Der nächste Tipp aus den Tiefen der Quarantäne. Stundenlange Beschäftigung garantiert ein Puzzle wie dieses – 150 Pokemon, und alle knallbunt. Da ist Abwechslung garantiert! Fast ist das schon Überforderung für meine Augen und ich fühle mich ein wenig wie Enton …
(Enton ist mein Lieblingspokémon. Es hat eigentlich immer Kopfschmerzen und sieht dabei einfach nur hinreißend dümmlich aus. Tatsächlich verleihen ihm die Kopfschmerzen aber super Kräfte und mit Konfusion haut er alle Gegner vom Spielfeld. Enton ist einfach die coolste Ente nach Donald Duck!)
Ich spüre eine tiefe Verbundenheit zum puzzeln. Ich nehme an, dass das etwas von den guten Dingen aus meiner Kindheit ist. Mein Vater hat gerne gepuzzelt, oft waren das 3000 oder 5000 Teile, große Landschaftsaufnahmen. Gebirge, Seen, Himmel. Ich habe es als Kind sehr geliebt, daneben zu sitzen und auch ab und an ein Teil zum Bild beitragen zu können. Es ist eine sehr ruhige, sehr konzentrierte Beschäftigung.
Im alltäglichen finde ich keine Muße und keinen Platz für solch ein großes Puzzle. Der halbe Esstisch liegt voll mit diesem hier, und das wird noch ein paar Tage andauern, bis es fertig gestellt ist. Kind 5 sitzt mit dabei und erzählt mir begeistert von allen möglichen Pokémon, wer welche Entwicklungsstufe von wem ist und welche Kampftechnik beherrscht. Ich bin beeindruckt ob seines Wissens. Meines Wissens nach hat er genauso viele Folgen Pokémon der Staffel 1 gesehen wie ich. Habe ich etwas verpasst? Bin ich eventuell zwischendrin mal eingeschlafen?
Das kann nicht sein, weil mich die Leidenschaft für die Pokémon tatsächlich wirklich erwischt hat. Ich bin gerade sehr begeistert, dass wir so viel Zeit haben. Wir schauen eifrig weiter, puzzeln zwischendrin und überlegen, ob man Enton als Kuscheltier kaufen kann.
Wir sind nahezu glücklich.
Trotz Quarantäne und Erkrankung und all dem Rotz der letzten Tage. Trotz Trauer und Frust und all dem Wust an Arbeit. Entspannend sollte die Kur werden, mit Muskelaufbau für meinen Rücken. Stattdessen war es ein wilder Mix an emotionaler Achterbahnfahrt, starken Rückenschmerzen und viel Müdigkeit. Um dann jetzt zu wandeln in ein „na gut, dann halt ein Puzzle“!
Gekauft habe ich dieses Puzzle zu Beginn des ersten Lockdowns vor gut zwei Jahren. Kind 4 hatte damals eine kleine Pokémon-Phase und ich dachte, es sei sicherlich eine schöne Beschäftigung für die Tage daheim. Wir haben damals begonnen – und sind nicht sehr weit gekommen. Ich hatte gerade im ersten Lockdown massiv Schwierigkeiten mit der Situation. Die Anwesenheit aller Kinder daheim, die Organisation unterschiedlicher Lernstände und unterschiedlicher Schulen, dazu ein Kleinkind ohne Kindergartenalltag …
Das war das Gegenteil von einer schönen Auszeit daheim in einem liebevollen Miteinander …
Es war eher ein täglicher Kampf in der Pokémon-Arena, kurz vor Konfusion, und einem „und täglich grüßt der Morgenkreis “ … Ich war garantiert nicht das Vorbild für gelassene Corona-Politik im Kinderzimmer. Dennoch habe ich aus diesen Situationen viel mitgenommen, viel gelernt. Und das tue ich auch jetzt gerade.
Ich war sehr traurig in der vergangenen Woche – die Kur beenden zu müssen, krank zu sein, wieder alleine zu sein mit meinen Problemen. Keine Hilfe zu haben. Es fühlte sich an wie bestraft werden für etwas, von dem man gar nicht weiß, das man es verbrochen hat …
So langsam dämmert mir, dass die Grundeinstellung dahinter das entscheidende Puzzleteil ist …
Die Grundeinstellung, dass es schon seinen Sinn haben wird. Dass es gut ist, wie es ist – und dass es einfacher ist, das anzunehmen, was ist, anstelle darüber zu grübeln, was sein könnte und nicht sein darf … Es macht so schrecklich unglücklich, sich unglücklich zu denken. Sich bestraft zu fühlen. Sich verarscht zu fühlen.
Es ist so viel schöner, bunt und fröhlich zu denken.
Und so viel schwerer. So schwer wie ein kunterbuntes Pokémon-Puzzle mit 1000 Teilen und 150 Pokémon.
Ich habe heute früh begonnen, das Puzzle zu lösen. Ist keines für nur einen Tag, dafür ist es zu schwierig. Zeit haben wir gerade, ich bleibe dran, an der fröhlichen Gestaltung dessen, was ist.
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