letzte Reihe

Hinten anstellen, ab in die Ecke, schäm dich. Wie kann ich nur so egoistisch die Ellenbogen ausfahren und in die erste Reihe wollen …

Mein Ungefühl ist gegenseitig. Ich habe gestern direktes Feedback bekommen, zu meiner Art (zu arbeiten). Zum Event der vergangenen Woche kam sehr viel positives Feedback. Das negative Feedback kam direkt aus dem Team, über das ich mich vorgestern noch aufregte. Menschen, mit deren nicht vorhandener Expertise ich vorsichtig und achtsam umgehen darf. Und dazu keinerlei Kraft oder Lust mehr hatte. Ja, die letzten Wochen war ich wohl eher die Kollegin aus der Hölle. Die, die andere mitten im Denken unterbricht, Gedankengänge zu Ende denkt, die zu viel redet und zu viel persönliches mitteilt. Die sich zu viel Raum nimmt um zu sein. Die zu laut ist. Die die Grenzen der Anderen nicht (mehr) wahrnimmt und einfach drüber bügelt.

Ich habe einfach gemacht. Ich habe nicht mehr gefragt, ob ich das darf oder wie sich andere damit fühlen. Ich habe Tempo auf die Straße gebracht, damit diese eine Veranstaltung ein Erfolg wird. Sie wurde ein Erfolg. Jetzt darf ich damit leben, dass das von vielen Menschen gefeiert wird. Und von manchen, die auf dem Teamfoto ganz vorn stehen, bekomme ich all das, was oben steht.

Eins davon ist mir peinlicherweise sehr bewusst. Daran arbeite ich und ich hatte gehofft, es sei nicht so schlimm ausgefallen. Ich bin absurd schnell. Wenn ich zusätzlich absurd viel zu tun habe, macht mich das langsame Denken anderer Menschen maximal aggressiv. Ich unterbreche dann wirklich mitten im Satz und springe in eine Gedankenlücke. Um mich mitzuteilen. Um zu sagen, hey, das habe ich auch schon gedacht!! Oder, noch schlimmer: meist hatte ich es sogar schon erledigt.

Damit gewinnt man keinen Blumentopf und auch keine Freunde. Ich darf so nicht sein, das irritiert Menschen und macht mich zur Kollegin der Hölle. Die, die einfach in den Raum purzelt, mit meiner (meist) guten Laune, die was erzählt (zum Beispiel störte, dass mein Auto in der Werkstatt ist und absurd teuer wird) und dann den Satz mit “aber naja, ist halt so” abschliesst und den Raum verlässt. Damit hinterlasse ich wohl die Anwesenden in einer Situation, mit der sie nichts anfangen können. Mit Fragezeichen im Gesicht. Schlimm ist – ich habe das nicht mal bemerkt. Dass ich übergriffig bin, laut und viel zu schnell. Ich habe es nicht mehr wahrgenommen.

Jetzt schäme ich mich dafür. Ich möchte doch achtsam mit Menschen umgehen. Ich möchte mich nicht unbeliebt machen. Ich hatte auch vor, nicht meine Schnelligkeit zu leben, sondern mich zurückzuhalten. Damit ich nicht auffalle. Damit ich richtig bin.

Schon wieder! Und von jetzt auf gleich! Bin ich: nicht richtig. Das löst gerade einen Haufen richtig guter Gefühle bei mir aus. NICHT.

Ich schäme mich dafür, dass ich andere im Denken und Sprechen unterbrechen –
Daran will ich definitiv arbeiten! Unter Stress passiert mir das, und das darf und soll so nicht sein. Ich will wieder besser zuhören und ich muss nicht jede geniale Idee selbst gehabt haben. Andere dürfen auch Ideen haben. Und sie allein umsetzen. Ich muss auch nicht alles allein machen! Ich habe viel allein gemacht. Okay, mitunter geht es auch gar nicht anders. Aber das ist gerade ein anderes Thema.

Also: mehr Ruhe, besser zuhören, weniger Tempo

Der Rest stößt mir auf. Da fühle ich mich unschuldig. Dieses “ich nehme mir zu viel Raum”. Ja. So bin ich. Ich will auch nicht mehr klein beigeben und anderen den Raum geben. Ich will selbst ins Rampenlicht. Ich will nicht nur hinten zuarbeiten und vorne feiern sich Andere. Ich will mehr Sichtbarkeit. Dass ich damit nicht jedem gefallen kann – ist absolut logisch. Fällt mir aber schwer. Weil, ich will auch von allen gemocht werden. Ablehnung ist Hölle anstrengend für mich. Das Gefühl, nicht gut genug, nicht richtig zu sein, ist Hölle anstrengend für mich. Mich macht die Situation gerade erst recht zur Kollegin aus der Hölle.

Jetzt darf ich überlegen, wie ich es mir in der Hölle gemütlich mache. Weil, ich werde wohl drin bleiben. Weil ich nicht jedem gefallen kann – und auch endlich lernen darf, dass das okay ist.

An den anderen Punkten kann ich arbeiten. Dafür ist Feedback ja eine tolle Sache, auch wenns weh tut. Wer hört schon gerne, dass er der Typ ist, der den anderen ins Wort fällt? Sehr unangenehm, solche Menschen. Sehr unangenehm für mich selbst, dass mir selbst einzugestehen. Ja, passiert. Mein Kopf ist mitunter so schnell im Denken und dann purzeln Ideen und ganze Satzendungen aus meinem Kopf. Einfach so. Ich brauche ein besseres Ventil, um das umzuleiten oder am besten direkt abzustellen.

(Das Schlimmste: den umständlichen Gedanken und Handlungen der Anderen folgen, wenn man weiß, dass es totaler Dünnsinn ist … vor allem, wenn man keine Zeit dafür hat … dafür werde ich eine Lösung brauchen. Teamgespräch wird notwendig. Ich bereite mich seelisch moralisch darauf vor. Und vielleicht gehe ich einfach mal drei Wochen in Urlaub und lasse die Anderen die wertvollen eigenen Erfahrungen machen. Ich muss ja nicht alles können. Und kann üben, meine Klappe zu halten … )

Tja. Und letzte Woche dachte ich noch, hier ist alles super. Wie sehr man sich doch im Tunnel befinden kann. Und schwupp macht jemand Licht an und schon – steht man da, mit all seinen Fehlern, im Rampenlicht … So hatte ich mir die erste Reihe wahrlich nicht vorgestellt 😉

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