuft alles richtig? Ist dieses FOMO halt mein Motor? Und andere haben andere Motoren? Ich schade ja zumindest niemand – außer mir selbst.

Ich muss echt aufpassen, dass ich mich nicht ständig selbst ins Rampenlicht zerre, um mir zu zeigen, wie toll ich bin. Die Menschen mögen mich auch, wenn ich nicht ständig HIER schreie. Hier, ich mach das! Hier! Letzte Reihe! Können Sie mich sehen, Frau Lehrerin? Ich! Hier!!! Ich helfe!

Und ich will nix verpassen! Ich will keine Möglichkeit verpassen, Verantwortung zu übernehmen, um mich zu fühlen. Um mich gut zu fühlen. Das Thema nehme ich in jedem Fall mit in eine nächste Therapierunde. So ich einen Therapeuten finde. Weil es schon auch spannend ist – wenn nämlich Andere erfolgreich das machen, was ich auch machen wollte – dann fühle ich mich oft schlecht. Unzulänglich. Das hätte meine Anerkennung sein können.

FOMA

Fear of missing Anerkennung

Vielleicht ist es vor allem das. Ich bin stetig bestrebt, noch mehr zu tun, um Anerkennung zu erhalten. Es kann auch gar nicht genug Anerkennung von außen sein. Das ist wie ein Fass ohne Boden. Oder ein kaputter Akku. Es reicht nie. Die Anerkennung von außen schwindet in absurder Geschwindigkeit, so dass ich schnell weiterrenne, um mir neue Anerkennung zu holen …

Mir selbst Anerkennung von Innen zu geben, das klappt zwar immer besser – aber richtig top bin ich in dem Bereich noch nicht. Wäre schön, ich hätte dafür ein FOMO, um mal richtig Gas zu geben.

Fear of missing out Gesundheit!

Anerkennung. Von mir selbst. Ich muss nicht alles machen. Andere dürfen mit mir zusammen die Welt retten!

Ob es anderen Weltenrettern auch so geht? Haben die einen ähnlichen Antrieb wie ich? Oder sind die Selbstloser? Oder wollen die auch gesehen und anerkannt werden? Hilft denen auch das gute Gefühl, etwas richtig gut gemacht zu haben? Anderen geholfen zu haben? Wünschen die sich auch, unersetzbar zu sein?

Ich finde die Frage sehr spannend. Wo haben andere ihren Antrieb?

Mein FOMO wird mich wohl noch eine Weile begleiten. Von jetzt auf gleich lege ich das sicherlich nicht ab. Aber ich spüre, umso klarer ich mir meines Antriebs werde, umso leichter kann ich auch mal Nein sagen. In der Therorie 😉

In der Praxis rufe ich noch oft Ja. Ja, ich will keine Chance verpassen.

Noch.

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