beginning is winning,

In jüngeren Jahren war ich eine Beginnerin! Ein ideenübersprudelnde Starterin. Ich musste gar nicht darüber nachdenken. Was will ich? Was will ich nicht? Wohin will ich? Ich war einfach.
Gedacht habe ich dennoch, meist allerdings nicht sonderlich weit. Eine meiner Begabungen ist auch, im Jetzt zu sein. Vergangenheit, egal. Zukunft, egal. Ausprobieren und weitergehen. Leben, im Jetzt.

Das war ich, für eine sehr lange Zeit. Bis ich krank wurde. Bis dahin war ich vollkommen im Jetzt. Das bedeutet auch, meine Altersvorsorge ist ein Witz und Rücklagen finden sich keine. Manchmal, wenn ich so zurückblicke, weiß ich nicht, war ich sehr naiv? Oder sehr weise? Gehört eventuell beides zusammen? Dieses naive, vertrauende Sein, in dem die Welt ein guter Ort ist. Ein Ort, den ich in Liebe gestalten kann. Egal, was war, egal, was komme.

Ist Naivität weise? Okay, das ist eine Frage für einen anderen Blog-Artikel.

Gerade passiert wieder dieses Schreiben, bei dem ich mit A anfange und binnen von zwei Sätzen bei N lande. N wie naiv, in diesem Fall. Das wusste ich eben noch nicht, dass ich das schreiben werde. Eben dachte ich noch, es wird ein Posting über das Beginnen. Also – gehe ich jetzt dahin zurück oder spreche ich über Naivität?

Dan Brown würde sagen, folge den Gedanken. Sie bringen dich dahin, wo du sein willst. Also – ich, naiv, beginnend. Immer und immer wieder. Um immer und immer wieder aufzuhören …

Just start!

Ich will jetzt gar nicht über meinen Mangel an Ausdauer sprechen. Viel mehr darüber, dass ich mit Anfang 40 verlernt hatte, wie ich beginnen kann. Die Depression hat mir das Beginnen genommen, und das hat meinen Zustand noch weiter verschlechtert. Für mich ist dieses „ständig etwas Neues ausprobieren“ ein Normalzustand. Mein Hirn braucht das, sonst muss es leider ständig huppend im Kreisverkehr weiterfahren und es werden immer mehr Autos, Lastwagen, Busse, Fahrräder, Mopeds. Immer mehr, bis niemand mehr fahren kann. Und alle hupen. Es ist unfassbar laut, dreckig, stinkend, und füllt sich zunehmends mit Aggressionen. Alle sollen weg! Alle! Sofort!

Ein Zustand, nahe am Wahnsinn. Geholfen hat damals nur die Medikamentation. Die hat zumindest ein wenig Ruhe in den Kreisverkehr gebracht, und anfangs fühlte sich das auch beruhigend an. Ich war auf einmal und zum ersten mal in meinem Leben auf einer normalen Datenautobahn unterwegs. Vierspurig, Achtspurig, mit Ampeln. Alles geregelt. Keine Emotionen. Keine Ideen. Keine Abfahren. Immer nur geradeaus. Wie ferngesteuert.
Dennoch, in dem Moment hat es mir wohl das Leben gerettet. Hätte ich den hupenden, aggressiven Kreisverkehr vernichtet, hätte ich auch mich selbst in Luft aufgelöst. Oder zu Asche werden lassen.

Nichts gegen Medikamente oder Datenautobahnen. Es gibt Menschen, die sind immer Datenautobahn und mein Kreisverkehr ist für sie das Höchstmaß an Strafe im Hirn. Ich weiß. Und ich weiß nicht. Keine Ahnung, wie euer Leben so läuft. Es ist okay, dass ich das nicht weiß. Mir reicht, zu akzeptieren, dass es anders ist, bei anderen. Ich muss mich gottlob nicht mehr vergleichen. Ich kann weiterhin mit einem Vehikel unterwegs sein, mit offenem Verdeck, ein paar Hühnern und Kindern hinten drauf und laut singend. Geht.

Jedenfalls, starten. Ging lange nicht.

