im Loch

Kinder buddeln gerne Löcher. Ich beobachte meist männliche Kinder dabei. Meine Söhne, und es sind insgesamt 4 Söhne, haben alle eine mehr oder weniger intensive Loch-Phase erlebt. Ich erinnere mich, mein ältester Sohn hat einmal auf einem großen Spielplatz einen Ball in einem Loch vergraben. Wir haben fast eine Stunde gebuddelt und diesen Ball nicht wiedergefunden … Das war damals schon nahezu frustrierend.

Ansonsten hat dieser Sohn gerne auch andere Löcher in den Sand gegraben, oft stundenlang und mit unglaublicher Ausdauer … Seine Brüder sind dazu übergegangen, Löcher im Garten zu buddeln. Diesen Garten hatten wir damals, als Kind 1 klein war, noch nicht. Ich nehme an, es sind einfach die Umstände, die sich geändert haben. Die Voraussetzungen für Löcher haben sich geändert.

Bei Kind 5 dachte ich, das mit den Löchern findet nicht statt … sein Abstand zu den älteren Lochgräbern ist so groß, dass er sie nicht in Aktion erlebt hat. Er hatte also keine Lochgräbervorbilder seitens seiner älteren Brüder. Dennoch ist er gestern in den Garten gegangen und kam nicht wieder. Er fand aus langer Weile heraus eine neue Beschäftigung.

Löcher buddeln!

Sein erstes Loch hat er heute wieder akribisch mit Erde gefüllt und glatt getrampelt. Das kenne ich so nicht, seine Brüder haben nur gegraben, nie verschüttet. Nun, ein zweites Loch, siehe oben, ist in Arbeit. Wir haben uns gemeinsam auf einen guten Ort geeinigt, in der Hoffnung, dass das Kleinkind der Nachbarn in dieses Loch nicht hineinfallen wird.

Ich stehe vor dem Loch und denke nach. Was ist so faszinierend daran, ein Loch zu graben? Hat darauf irgendjemand eine Antwort? Ist es eine Art Lernprozess, den man durchlaufen haben sollte? Wie krabbeln? Oder Ball fangen? Braucht es mehr Löcher in der Welt??

Ich kann mich nicht erinnern, Löcher gegraben zu haben, auch bei meiner Tochter fällt mir zum Thema Loch nichts ein. Und meine Tochter ist keine Prinzessin – genauso wenig wie ich eine Prinzessin war. Meine Mutter wusste mir oft klarzumachen, wie enttäuscht sie von mir als Tochter war. Als viertes Kind geboren, nach einem Mädchen und zwei Jungen, war meine Mutter dankbar, endlich noch ein Mädchen bekommen zu haben. Mädchen, die sind so wunderbar einfach! Angeblich –

Und dann kam ich. Und war das Gegenteil meiner Schwester. Viel mehr ein Junge, als es meine Brüder waren. Ständig auf einem Baum. Ständig ein aufgeschlagenes Knie. Ständig irgendwo im Matsch. Vermutlich habe ich auch Löcher gebuddelt, ich kann es nur nicht erinnern …

Was ich bis heute ganz gut kann, ist, in Löcher fallen! Nicht nur in die, die andere für mich graben – vor allem in die, die ich mir selbst gedanklich grabe. Ich kann das sehr gut – mich selbst beerdigen.

Loch buddeln, Larissa rein, Loch zu.

Hier stehe ich also vor dem Loch meines Sohnes und denke, es wäre hübsch, den Gedankenmüll zu entsorgen … ohne dabei selbst ins Loch zu fallen. Kein Loch für mich!

Ich fühle mich gerade – einsam – antriebslos – müde. Ich habe jetzt freie Zeit für mich! Kind 5 ist übers Wochenende beim Vater, und ich habe Zeit, mich um Löcher zu kümmern …

Zeit, aufzustehen, die Erde abzuschütteln und aktiv meinen Tag zu gestalten. Mich um meine Dinge kümmern. So viele Dinge, die wichtig für mich sind. So viele Löcher, in denen ich mich lieber verkrieche …

Ich will aktiv gestalten, was mir gut tut! Den Kindern beim Löcher buddeln zuschauen und lernen. Sie fallen nie selbst hinein.

Warum falle ich so oft und so schnell in Löcher? Kleine Motivationslöcher, größere Depressionslöcher, gerne gepaart mit negativen Gedankenkreiseln, die sich tief ins Erdreich graben können? Wenn man schon am Boden liegt, dann sollte man doch nicht noch ein Loch schaufeln, in dem man Schutz suchen kann. Oder? Genau das tue ich gerne – ich suhle mich auch gerne in einem Loch und lasse die Umwelt wissen, dass das Leben einfach ungerecht, dreckig und kalt ist.

Dabei steht es mir frei, meine Löcher zu stopfen und ordentlich glatt zu treten, um mich erhobenen Hauptes oben drauf zu stellen und festzustellen – da war ein Loch. Jetzt ist es weg!

So. Gehe jetzt in den Garten und buddele ein eigenes Loch. Und schütte es wieder zu. Vielleicht lerne ich dabei was!

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