ich, mit Gefühl!

Gestartet bin ich im März 2022. Mit diesem Blog hier. Es ging um Geschichten, die ich erzählen wollte (bis heute habe ich kaum eine dieser Geschichten erzählt, ich bin wohl noch nicht so weit, haha). Ich kann ganz gut Geschichten erzählen. Die vom Huhn, dass ich in Athen auf dem Markt geschenkt bekommen habe. Die von meinem zahmen Hamster, der gern Apfelwein getrunken hat. Die vom Zirkus, mit dem ich ein Jahr lang unterwegs war. Die von dem Welpen, den ich nicht behalten habe, weil ich mich als völlig ungeeignet für die Erziehung eines Welpen herausgestellt habe – um dann einen Monat später mit dem ersten Kind schwanger zu sein.

Die Geschichten von den Geburten meiner Kinder. Kinder kann ich ganz gut. Besser als Welpen jedenfalls.

Ich kann Geschichten ganz lustig erzählen, ganz dramatisch, ganz unterhaltsam. Und ganz lang.

Meist erzähle ich allerdings überhaupt keine eine Geschichte. Ich erzähle nur von meinen Gefühlen, meinen Erwartungen, meinen Sorgen, meinem Alltag. Ist das schon eine Geschichte? Oder ist das eine Autobiografie? Oder ist das das normale Leben, dass wir alle führen, nur ich denke, ich müsse meines Aufschreiben?

Ich, mit Gefühl.

Ganz viele Gefühle, meist für mich selbst. Neben dem Geschichten erzählen, diesem Grundgedanken für den Blog, habe ich direkt gestartet mit einem Beitrag über mein Warum. Was das hier soll. Welches Gefühl ich herbeischreiben will. Ein liebevolles, annehmendes mich selbst lieben. Ich nehme an – dass das auch eine Art Geschichte ist. Mein erster Beitrag in diesem Blog, hier ist er: Die Frage ist – wie fühlt sich das an, geliebt zu sein?

Die Antwort kenne ich in wenigen Momenten. Wenn es wie jetzt regnet, ich in meinem Sessel sitze, Klaviermusik höre und mich wohl fühle. Ganz fühle. Bei mir bin. Ist es das schon? Es ist jedenfalls näher dran als noch vor zwei Jahren…

Meine Geschichte. Die vom hässlichen Entlein, dass in der falschen Familie groß geworden ist. Ja, genau! Das Buch hat mich damals zum Weinen gebracht und rührt mich heute noch. Wie unfassbar traurig und verzweifelt dieses Schwanenkind ist, dass versehentlich bei Enten aufwächst und halt einfach NULL passt. Es kann nicht raus aus seinem Gefieder.

So ähnlich geht es mir manchmal. Ich kann auch noch nicht raus aus meinem Gefieder. Ich brauch noch ein wenig mit Gefühl, bevor ich das Thema “Geschichten erzählen” oder “Buch schreiben” ernsthaft starten kann. Weil, da bin ich noch nicht. Ich stecke immer noch im Kennenlernprozess meiner Selbst. Wer bin ich? Wie viele davon? Warum bin ich so unfassbar selbstkritisch? Warum mache ich mich klein, verurteile mich, habe so hohe Ansprüche? Ansprüche, die so absurd sind, dass sie in keinem Fall je zu erfüllen wären. Und natürlich passt das gut – weil ich mich dann so schön versagend fühlen kann.

Hab ich doch vorher schon gesagt! Ich kann ja nichts!

Und meine Eltern, die haben mir das auch immer gesagt!

Passt doch alles!

Selbstliebe, was soll das auch sein, ich mein, einen Menschen, der nicht perfekt ist, wer liebt denn den?

Um geliebt zu werden, muss ich doch bittesehr perfekt sein! Weil, einfach nur zu sein, ist zu wenig. Das habe ich probiert und bin glatt durchgefallen. Nur zu sein ist kein Grund, geliebt zu werden. Liebe nur für perfekte Menschen. Und perfekt ist immer jemand anderes, nie ich selbst. Weil. Isso.

