fängt mit “s” an

Spontanität. Verses Sicherheit. Last minute irgendwohin in den Urlaub, irgend ein Angebot wird es schon noch geben? Oder lieber zwei Jahre im voraus fest buchen, um keine Überraschungen zu erleben? Wobei die Überraschungen dann ja dennoch kommen, so viel ist sicher. Überraschungen finden mit Sicherheit statt und sind dennoch immer spontan.

Irgendwie ganz cool, wie gut die Überraschung das kann!

Das Wort “Stimmung” fängt auch mit “s” an. Meine ist irgendwie nicht so gut, heute. Und so richtig wissen, woran das liegt, tue ich gar nicht. Dabei hat alles sehr gut angefangen – mit meinem Wecker, gegen 8 Uhr, mit einem Frühstück mit K3, gegen 9 Uhr, mit einem Einkauf, gegen 10 Uhr und mit dem Abholen von K5 von seinem Übernachtungsbesuch, gegen 11 Uhr. Danach waren wir gegen 12 Uhr noch in einem Geschäft, eine Hose umtauschen. Um 13 Uhr war dann Duschen angesagt und hinterher Kochen. Um 14 Uhr haben wir gegessen und um 15 Uhr waren wir bereits in Frankfurt bei der Partytante. Da gab es um 16 Uhr Kaffee und Kekse und um 17 Uhr wollten wir in den Palmengarten, zu den Winterlichtern. Und da gab es keine Tickets mehr. Ausverkauft.

Etwas Ungeduld spürte ich so gegen 12 Uhr. Die Hose wollte noch umgetauscht werden und K5 hatte wenig Lust, mitzukommen. Er war müde. Übernachtungsbesuche bescheren uns immer erstmal die Freude, dass das eigene Kind außer Haus schläft (es sei denn, die Freude ist bei den anderen Eltern, deren Kind man selbst daheim hat). Es kommt allerdings meist als übermüdeter Zombie wieder zurück. So viel kann man gar nicht im voraus schlafen, wie das nervt! Mein Sohn neigt dann zur Motzigkeit. Nichts geht, und davon auch nicht viel. Und ich war nicht wirklich darauf vorbereitet. Irgendwie dachte ich – wird schon.

Da es sich um 12 Uhr um eine Fahrt von 5 Minuten und um seine neue Hose handelte, war klar – er kommt mit ins Geschäft. Auch mit Müdigkeit und ohne Lust. Es ist eh so, dass meine Kinder (mein Fehler!) meist daheim bleiben, wenn ich einkaufen gehe. Nahrungsbeschaffung und Altglasentsorgung geht in den meisten Fällen auf meine Kappe. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich dann nicht so viele Extrawünsche im Einkaufswagen finde und dass es meist schneller geht. Ich bin mir da nicht so sicher. Die Schnelligkeit sollte nicht den Ausschlag geben. Mitzubekommen, was wie lange dauert und welchen Stellenwert im Alltäglichen hat, ist wichtig für die Kinder. Die müssen schon auch mal Einkaufen gehen, oder die Wäsche aufhängen, die Spülmaschine ausräumen oder das Klo putzen. Wie sollen sie sonst zu normalen Erwachsenen heranwachsen? Also – egal. Er ist mitgefahren.

Es war dann auch witzig und wir waren länger im Laden als geplant. Weil es eine nette kleine Spielecke gab und mein Sohn auf einmal einem Kleinkind glich, dass mit Begeisterung eine Murmelbahn bespielte … Auf dem Weg nach Hause habe ich dann durchgerechnet, wie mein Zeitmanagement aussieht und was ich wann tun muss, damit es sich noch zeitlich ausgeht mit der Verabredung am Nachmittag. Dabei ist mir eingefallen, dass Duschen total mega wäre und dass ich auch noch Tickets für die Veranstaltung kaufen wollte.

