löchrige Erinnerungen

Saß ich noch letzte Woche da und war der Überzeugung, mein Sohn buddele das erste Mal in seinem Leben ein Loch im Garten – kam heute eine Erinnerung per Bild und zeigte mir, vor drei Jahren buddelte eben dieses Kind auch in einem Loch im Garten … an einer anderen Stelle. Zu einer anderen Zeit.

Die Erinnerungen an diese Zeit ist tatsächlich löchrig. Ich war noch krank. Ich weiß nicht, bin ich immer noch krank? Bin ich immer noch aus dem Weg raus aus dem Loch? Damals jedenfalls war ich definitiv noch im Loch. Ich hatte gerade begonnen, die Antidepressiva auszuschleichen.

Es war April, es war Ostern, wir waren im Garten. Ich weiß, dass ich gedämpft fröhlich war. Ich war unter Tabletten oft sehr gedämpft. Sinn und Zweck der Angelegenheit, weniger Trauer zu spüren. Freude geht mit dem weniger in dem Fall einher.

Es war die Zeit, in der ich keine Ahnung hatte, wie genau ich aus dem Loch herauskommen könne und wohin ich dann gehen soll. Erschöpfend schon allein, darüber nachzudenken.

Ich hatte eine Reha, Anfang des Jahres, ambulant. Danach hatte ich ein paar Anlaufstellen für ein aus dem Loch kommen. Es gibt durchaus ambulante Hilfen, die einen mit schweren Depressionen unterstützen, wobei ich zu dem Zeitpunkt schon nur noch mittelgradig erkrankt war und deutlich auf dem Wege der Besserung.

Im April, da stand mein Gespräch beim Arbeitsamt an … ich hatte die Dauer der möglichen Krankschreibung schon nahezu erreicht und es stellte sich die Frage, gehe ich gesund in die Arbeitslosigkeit, oder werde ich ausgesteuert da immer noch zu krank, um vermittelt werden zu können. Meinen vorherigen Job hatte ich schon ein Jahr vorher gekündigt – während meiner Erkrankung. Ein Thema für einen anderen Tag der Erinnerungen.

In diesem Teilstück meines Loches, im April vor drei Jahren, war ich auf dem Weg. Weniger Tabletten, mehr Gefühle, eine leise Angst, was wird die Zukunft bringen? Welchen Weg kann ich gehen? Wo finde ich Unterstützung? Wie wird das Arbeitsamt meine Lage einschätzen? Seitens der Reha-Klinik wurde mir ans Herz gelegt, eine Begleitung zum Gespräch mitzunehmen. Jemand, der meine Situation vertritt und mir hilft. Es gibt diese Unterstützung, es lohnt sehr, sich mit der Caritas in Verbindung zu setzen und zu erfragen, welche Optionen zur Verfügung stehen.

Heute weiß ich, es gibt Anlaufstellen, die einem die Hand reichen können. Allein, das herauszufinden, war mein größeres Problem. Ich war zu dem Zeitpunkt oft damit überfordert, einfach nur einkaufen zu gehen. Die einfachsten Dinge im Alltag, im Haushalt, all das hat mich sehr gefordert. Oft überfordert. Mich um Anlaufstellen für Unterstützung zu bemühen, mir Artikel zum Thema anzulesen, all das war mir gar nicht möglich.

Ich hätte an der Stelle jemand gebraucht, der das für mich getan hätte. Der oder die sich um mich gekümmert hätte. Stattdessen war ich diejenige, die sich kümmern musste – um meine Kinder. Es blieb entsprechend ein Alleingang. Ein – Larissa, du schaffst das. Wie so oft im Leben! Es gab genug Situationen, die ähnlich hängend waren und in denen ich nicht wusste, wie wird es weiter gehen. Erstaunlicherweise ging es immer weiter!

Es ging immer weiter und es gab immer Wachstum. Ein über mich selbst hinauswachsen. Ein aus dem Loch kommen …

Geholfen hat mir mein Berater im Arbeitsamt, den ich alleine aufgesucht habe und dem ich ehrlich erzählt habe, was wie und wann los war und los ist. Er hat ein Potenzial in mir gesehen, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht wahrnehmen konnte. Ich habe all die Tests mitgemacht, die in einem solchen Fall anstehen, war beim Berufspsychologischen Dienst, es ging darum, ob ich in eine Weiterbildungsmaßnahme aufgenommen werden kann, und wenn ja, in welche – – –

Diese Zeit war eine spannende Zeit für mich. Da ich keine Ausbildung und kein Studium absolviert habe, hatte ich das Anrecht auf eine Ausbildung / Weiterbildung. Das war mir nicht bewusst. Dass mir Lernen gut tun könnte, war mir auch nicht bewusst. Es war eher alles sehr überraschend – welche Möglichkeiten ich noch habe.

Einen Tipp, wo ich mich beraten lassen kann hinsichtlich einer Weiterbildung, habe ich auch bekommen. Dafür bin ich noch heute sehr dankbar. Es war ein Flyer der femkom in Darmstadt, der mich auf den Weg brachte. Dort rief ich an und erzählte, dass ich demnächst in die Arbeitslosigkeit gehe, nach langer psychischer Erkrankung, und dass ich ein Beratungsgespräch haben möchte, um zu schauen, wo ich eine gute Weiterbildung für mich finde …

Diese Optionen und das Beratungsgespräch, dass ich wahrnehmen konnte, waren meine aktive Hilfe, aus dem Loch herauszukommen. Es waren meine ersten Schritte zurück in ein aktives Leben, in eine berufenes Leben. Und es waren Minischritte, sehr kleine Schritte. Das Thema Gesundung ist in einer Depression kein Sprint. Es ist ein Dauerlauf, und es ist wichtig, sich das bewusst zu machen. Es ist ein langer Weg. Er lohnt sich, zu gehen. Es lohnt sich, die Augen zu öffnen und zu schauen, wo kann er mich hinführen. Wer wird mich begleiten. Wo finde ich Hilfe in meiner Situation …

Immer noch habe ich das Gefühl, dass es zu wenig Hilfen gibt. Zu umständlich, zu teuer, zu bürokratisch. Einfache Hilfen, gerade für Eltern mit kleinen Kindern. Hilfen für die Angehörigen, für die Kinder. Wenn ich mich als Erkrankte, die schon genug damit zu kämpfen hat, überhaupt aus dem Loch heraus zu kommen. Wenn ich mich also noch um all diese Dinge kümmern muss, dann überfordert mich das total …

Aber wer bin ich, dass ich das System verändern könne?

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