Ich habe den Stern abgehängt. Das Fenster im Wohnzimmer ist jetzt irgendwie – nackt – ein riesiges schwarzes Loch, raus, in die Nacht. Das tröstliche Leuchten des Sternes ist verloschen, weil ich das so entschieden habe. Ich finde Entscheidungen manchmal wirklich anstrengend. Die Entscheidung, esse ich jetzt noch ein wenig Schokolade oder lasse ich es? Bringe ich den Stern sofort in den Keller, oder lasse ich es? Welches Buch lese ich nachher in der Badewanne? Nehme ich überhaupt eine Badewanne? Und wenn ja, wie viele?
Meist entscheide ich von jetzt auf gleich. Jetzt ist immer der beste Zeitpunkt, um ins Handeln zu kommen. Vorhin stand ich auf dem Flur, die Sonne schien und man hatte so eine Ahnung von einem Frühling, der in den nächsten Wochen kommen will. Auch ist es morgens bereits hell, wenn ich mit K5 in die Schule laufe. Ich hatte das Gefühl, es sei an der Zeit, sich mehr auf Tulpen und weniger auf Weihnachtssterne zu konzentrieren. Und wenn so ein Impuls aus mir selbst kommt, dann wird er auch umgesetzt. Kommt der Impuls von außen (warum habt ihr noch einen Weihnachtsstern im Fenster hängen?), dann bewirkt das maximal, dass ich mich entschuldige.
Entschuldige, das habe ich vergessen zu erledigen. Entschuldige, ich hoffe, es stört nicht. Entschuldige, ich erledige es sofort. Gesagt und nicht getan. Ich stelle dabei nur fest, dass ich mich zu oft entschuldige, oft für Dinge, bei denen andere Menschen nicht auf die Idee kämen, sich zu entschuldigen. Weil sie vollkommen anders denken als ich das tue. Und das ist – inspirierend, ich darf mir das anschauen und überlegen, will ich das auch? Und wenn ich es will – dann darf ich mein Denken verändern.
Das allerdings sagt sich natürlich leichter, als es getan ist. Bei allen Themen, die gerade eifrig an meine Tür klopfen, ist der Weihnachtsstern noch das Kleinste. Der hängt im Zweifel halt bis Weihnachten durch. Dann spart man sich aus das Herumgeräume im Keller. Tatsächlich finde ich das ziemlich effektiv gedacht. Mit den Hasen zu Ostern mache ich es ja auch so, die sitzen das ganze Jahr im Regal und wandern dann zu Ostern freudig aufs Fensterbrett. Sie sind also das ganze Jahr ein Teil der Show.
Nur der Stern nicht, der geht in den Keller. Gemeinsam mit der Kiste an Weihnachtsdeko, die auch noch im Wohnzimmer steht. Unser Baum liegt im übrigen noch im Garten. Weiter hat er es noch nicht geschafft. Ich hatte gehofft, er läuft alleine zum Ablageplatz für Weihnachtsbäume, er aber entspannt einfach auf der Wiese. Wenn er da noch länger liegen bleibt, wird er wohl mit dem Rasen verwachsen im Frühjahr. Das könnte spannend werden.
Ich erinnere ein Jahr, als ich noch mit K1 und K2 in einer Drei-Zimmer-Wohnung lebte, es war die Zeit, die ich schon mehrfach angesprochen habe in den letzten Tagen. Ende 20 war ich da. Und oft am Rande der Überforderung. Was auch dazu führte, dass ich im Hochsommer einen Tannenbaum auf dem Balkon fand – komplett verdorrt, mit braunen Nadeln. Das war schon zum Lachen – und doch auch bedenklich, irgendwie. Geschämt habe ich mich damals, weil ich es nicht geschafft hatte, den Baum zu entsorgen. Ich hatte ihn nur abgeschminkt und dann beiseite getan.
So ist das oft bei mir. Ich schaffe lange nicht alles, was ich mir nicht vornehme, und oft auch nicht das, WAS ich mir vornehme. Ich bin ehrlich froh, wenn wir ausreichend Essen im Haus haben, alle Zettel der Kinder ausgefüllt und alle Rechnungen bezahlt sind und alle Kinder ausreichend Socken im Schrank liegen haben. Manchmal sind da nicht ausreichend Socken, dann ist immer zu hoffen, dass noch welche im Keller auf der Leine hängen.
Apropos Keller. Da muss ich gleich auch noch hin. Die Wäsche aufhängen. Auf dem Weg nach unten nehme ich den Stern mit. Ist fest eingeplant!
Weil, wenn dann ein Moment von Klarheit kommt, dann sehe ich, was ich direkt tun kann. Und manchmal tue ich es dann sogar 😉
Um ins Tun zu kommen, brauche ich eine gewisse Grundstimmung. Gute Laune, Freude, Ausgeschlafen muss ich auch sein. Mein Fokus liegt also aktuell nicht in den Sternen, sondern im Schlafen. Schlafen, fröhlich sein, durch die Wohnung tanzen, das Chaos wohlwollend belächeln.
Keine Überforderung. Auch keine Überforderung mit diesem Blog oder dem 28-Tage-Content Experiment. Ich bleibe gelassen und freue mich über den Input, der kommt. Ab und an sagt jemand in meinem Umfeld, ich könne doch mal den Stern abhängen – im übertragenen Sinne natürlich – und ich nicke dann und weiß, dass es wirklich an der Zeit ist. Umsetzen tue ich dann aber erst – wenn da Platz ist an diesem großen Fenster, dass jetzt so leer wirkt, weil ich den Stern abgehängt habe.
Ich muss erst Platz schaffen! Und ich kann erst Platz schaffen, wenn ich spüre, dass ich Platz brauche. Und an der hinteren Stelle dieses Satzes darf ich mich endlich mal selbst austricksen. So wie ich jetzt täglich schreibe und beginne, mich daran zu gewöhnen, so darf ich auch andere Routinen in mein Leben holen. 10 Minuten zu einem Thema lernen, jeden Tag, zum Beispiel. 10 Minuten zum Thema WordPress zum Beispiel. Einen Blog haben ist toll. Zu verstehen, was dafür wirklich wichtig ist, ist toller.
Ich komme immer wieder und quasi täglich zu dem Fazit, dass ich mehr Ordnung, mehr Tagesstruktur brauche. Feste Rituale, die ich so oft wiederhole, dass sie auch funktionieren, wenn ich nicht über sie nachdenke. Die klar sind. So klar wie, dass ich morgens erst mal einen Kaffee koche. Da käme ich auch nicht auf die Idee, einen Stern abzuhängen.
Bleibt, sich das immer wieder vor Augen zu führen. Ich will keine vertrockneten Tannenbäume mehr im Sommer vom Balkon kehren!
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