Anlasser am Arsch

Offiziell bereits gesund und ohne Medikamente (seit Mitte 2019 ohne Medikamente und froh drum), habe ich einige weitere Jahre damit zugebracht, den Kreisverkehr wieder in Gang zu bringen. Ich habe den Verkehr langsam ausgedünnt. Die Ausfahrten, die blockiert waren, langsam eine nach der anderen geöffnet. Aufgeräumt, quasi. Den Weg wieder frei gemacht. Alles war langsam unterwegs, sogar die Rennwagen. Die Gedanken waren noch schwer und voller Zweifel. Kaum Zuversicht. Schon ein normaler Tag mit einem normalen Arbeitspensum hat mich verunsichert. Wie kann ich anfangen? Wie kann ich durchhalten? Wie kann ich nochmal so zuversichtlich naiv werden wie früher? Will ich das überhaupt? Ist es nicht sehr negativ, so naiv zu sein? Will ich mich weiterentwickeln und nicht nur ständig starten, sondern auch mal ans Ziel kommen? Was könnte denn überhaupt ein Ziel sein?

Ich kenne mein Ziel nicht

Ich war nie zielgerichtet unterwegs. Ein größeres Ziel hatte ich nie – und ich habe es auch immer noch nicht. Auf Linkedin lese ich täglich mehrfach, wie wichtig es ist, zu wissen. Was mein Ziel ist, was ich will. Sonst könne ich das ja gar nicht erreichen. Das verstehe ich. Es blockiert mich allerdings direkt wieder, weil, ich bin wohl nicht richtig, wenn ich das nicht weiß? Ohne Ziel und ohne Will, wie soll ich da Sein? Wie soll ich jemals erfolgreich werden? Und was bedeutet das überhaupt? Erfolgreich sein? Bedeutet es, mir einen tollen Urlaub mit den Kindern leisten zu können? Oder ist Erfolg eher etwas, dass ich nicht materiell erfassen kann?

Ist Erfolg vielleicht, dass ich meinen Kreisverkehr in Schwung halte, mit der passenden Anzahl Fahrzeuge, die zuströmen und abfahren, mit ausreichender Verzweigung und vielen Möglichkeiten? Optionen, die sich auf der Fahrt ergeben? Beim Tun?

Kann ich daraus mein Ziel ableiten? Ich denke – Ja –

Beginnen! Losgehen!

Ich konnte so lange nicht beginnen! Ich möchte damit beginnen, dass ich beginne. Eines nach dem Anderen. Ich sagte noch vor 1-2 Jahren, dass ich nicht anfangen kann. Dass ich nicht anfangen kann, Sport zu treiben, zum Beispiel. Das habe ich wieder gelernt. Es war ziemlich anstrengend, weil ich immer wieder anfangen musste. Und jetzt – geht es.

Danach habe ich gesagt, dass ich nicht so gut üben kann. Dass mir üben schwer fällt. Mich verbessern, stetig dran bleiben. Und siehe da – es wird. Ich übe das üben und bekomme immer mehr Übung!

Danach wird die Ausdauer kommen – – –

Aber am Anfang für mich steht das Beginnen. Eine Idee haben, ausprobieren, losstarten.

Heute habe ich mit den 15 Minuten Raumrettung begonnen. Ich habe Staub gejagt, an den Vorhängen und unter meinem Bett. Ich kann Erfolg vermelden. Ich habe begonnen. Die Waschmaschine läuft. Der Staubsauger auch. Jetzt darf ich üben, dranzubleiben. Auch das gehört weiterhin zu meinem Gesundwerden. Gesund naiv, so wie früher. Mit ein wenig Weisheit. Die Weisheit, zu erkennen, welche Dinge ich zu Ende bringen will – um sie dann zu Ende zu bringen.

Hallo, Raumrettung, ich komme! Beginning is winning!

2 Antworten zu „beginning is winning,“

  1. Rebeca

    Wunderschön! Mach weiter! Danke für deine Ehrlichkeit und für deine Reflexionen! 🙏🏼❤️

    1. Larissa

      Liebe Rebeca,

      herzlichen Dank für dein Feedback! Da macht es doppelt Spaß, weiterzumachen! Nicht nur mit dem Aufräumkommando!

      Liebe Grüße, Larissa

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert