neue Verbindlichkeiten

Ich habe gut geschlafen, die erste Nacht am neuen Ort. Auch das Frühstück war ganz wunderbar entspannt. Einen schönen neuen Ort habe ich mir da ausgesucht, um ein paar Tage frei zu haben. Frei von meinen normalen Alltagsdingen und frei vom Job. Ich fühle mich wohl – auch heute morgen – und habe ein paar Gedanken im Kopf. Wie so oft.

Auf der Arbeit, aber auch im Privaten fehlt es mir oft an Verbindlichkeit. Ich lege ein Ziel fest, schreibe es auf und fühle mich diesem Ziel null verpflichtet. Das führt dazu, dass ich langweilige Zielprojekte liegen lasse und erst ganz zum Schluss mit dem linken Fuß über die Ziellinie schiebe. Weil, ich hatte ja zugesagt, das zu tun.

Zeitliche Verpflichtungen gehe ich besonders ungern ein. Also, bis zum 12. Juli ist das fertig. Ja. Nein. Warum? Ist es wichtig, geht die Welt unter, brauchen wir das wirklich? Dabei stresse ich Aufgaben auch immer auf ihre wirkliche Sinnhaftigkeit. Mitunter stehen da Zahlen, die uns eine unwirkliche Sicherheit vorgaukeln. Wenn ich bis Y bis X erreicht habe, dann – keine Ahnung, was ist dann? Eis für Alle?

KPI finde ich mega unsexy. Ich kann sagen, dass ich hasse, auf KPI-Basis zu arbeiten. Und hassen ist, dessen bin ich mir bewusst, ein sehr starkes Wort.
Mich engen KPI ein. Ich fühle mich entweder wertlos, wenn ich sie nicht erreiche. Oder ich übertreibe mich, wenn ich sie übertreffe. Meist aber erreiche ich KPI nicht, weil ich mich dem Ziel nicht verbunden fühle. Damit geht eine Demotivierung und eine noch schlechtere Leistung einher.

In der Akquise in meinem letzten Job hatte ich anfangs die Vorgabe, 60x am Tag zu telefonieren. Egal, was dabei rauskam, aber 60 Telefonversuche mussten es sein. Es galten auch die, wo niemand abnimmt, weil, auch das ist ein Versuch. Wenn ich es auf 80 geschafft hatte, war ich im Provisionsspielraum. Total super! Nur 80 Telefonate und die Option, mehr Geld zu verdienen. Und dazu musste ich nicht einen Lead generieren! Nicht eine Demo vereinbaren! Ich musste nur so tun als ob. Ich konnte auch einfach nur gequirlte Scheiße am Telefon verzapfen, war auch egal.

Konnte ich so arbeiten?

Nach einem Monat habe ich darauf gedrungen, mein Ziel, wenn ich schon eins haben muss, zu verändern. Weg von Quantität, hin zu Qualität. Ich hatte in dem einen Monat am Telefon schon ein Gefühl dafür entwickelt, wie realistisch ich Leads generieren kann. Das habe ich als Grundlage für meine Arbeit vorgeschlagen. Nicht mehr 60 Anrufe Minimum. Sondern 10 Leads Minimum. Nicht mehr Provision bei 80, sondern Provision bei 12.

War immer noch nicht das Gelbe vom Ei, aber deutlich besser als das, was ich vorher hatte. Dieses gnadenlose Hau raus. Ohne Sinn und Verstand. Jetzt war es ein – ich Hau raus, mit einem Ziel. Ich brauche diese Leads, wenn ich die Provision will. Gib ihm.

Das hat eine Zeitlang gut funktioniert und mich tatsächlich auch ein Stück weit motiviert. Über kurz oder lang war aber klar – telefonische Kaltakquise ist nicht das Richtige für mich. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mir gings um die Ziele. Und die Verbindlichkeit, die mir oft fehlt, um ein Ziel zu erreichen. Wenn mir Ziele serviert werden, ist es besonders schlimm. Die Festlegung auf einen Termin oder die Anzahl X Telefonate ist für mich ähnlich verbindlich wie – Zähneputzen. Schönes Beispiel. In schweren Tagen kann ich mir ja nicht mal selbst verbindlich die Zähne putzen …

Ziele, die ich mir selbst setze, wie, Zähne putzen, oder, Aufräumen, oder – jeden Tag schreiben, Klavierspielen, Tanzen in der Küche – sogar die SCHÖNEN Ziele – kann ich nur bedingt erfüllen. Ja, an den meisten Tagen funktioniert es. Zähneputzen ist ja auch was grundlegendes. Aber an einigen Tagen fühle ich einfach keine Verbindlichkeit. Ich fühle dann auch kein Ziel. Ich fühle dann nur Schwere und reagiere gereizt auf Außeneinflüsse. Ob ich das dann aufschreibe? Selten. Ich schreibe dann auch wenig.

Ich fühle mich hier, an diesem Ort in Südholland, gerade sehr verbunden mit mir selbst. Ich spüre, dass ich mehr Verbindlichkeit aufbauen möchte, mir selbst gegenüber. Im Job kann ich das schon ganz gut. Da ist es gefühlt wichtiger, weil ich am Ende des Monats das Gehalt brauche. Wenn ich wenig Kraft habe, gebe ich sie meist in den Job. Der ernährt uns. Dann in die Kinder. Zum Schluss erst in mich.

Tja. Also, ich zäume das Pferd jetzt mal von hinten auf. Kann ja nicht sein, dass ich mich ans Ende der Kette binde. Ja, im Job verdiene ich Geld. Stimmt. Aber ich muss doch gesund sein, um mich um meine beiden Jobs zu kümmern. UND – der Job, in dem ich kein Geld verdiene, hat Vorrang! Die Kinder sind wichtiger! Der Job ist – die kleinste Komponente in diesem Leben, und doch mache ich ihn ständig größer …

Mehr Verbindlichkeit zu meinen Zielen, das ist der Wunsch. Diesen Gedanken nehme ich jetzt gleich mit zu meinem Ausflug an den Strand. Mehr Verbindlichkeit zu meinen Zielen. Und – echte Ziele. Nicht einfach irgendwas aufschreiben, weil sich das so gehört – ein Ziel zu haben. Alle haben immer ein Ziel. Ich laufe ja gern ziellos durch Straßen und schaue mir das Leben an. Tatsächlich habe ich mich dabei aber schon das ein oder andere Mal verlaufen und mich außerdem ein wenig getrieben gefühlt. Einsam. Noch einsamer. Mit einem Zielvollen Laufen wird es eventuell besser. Ich kann das zumindest ausprobieren.

Für heute habe ich ein kleines Ziel gewählt, dem ich mich jetzt verbunden fühle. Ich fahre nach Zandvoort zur Street Art Ausstellung. Sowohl ins Museum als auch auf Erkundungstour im öffentlichen Raum. Dazwischen liegt der Strand, an dem ich mich hinsetzen und entspannen möchte. Mein Tagesziel von 10000 Schritten schaffe ich dabei bestimmt ganz entspannt.

An weiteren Zielen, die ich auch WIRKLICH umsetzen will und kann, arbeite ich in den kommenden Tagen weiter. Ein Überziel habe ich und fühle ich. Fühlen muss ich es auch noch können, das Ziel 😉

Mein Überziel lautet – ich will mir selbst verbunden sein. Verbindlichkeit zu mir selbst, aus mir selbst heraus.

Ja, dazu gehört auch, dass ich die Sonnenmilch einpacke und mich eincreme. Mir selbst verbunden ist in meiner Welt, dass ich mich gut um mich kümmere und auf meine Bedürfnisse achte …

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