sicherer

Warum schreibe ich nicht darüber, wie es mir gerade geht?

Weil ich nicht in Ordnung bin.

Was ist das Schwerste für mich?

Abgelehnt zu werden.

Ablehnung

Ich habe verstanden, warum ich so ein Problem mit Verkaufen habe. Jedenfalls, wenn es proaktiv erfolgt. Also, ich, spreche Menschen an, um ihnen etwas zu verkaufen. Ich, baue Vertrauen auf, um etwas zu verkaufen.

Das widerstrebt mir so sehr, dass ich fast schon körperliche Schmerzen leide. Mein Horror! Ich. Will. Das. Nicht. Ich will Menschen einfach kennenlernen. Gute Gespräche führen. Über die Kinder, den Job, die Motivation, das Leben, den Werdegang. Einfach so. Und wenn sich dann was ergibt, dann sage ich eventuell Dinge wie: “Die coolen Shirts von diesem dänischen Hersteller gibts auch für Jungs und wir haben da einen Laden in Darmstadt, da bekommst du das!”
Oder: “Die XY hat dazu ein super Buch geschrieben, dass kann ich dir wärmstens empfehlen.”
Oder: “Meine Lieblingsstadt ist Delft, da gibt es dieses unfassbar tolle Café. KeK. Kann ich dir empfehlen!”

Manipulation

Auch das hat sicherlich irgendwie einen manipulativen Touch. Ich versuche damit ja auch, Menschen zu lenken, ihnen zu helfen, was weiß ich. Aber – ich versuche das nicht mit mir. Ich bin nicht die Hilfe. Mein Produkt ist nicht die Hilfe. Ich gebe nur einen Tipp aus meinem Erleben, der mir geholfen hat, der mir geschmeckt hat, der mir gefallen hat. Möge das Gegenüber daraus bauen, was es will. Ich habe da auch nichts von – keine Provision, keine Vergünstigung, kein Nichts.

Wenn dann später eine Rückmeldung kommt, wie etwa: “Der Laden ist ja Mega, lieben Dank, ich wusste gar nicht, dass wir sowas hier haben.”
Oder: “Ich hab das Buch gelesen.”
Oder, ganz verrückt: “Ich war in Delft und im KeK, danke für diesen geilen Tipp.”

Dann! Bin ich glücklich. Einfach so. Ich bin allerdings auch null unglücklich, wenn niemand den Laden besucht, niemand das Buch liest und schon gleich überhaupt niemand nach Delft ins KeK fährt. Reicht, wenn ich das tue! Weil, ich bin bereits absolut überzeugt davon, dass das geil ist. So, wie morgen in die Sauna zu gehen.

Ich fühle mich null abgelehnt, nur, weil jemand meinen Tipp nicht umsetzt. Das ist mir tatsächlich total egal. Ich habe den Tipp gerne geteilt und ziehe weiter. Ohne Erwartungen. Wirklich völlig frei.

Sobald aber ein “echter Sales” stattfindet, ich also Menschen ein Angebot mache, dass die Firma betrifft – oder mich als Produkt – dann bin ich raus. Dann habe ich Phantomschmerzen. Dann fühle ich Ablehnung. Auch wenn es gar nichts mit mir persönlich zu tun hat, fühle ich es persönlich. Ich bin auch befangen. Habe das Gefühl, das Gegenüber spürt das. Dass ich nur sein Geld will. Nein, das Problem interessiert mich null. Toll, wenn es gelöst wird. Aber eigentlich ist das egal. Ich kann nicht emphatisch verbunden sein mit jedem Verkauf. Da würde ich ja Irre!!

Ich werde Irre!

Und soll ich mir was sagen? Genau so ist es! Ich werde Irre! Weil – ich bin immer emphatisch verbunden (oder ich lasse es einfach). Ich kann nicht anders. Ich wünsche mir Geschichten, Verbindung, Lächeln, echtes Interesse. Ich bin entweder echt begeistert oder einfach weg. Es gibt Menschen, die fesseln mich. Und es gibt Menschen, die regen an, dass ich mich abwende und weglaufen will. Ja, auch mit letzteren muss ich zusammenarbeiten. Das ist aber gerade ein anderes schweres Thema.

