alleine ziehend

Es gab eine Zeit, in der ich alleinerziehend überheblich war – eine Zeit, über die ich heute leise belustigt den Kopf schüttele. Ich war jung, 26, in Vollzeit berufstätig, mit zwei kleinen Kindern, 3 und 1 Jahr alt. Mich konnte nichts erschüttern, ich war höher, weiter, toller und fand mich ziemlich geil. All die Anderen, gerade mal in Teilzeit berufstätig und mit Partner, die ihr Leben bejammerten! Ich war so viel wunderbarer als sie …

Vor allem so wunderbar belastbar da sehr jung. Und vergleichend. Ich fühlte mich sexy, erfolgreich, unbesiegbar – eine working mum – Kinder, Job, alles lief wie am Schnürchen. Bis ich das erste Mal krank wurde. Eine Autoimmunerkrankung, linke Brust. Eine granulamatöse Mastitis. Eine Brustentzündung, wie bei einem Milchstau, beim Stillen. Nur, gänzlich ohne Stillen.

Mit 30 kam die erste Welle der Müdigkeit und die Erkenntnis, dass alleinerziehend durchaus anstrengend ist – von cool weit entfernt. Eventuell war der Coolness-Faktor ein Gedankenspiel, um mich nicht verzweifeln zu lassen. Ich kann das heute – wieder alleinerziehend, aber nicht immer noch alleinerziehend – nur schwer nachfühlen.

Mit 30 kam die zweite Partnerschaft, die wieder in Ehe und zwei Kindern mündete. Weiterhin Vollzeit berufstätig, kam schon bald die Erkenntnis, in der falschen Rolle gelandet zu sein. Ein Aus- und Durchhalten begann, um mir und den Kindern eine zum Teil erneute Trennung zu ersparen.

Sparen ist ein gutes Stichwort. Ich kann nicht so gut sparen. Ich gebe immer alles aus. Geld, Gefühle, Kraft, raus damit 😉

Eine zweite Trennung, mit 40 – und heute wieder und noch weiter gewachsen im allein. Erziehend. Begleitend. Stolz darauf, es wieder und immer noch zu schaffen. Wissend, dass meine Kraft endlich ist. Und lange nicht mehr überheblich in einem – schaut her, ich habs im Griff, wo ist denn euer Problem?

Dieses “alles im Griff, ich bin die Tollste” der späten Zwanziger … manchmal vermisse ich das Gefühl dahinter. Ich war meiner selbst so sicher. An sehr vielen Tagen habe ich niemals darüber nachgedacht, das nicht zu sein. Ich war ich und das war gut so – egal in welcher Konstellation. Diese Leichtigkeit habe ich abgelegt – diese Leichtigkeit wünsche ich mir heute oft zurück.
Mit abgelegt habe ich die Überheblichkeit anderen Frauen, Männern, Eltern gegenüber. Das wünsche ich mir in keinem Fall zurück.

Ich bin nicht besser als du. Oder du. Oder du. Meine Kinder können nicht schneller laufen, höher klettern oder schöner singen. Unsere Situation im allein erziehend ist weder großartig noch verachtenswert. Es ist eine Tatsache, eine Situation.

Ich bin heute sehr freiwillig alleine mit den Kindern – das Verharren in einer toxischen Beziehung ist weitaus anstrengender, als den Job alleine mit den Kids zu machen, soviel kann ich aus Erfahrung sagen. Dennoch ist es vor allem für die Kinder nicht das glücklichste Modell.

Ich teile gerne den ein oder anderen Tipp mit anderen Frauen und Männern, die auch nie krank sein dürfen, die morgens als erste aufstehen, abends als letzte ins Bett gehen und froh sind, wenn sie am Wochenende mal ausgehen können …