Das wollte ich schon vor drei Tagen tun. Für die Sicherheit. Sogar ich, die ich oft sehr spontan agiere, wünsche mir oft mehr Sicherheit im Leben. Im Grunde wünsche ich mir schon immer Sicherheit, konnte mir aber selten selbst ausreichend davon geben. Also habe ich die Spontanität gefeiert, weil, mit Sicherheit gibt es schlimmeres, als spontan zu sein. Meine Freundin, die mit uns in den Palmengarten wollte, war aber nicht so ganz überzeugt. Es könne ja auch regnen, und dann stehen wir da, mit Karten für eine Außenveranstaltung, und zurückgeben könne man die ja nicht mehr. Wir können ja sicherlich auch spontan Karten kaufen. Das ging ja früher auch immer. Früher – das ist in unserem Fall vor Corona. Das letzte mal waren wir 2020 dort …

Okay, das hatte ich verstanden und akzeptiert und für mich entschieden, dass ich dann halt am Vormittag / Mittag noch online Karten kaufe. Weil, sollte ausreichen und dann ist auch halbwegs absehbar, wie das Wetter sein wird. Gesagt, versucht, gescheitert. Weil es keine Onlinetickets mehr gab. Und das – gab mir zwar zu denken, aber wohl nur unterbewusst.

Ab dem Zeitpunkt (gegen 13 Uhr), an dem ich feststellte, dass es Online keine Karten mehr gibt, wurde ich gereizt und hektisch. Unter Druck, irgendwie. Die Jungs, in Teilen noch im Schlafanzug, tiefenentspannt. Ich, in der Küche, am rödeln und im Meckermodus. Erstmal herumblöken, dass Alle, die mitfahren wollen, sich jetzt auch mal helfend einfinden können …
So wirklich erklären, warum ich so gereizt war, kann ich gar nicht. Manchmal kommen alte Muster hoch, bei denen ich mich vor mir selbst erschrecke. Das heute Mittag war eine dieser Situationen, in denen ich alte Muster bediene. Ich merke es inzwischen und kann mich relativ gut selbst stoppen. Lieber wäre es mir aber, wenn ich bemerke, bevor ich seltsame Reaktionsmuster zeige. Ich reagiere zum Beispiel mit Schuldzuweisungen, an die Kinder, weil Dinge nicht so schnell gingen, wie sie gehen sollten. Oder weil jemand in der Dusche getrödelt oder gar seinen eigenen Fisch zu spät zubereitet hat … So Dinge. Sehr merkwürdig, wenn ich mir anschaue, wie tiefenentspannt ich die letzten Tage war. Warum also?

Weil K5 so müde war? Weil ich keine Tickets mehr buchen konnte? Weil mir die Sicherheit fehlte? Oder weil ich eine Verabredung hatte und mein Zeitbudget etwas schmal geworden war? Was triggert mich ausreichend, damit ich innerlich unruhig werde? Und dann in eine äußere Hektik gerate, in der ich beginne, mich selbst schlecht zu machen (Scheiß Planung) oder die Kinder anzukeifen (zu langsam)? Ich meine – was ist da wirklich los? Welches “s” nervt mich? Ist es die Spontanität oder doch eher die Sicherheit?

Ich tippe darauf, dass mich das müde Kind etwas überfordert hat, weil ich selbst etwas müde war und weil mir gegen 12 Uhr klar wurde, dass die Planung (noch ein Familienausflug am Nachmittag) ziemlich optimistisch war. Dazu dann die verpasste Chance, ganz sicher Tickets zu buchen. Und als wir dann vor der Kasse standen und klar war, dass wir keine Tickets mehr bekommen – da war ich schon auch enttäuscht. Allerdings nicht so schlimm wie sonst. Die Vorfreude auf den Spaziergang mit den Kindern und meiner Freundin in einem lichterdurchfluteten Park, die war schon groß. Die Enttäuschung, dass dann zumindest heute nicht zu tun, war relativ gering, weil – ich es eventuell schon ahnte? Und mich schon seit 13 Uhr unbewusst damit auseinandergesetzt hatte? Eventuell? Genaueres wissen tue ich nicht.