Mir geht es heute um den Sales. Das Verkaufen. Mich verkaufen. Ein Produkt verkaufen. Eine Dienstleistung verkaufen. Catchy Werbetexte für Linkedin schreiben. Ich will das nicht! Ich hasse es wie die Pest! Ich fühle mich aufdringlich, falsch, zu viel. Spannend, und an der Stelle stört mich das total. Ich will niemand nerven. Ich will niemand auf den Sack gehen. Ich will nicht als unangenehm empfunden werden.

Und doch – erlebe ich auch, dass Menschen, die ich mehrfach angesprochen habe um sie einzuladen, sich meine Lösung anzuschauen – dass die gekauft haben. Weil ich sie erinnert habe. Weil ich präsent war. Weil ich mich interessiert habe für sie. Weil ich eine Lösung für ein relevantes Problem hatte. Für die war ich gar nicht aufdringlich, nicht pitchy und auch nicht needy …

Vielleicht brauche ich für mich selbst und für die Firma ein Selbstverständnis, wie für:

Den Laden mit passender Kleidung.

Das Buch.

Die Stadt samt Café.

Warum habe ich so große Probleme mit Sales? Nicht jeder Sales ist Böse. Ich aber habe damit böse Probleme. Was also ist die Lösung?

Lappen!

Weil, im Job mache ich immer auch Sales.

Im privaten Leben mache ich immer auch Sales.

Ablehnung kann ich auch hier erleben, im anonymen Sein des Internetzes.

Welche Fische gehen mir dabei ins Netz?

Und welche gehen mir durch die Lappen?

Sollte ich jemals selbst ein Buch schreiben, und das kauft dann niemand, wie gehe ich damit um?

Ist das dann die ultimative Art und Weise, abgelehnt zu werden?

Warum lehne ich Sales ab?

Begeistert, wenn es passt!

Warum kann ich nicht verkaufen, so, wie es für mich gut passt?

Das wäre – wie?

Immer! Emphatisch! Immer mit einer echten Verbindung! Immer mit einem Lächeln! Immer mit Begeisterung für das Produkt. Brötchen verkaufen beim Bäcker konnte ich ja auch hervorragend. Die Leute kamen zu mir. Wenn die Leute zu mir kommen, kann ich wunderbar verkaufen.

Heute kam auch jemand zu mir. Und gestern auch. Die Menschen sprechen mich an, auf diese Konferenz oder diesen Arbeitgeber. Und dann wird es ganz einfach für mich. Dann kann ich empfehlen, schaut euch das an! Kommt vorbei! Sprecht mit XY.

Ich habe ein paar Schwächen. Viel reden, andere unterbrechen, den Schnabel nicht halten können.

Ich habe ein paar Stärken. Ich kann gute Gespräche führen. Ich kann Menschen dazu bringen, Geschichten zu erzählen. Ich kann mich begeistern, und meine Begeisterung führt zu Begeisterung. Ich kann Einladungen aussprechen, die angenommen werden.

Warum habe ich immer noch Angst vor Ablehnung?

Verdammich.

Die letzten Wochen waren mal wieder anstrengendes Wachstum. Auch am Bauchumfang. Immer, wenn ich denke, jetzt ist es genug, jetzt läuft es ganz beruhigt. Kommen Wellen. Kommen Untiefen. Kommen Gedanken.

Und jetzt kommt – Ruhe. Ich söhne mich aus. Ich werde sicherer. Ich habe ausreichend reflektiert, über die Ablehnung, die Angst davor, die Unsicherheit. Über schnelles Reden und langsames Handeln. Ich habe Stärken. Eine Menge. Ich habe Schwächen. Auch einen Haufen. Ich kann nicht Alles und das ist gut so. Ich konzentriere mich auf das, was ich gut kann. Und versuche nicht, noch on Top all das zu lernen, was es sonst noch so gibt.

Weil ich niemals fertig werde, wenn ich immer nur alles Neu lerne.

Ich darf lernen, das zu lernen, was mich persönlich wirklich weiter bringt.

Mit Ablehnung umzugehen, zum Beispiel.

Sales ein Lächeln zu schenken.

Brötchen verkaufen.

Hauptsache, ich hab mich lieb und stelle mich nicht mehr stetig selbst in Frage. Egal, mit welchem Bauchumfang.

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