Kinobestuhlung

Wo ich in keinem Fall in der ersten Reihe sitzen will: im Kino

Wer setzt sich freiwillig im Kino in die erste Reihe? Und dann eventuell auch noch auf die Seite?

Bei Konzerten habe ich mich das früher auch gefragt. Ja, ich kann aus der ersten Reihe die Pickel besser sehen oder die Falten, aber – will ich das wirklich? Und von der Seite, da ist die Sicht schon ein wenig eingeschränkt? Dafür habe ich vermutlich mehr Schweiß, mehr Mimik und mehr Mundgeruch. Eventuell. Tatsächlich sind bei Konzerten, Theater oder Oper die vorderen Reihen meist die teuersten Plätze. Im Kino ist das ja anders –

Ich denke noch über die Reihenbestuhlung nach. Das lässt mich nicht ganz kalt, das Thema, dass seit letzter Woche Donnerstag den ein oder anderen Gedankengang durchlaufen hat. Von der zweiten Reihe über die erste Reihe hin zu letzten Reihe. Alles dabei.

Ich bin ja viele. Viele Reihen. Ein ganzer Kinosaal. Mal am Rand, mit der Option, mich einfach leise wegschleichen zu können, wenn der Film zu gruselig wird. Mal in der Mitte, und rechts und links von mir sitzen Nachos und süßes Popcorn. Mal ganz hinten, mit dem ultimativen Überblick, aber ohne Nähe zum Geschehen.

Nur in der ersten Reihe saß ich wirklich noch nie im Kino. In der Schule habe ich das auch vermieden. Da musste man ruhig sein, aufmerksam und – der Lehrer, die Lehrerin hat definitiv mitbekommen, wenn ich wieder nur die Kästchen im Matheheft angemalt hatte, aber ansonsten nichts aufgeschrieben habe …

Mitunter war ich so abwesend oder so überfordert, dass ich einfach nur bunte Kästchen ausgemalt habe.

So habe ich mich heute auch gefühlt. Leicht überfordert auf einem Miroboard, auf dem bunte Post-Its geklebt wurden. Nur ich, ich war nicht so aufmerksam und hatte die Aufgabenstellung verpennt. Zu fragen, was genau wir eigentlich machen, habe ich mich nicht getraut – ich dachte, ich sehe es ja bei den Anderen und dann fällt mir schon was ein.

Erstaunlich, wie wenig einem einfallen kann, während man über Sitzpostitionen im Kino nachdenkt. Tja. Es war auch so – ich hatte eigentlich nix zu sagen. Gerade habe ich wenig zu sagen, weil – ich nachdenken muss. Über meine Wünsche. Mehr Sichtbarkeit. In der ersten Reihe. Da ist es so einsam! Niemand will da sitzen! Warum will ich denn in die erste Reihe? Das führt auch zu – Ansichten. Und Meinungen. Und eventuell zu Konflikten. Und Konflikte sind schwierig für mich.

Also doch eher wieder am Mittelgang, oder, noch besser, außen mit Blick auf die Tür? So dass ich im Notfall ganz schnell weg bin? Oder eher mehr eingebaut in der Mitte, im prallen Leben, gesichert?

Oder, in der letzten Reihe, guter Überblick mit emotionalen Abstand??

Bevor es mich im nächsten Meeting überfordert mit den bunten Kästchen, spitze ich jetzt doch lieber meinen Bleistift und überdenke meine Reihenzugehörigkeit. Es darf auch mal Missverständnisse wegen der Platzfrage geben – wer auf der Bank sitzt und wer nicht.

Apropos Bank – heute war ein weiteres Fußball-Probetraining von K5. Diesmal in einer anderen Mannschaft … ich drücke ihm die Daumen, dass er in dieser Mannschaft angenommen wird. Er hat so große Lust, Fußball zu spielen. Aber Lust und Freude allein zählen leider nicht so viel. Man muss auch gut genug sein. Sonst spielt man nicht mit …

Ich finde das ganz besonders traurig! Da haben Kinder Bock auf Sport und Bock auf Leistung und Bock auf Team, und wir sortieren diese Kinder aus, wenn sie “nicht gut genug” sind. Dieses “nicht gut genug sein” ziehe ich scheinbar magisch an. So sehr, dass sogar meine Kinder davon betroffen sind. Ich habe dazu keine Lust mehr. Wenn es wieder nicht passt wegen “nicht gut genug fürs Leistungsniveau der Mannschaft” muss ich wohl selbst eine Mannschaft gründen. Um dann vermutlich ebenfalls irgendwann sagen zu müssen: Sorry, die Mannschaft ist voll und dein Kind spielt auch nicht gut genug fürs Mannschaftsniveau …

Also, ich verstehe, in einem Team ist es schon sinnvoll, wenn die Teammitglieder ein gemeinsames Leistungslevel haben. Und sich niemand abgehängt fühlt. Und sich auch niemand wie der Überflieger fühlt. Beides ist zu extrem. Und ich, ich war die letzten Wochen schon sehr Überflieger. Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Beim Fußball wird der Ball auch abgegeben … und mitunter bereitet man das Tor eines anderen Spielers vor. Wir können nicht alle im Sturm rennen. Ein paar von uns machen auch die Abwehr … und sind deshalb genauso wichtig fürs Team wie der Sturm. Das darf der Sturm auch ab und an deutlich vor Augen geführt bekommen …

Ich bin wohl eher im Sturm. Mein Sohn spielt lieber im Tor. Spannende Kombination.

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