Perfekt abwertende Gedanken –

Gelesen habe ich in den letzten beiden Jahren viel Sachliteratur zu all diesen psychischen Themen. Über Trauma. Über Kindheit. Die Rückführung auf die linke Hand (die mir wirklich gut tut, inzwischen bin ich nahezu angekommen). Die klassischen Persönlichkeitsentwicklungsthemen. Resilienz. Kommunikation. Ohrenmodelle. Körpersprache. Ich habe so viel gelesen, ich bin schon ganz wirr im Kopf.

Bin ich inzwischen voller Liebe zu mir selbst?

Nun, sagen wir es so. Von diesem Selbsthass, den ich Jahrzehntelang mit mir herumgetragen habe, entferne ich mich in kleinen Schritten. Das ist nichts, das mir einfach so gefühlt in den Schoß fällt. Das ist Dauerlauf mit Hinternissen. An manchen Tagen bemerke ich dann – dass ich erstaunlich weit gekommen bin. Dann bleibe ich kurz überrascht stehen und fühle Mitgefühl. Für mich selbst.

Das ist, was am Ende des Tages alle Themen auf den Punkt bringt. Meinen hohen Anspruch. Meine Selbstverachtung, meine inneren Kritiker (das ist ein ganzer Haufen, nicht nur einer!), meinen Perfektionismus, alles halt. Meiner selbst bewusst bin ich inzwischen. Auch das kann ein Problem darstellen – es kann kippen, hin zu einem mich überheblich fühlen. Es bewertet schon wieder. Ich will das eigentlich nicht mehr. Mich bewerten. Auch nicht selbst.

Ich will mit Gefühl! Ich wünsche mir Mitgefühl! Für mich. Von mir. Dieses “mich selbst lieben” wandelt sich in ein “mich selbst fühlen, mich mitfühlen”. Gut mit mir umgehen. Mich akzeptieren. Mich in den Arm nehmen.

Ich schreibe in regelmäßig unregelmäßigen Abständen darüber. Das hat noch keinen roten Faden und vermutlich ist es immer nur Zufall, wenn einer meiner Beiträge in diese Richtung aufploppt. Das Thema Mitgefühl hüpft sein ein paar Monaten immer mal über die Tastatur. Vor allem aber in Richtung “ich habe Mitgefühl mit anderen Personen”.

Als ich schwer krank war, da hatte ich so einiges, aber Mitgefühl war nicht dabei. Ich dachte damals, ich hätte gar kein Gefühl außer Verachtung. Dabei waren auch angstvolle Gedanken, ich könne eventuell gar nicht mehr mitfühlen.

Ich habe inzwischen mehr Mitgefühl entwickelt. Für das Verhalten von Menschen. Für meine Mutter. Für meinen Vater. Das bedeutet nicht, dass die jetzt automatisch alles richtig gemacht haben. Ne. Haben sie nicht. Aber ich kann fühlen, warum sie getan haben, was sie getan haben. Und das hilft mir. Die Wut, die Ohnmacht, die Verzweiflung verschwinden. Ich werde gelassener. Es ist einfacher.

Viel einfacher.

Fast schon bin ich so weit, dass ich mit Gefühl für mich selbst entwickeln kann. So ein wunderschönes Gefühl ist das, wie der Regen gerade draußen, der Abkühlung bringt nach einem Tag mit 36 Grad.

Ich, mit Gefühl.

Es geht mir besser, seit ich diesen Blog hier habe. Und über mich und meine Gefühle schreibe. Es ist weiterhin ein wenig wired, wie viel ich teilen mag. Und es ist weiterhin ein Gefühl von – mit jedem Teilen wachse ich. Meine Seele atmet auf. Ich kann mich fühlen. Ich werde heil. Ich schaffe mir einen Raum, in dem Heilung stattfinden kann. Ich bin da. Für mich.

Dieses Selbstmitgefühl, mir ist schon länger klar, wie wichtig genau dieser Punkt ist. Und wie schwer mir das fällt. Und jetzt habe ich dankenswerterweise dieses neue Sachbuch in der Hand und habe vorhin begonnen, darin zu lesen. Selbstmitgefühl, von Kristin Neff. Am Strand am Badesee. Am Abend. Im Bikini. Im unperfekten Körper.

Lesen mit Gefühl

Ich bin auf einem guten Weg. Mit diesem Blog. Und mit dem Selbstmitgefühl. Irgendwann komme ich tatsächlich zu den Geschichten. Das wird ein Paukenschlag!

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