Ich weiß nur, wir waren dann im Park nebenan ohne Lichter noch eine Runde spazieren (wenn man schon da ist) und K5 ist im Dunkeln schaukeln gegangen (auch ein besonderes Erlebnis) und wir haben uns nett unterhalten (was auch auch ohne Licht eine Freude ist). Und meine Freundin hatte ausnahmsweise das schlechtere Gewissen als ich. Normalerweise habe ich immer wegen irgendwas ein schlechtes Gewissen. Hier aber nicht. Und ich hatte auch keinen doofen Vorwurf an sie. Es war halt dumm gelaufen und völlig klar – beim nächsten Versuch machen wir es mit fest gebuchten Karten. Es ist zwar nicht so spontan, dafür aber sicher. Es sei denn, es regnet. Aber dann – regnet es halt. Wie das Wetter wird, das weiß man ja zwei Jahre vor dem Urlaub auch nicht. Und bucht ihn dennoch.

Absolute Sicherheit bekommen wir nie. Im Zweifel stellen wir uns auf die Situation ein, die wir einkaufen. Also, Tickets und es regnet. Oder, es regnet nicht, wir haben aber auch keine Tickets 😉
Die Situation konnte ich spontan gut meistern, ohne doof, weinerlich, zickig oder megaenttäuscht zu sein. Das ist spannend. Weil es eigentlich die schwierigere Situation war. Meine Hektik gegen 13 Uhr aber war – offenbar schlimmer für mich. Ich bin mir oft selbst ein Rätsel.

Jedenfalls, meine Stimmung war dann wieder besser, ich konnte auch mit mehr Ruhe auf mein sehr müdes Kind eingehen. Auch der Abend war noch okay. Ich selbst bin jetzt auch müde, werde gleich noch die Wäsche aufhängen und den Nudelsalat für morgen fertig stellen, und dann schlafen gehen. Vorschlafen. Für die große Sause, am Silvesterabend. Wir wollen Grillen. Und ein paar Winterlichter anschauen. Allerdings ohne Tickets. Dieses Silvesterspektakel gibt es ja immer umsonst. Nur die anderen bezahlen dafür. Die Nachbarn, für die Böller, und die Umwelt, für den Dreck.

Die Frage, warum ich so empfindlich geworden bin, gegen Mittag. Die beschäftigt mich noch eine Weile. Weil ich selten so klar benennen kann, wann meine Stimmung umschlägt. Das ist quasi noch neu und ich bin stolz darauf, zumindest eine Ahnung zu erhaschen. Noch kann ich aber nicht genau sagen, was meine Stimmung umschlagen lässt. Das ist eventuell der nächste Schritt in der Wahrnehmung. Wann kippe ich? Was kann ich tun, damit es dazu nicht kommt? Weil mir der Stress, den ich mir und den Kindern dann mache, nicht gut tut. Er verursacht meist auch übermässiges Essen von süßen Dingen. Es ist also absolut gar kein Wunschkonzert.

Ich werde darauf achten. Immer mal wieder. So wie heute. Nachdenken, reflektieren, was hat mich veranlasst? Hatte ich zu wenig Schlaf? Zu wenig Bewegung? Kein Gemüse gegessen? Den Müdigkeitsgrad meines Sohnes nicht mit eingerechnet? Es gibt ganz viele Dinge, die darauf einzahlen können, dass meine Stimmung sich dreht. Und wenn es umgekehrt Dinge gibt, die darauf einzahlen, dass meine Stimmung in einem schönen Zustand verbleibt, dann – wäre es schon schlau, genau diese Dinge auch zu tun. Und wenn es bedeutet, im Vorfeld Tickets für einen Ausflug zu kaufen, um dann nicht im sprichwörtlichen Sinne im Regen zu stehen …

Ich beobachte weiter. Im Zweifel auch erst im kommenden Jahr. Damit habe ich keinen Stress – das ist im Fluss. Ich schreibe mir meine Gedanken von der Seele. Dieses Jahr und auch nächstes Jahr – um immer weiter dazu zu lernen. Auch das ist im Fluss. Alle Jahre weiterhin. Lernen.

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