mitten in der Nacht

Im Sommerregen über den Parkplatz schweben. Mich jung fühlen, um zwei Uhr nachts. Noch tanzend, die Hände zum Himmel. Depeche Mode begleiten mich zum Auto. Daheim noch die Spülmaschine anschalten und das Gesicht waschen. Vielleicht ein wenig Creme auftragen, damit ich mich morgen früh immer noch jung fühle 😉

Heute bin ich mitten in der Nacht nach Hause gekommen. Es ist still daheim – mal von der Spülmaschine abgesehen, in der irgendwie ein Teller oder Becher schlecht eingeräumt ist. Es klappert.

Davon abgesehen klappern nur meine Finger auf der Tastatur. Mitten in der Nacht. Mir ist noch nach aufschreiben.

Ich hatte so einen schönen Abend! Und einen weiteren leichten Tag. Ich habe ganz leicht mit K5 weiter aufgeräumt in seinem Zimmer, eingekauft, die Wohnung aufgeräumt und entspannt Abendessen gekocht. Mich danach geduscht und fertig gemacht für die 50-Jahrs-Feier meiner Freundin. 50. Bin ich letztes Jahr auch geworden. Ist ein prima Alter! Schon ziemlich reif, dabei noch ziemlich beweglich. Tanzen, als ob uns niemand sieht. Tanzen, als ob wir für immer sind.

Ich habe heute Abend eine alte Schulfreundin getroffen, an die ich mich kaum erinnern kann. Sie erinnert sich dafür ganz gut an mich. Mich erstaunt das manchmal, es ist mir letztens auch passiert. Menschen erinnern sich an mich als Teenager, als wir gemeinsam zur Schule gegangen sind. Warum nur kann ich mich kaum bis selten erinnern? War ich eigentlich anwesend?

Sie hatte ein schönes Feedback für mich. Wir hatten es vom Verrückt sein und sie meinte, ja, wild warst du schon. Aber auch total patent. Ich habe dich als total patent in Erinnerung. Du hattest das im Griff und kamst zurecht.

Und so ist es wohl bis heute. Bissi wild, bissi bekloppt, aber total im Griff. Jedenfalls dann, wenn es mir gut geht. Selten mit Plan, dafür immer mit Zuversicht. Es wird schon sein. Und so war es auch. Es war halt. Wenn ich so zurückdenke, wie es war, muss ich schmunzeln. Diese Freundin sagte, sie ist froh, heute älter zu sein, weil sie endlich sie selbst sein kann. Ohne all diese Fragen im Hinterkopf, ohne dieses angepasst sein in der Teenagerzeit.

Darüber musste ich ein wenig nachdenken. Ob ich als Teenager angepasst war. Oder ob ich einfach – war. Ich glaube, bei mir war das anders. Als Teenager war ich einfach ich. Ich war wild und ohne diese vielen Selbstzweifel. Ich war sehr präsent, in meinem Leben. Offenbar war ich auch präsent für andere Leben, so gut, wie sich andere an mich erinnern können. Das ist faszinierend.

Ein angepasstes und eingeschränktes Leben hatte ich in meinen 30igern. Als ich gefallen wollte. Der Gesellschaft. Ich wollte toll sein – beruflich erfolgreich, vier Kinder, verheiratet. Eine schöne Fassade mit tollen Urlauben und einem VW-Bus. Meine Welt. Eine Welt, in der ich oft den Atem angehalten habe. Ich hatte damals meine Leichtigkeit verloren. Komplett.

Heute ist sie wieder da – jedenfalls gerade – ab und an geht sie mir ja auch noch heute verloren. Bevorzugt dann, wenn meine noch ältere Vergangenheit – die Kindheit – an die Tür klopft und verletzt und traurig vor sich hin weint. Sie hat ja recht. Sie war ja nicht einfach. Dennoch darf sie mich nicht komplett überrollen. Ich bin ja auch als Teenager gut klar gekommen. Da habe ich mich wenig bis gar nicht in Frage gestellt. Schon gar nicht, wenn Musik lief. Ich habe Tanzen immer gefühlt. Da war ich echt.

Ich hatte sicherlich einiges an Unsicherheiten, auch damals. Ich erinnere aber nur wenig davon. Die Vorstellung, etwas nicht zu können, hatte ich äußerst selten. Ich war eher so – naja, dann mache ich das jetzt halt. Es wird schon gut gehen.

Es wird schon gut gehen. Mitten in der Nacht, auf dem Parkplatz, im Regen laufend. Die Hände zum Himmel. Patent.

Es war schön heute. Ein wunderbarer 50. Geburtstag. Wie schön, dass ich eingeladen war! Tanzend erinnere ich, dass ich öfter tanzen gehen wollte. Um mich öfter mitten in der Nacht wiederzufinden. So, wie ich bin. Ganz ich. Wie damals, als junge, tanzende Larissa.

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