Tag 14

Fast möchte ich schreiben, Hallo, liebes Tagebuch … und dann ganz viele Zeilen frei lassen, weil ich gar nicht weiß, was ich meinem Tagebuch schreiben möchte. Außer, dass ich einen langen Tag hatte und müde bin. Dabei komme ich mir ein wenig langweilig vor, weil mir ja jeden Tag müde ist, beziehungsweise ich jeden Tag müde bin.

Heute so müde, dass ich glatt verschlafen habe. Zum Glück kann ich mich schnell auf neue Gegebenheiten einstellen. Ich bin tatsächlich flexibel.

Mein Wunsch nach mehr Planbarkeit meines Alltages und mehr Routinen ist ja ein schöner Wunsch. Eventuell ist er aber nicht viel mehr als das … Ich orientiere mich stark daran, wie es Andere machen und gehe irgendwie davon aus, dass die Anderen es ja in jedem Fall richtig machen. Wie komme ich nur darauf? Nur, weil X und Y jeden Tag einen Plan haben und streng nach Plan aufstehen, essen oder Sport treiben, heißt das doch nicht, dass das der richtige Weg ist. Und man nur so die Glückseligkeit erreichen kann. Vielleicht ist das ihr Weg – und meiner ist ein ganz anderer?

Die Anregung kam am Sonntag von einer MitLernenden, mit der ich über meinen Mangel an Organisationskraft gesprochen habe. In Bezug auf Essen bzw. Nahrungsmittelbeschaffung. Ich gehe fast täglich irgendwo irgendwas einkaufen. Immer so auf dem Weg. Dies, das, Ananas. Irgendwas fehlt ja immer.
Mir ist bewusst, dass andere das anders machen. Die planen ihr Essen im voraus, wissen genau, wie viel sie von was brauchen ODER wo es die besten Angebote gibt, und dann gehen die auch nur einmal groß einkaufen und dann vielleicht noch zweimal zum Bäcker. Etwas in der Art. Dieses optimierte Kochen und Einkaufen bewundere ich schon seit Jahren. Das stelle ich mir toll vor!

Die MitLernende meinte, ja, fein, das ist dann deren Weg, das heißt doch aber nicht, dass der Weg für dich auch gut ist. Wie machst du es denn? Und dann habe ich erzählt, dass ich meist täglich einkaufe. Weil mir immer noch was einfällt. Weil ein Kind dann doch mittags in der Schule isst. Oder daheim ist. Weil jemand krank wird. Weil eine Veranstaltung dazwischen kommt. Weil wir alle Hunger haben auf X und nur Y im Haus ist. Weil ich verschlafe morgens und es dann halt doch Toastbrot gibt. Was weiß ich. Irgendwas ist immer. Es ist auch schon seit Jahren immer irgendwas, ich weiß gar nicht, wie ich das schon seit Jahren manage.

Ich bin jetzt seit 26 Jahren dafür verantwortlich, dass meine Schutzbefohlenen gut und günstig essen. Gut war immer wichtig. Günstig war noch nie so wichtig wie heute, wo alles drei mal so viel kostet wie früher …

Ich wundere mich ab und an, wie ich das damals eigentlich geschafft habe mit den Kindern und den Kosten, Haushalt, Einkaufen, Alles halt. Dann fällt mir ein – die Butter hat deutlich weniger gekostet … Und nicht nur die Butter.

In meiner Welt stelle ich mir vor, dass es viel günstiger ist, wenn man einen sinnvollen Plan hat und nach dem Einkaufen geht. Keine Sonderlocken, kein “ach, das sieht aber lecker aus” und auch sonst keine Versuchungen, denen man nachgibt. Das spart sicherlich Geld. Und auch Zeit, weil man halt nicht täglich im Laden steht.

Andererseits – ist das Gemüse frischer, wenn ich es frisch kaufe. Jedenfalls bilde ich mir das ein.

Was ich aber eigentlich sagen wollte, war, der Impuls meiner Gesprächspartnerin, die sagte: wenn das dein Weg ist und gut klappt, warum willst du das denn ändern? Du bist ja nicht die Anderen. Die Anderen machen es wie X und du machst halt – wie Y. Wie es für dich passt. Gehst du denn gerne einkaufen?

Und ich gebe zu, ich gehe gerne einkaufen. Und ich mache auch gerne kurzfristige Pläne. Ich bin wirklich flexibel, mir wirfst du den Tagesplan um, und dann mache ich halt spontan einen neuen Plan. Auch im Job – heute kamen zwei Termine dazu, haben sich einfach in mein Arbeiten geschoben, und dann baue ich um und es stresst mich nicht. Das ist dann so. Flexibel bleiben in der Situation, ich bin eventuell einfach keine Planerin. Ich kann mich in die Richtung dehnen und mir ein paar Tipps an die Hand geben lassen. Aber im Grunde bin ich halt – eher Typ Chaos.

Das sieht man auch im Haushalt, der ist auch Typ Chaos. Und ab und an schäme ich mich dafür, dass es chaotisch ist. Weil doch alle Anderen so ordentlich sind.

Ich bin schon ganz schön bescheuert, dass ich “den Anderen” – wer auch immer das sein mag – so viel Gutes zuspreche und meine Prozesse so abwerte. Weil. Ich nicht ordentlich bin. Ich täglich einkaufen gehe, weil doch wieder der Kiri aufgegessen wurde oder ich keinen Speisequark für mein Frühstück habe. Das geht nämlich nicht. Speisequark mit Honig oder Marmelade darf es schon sein für mich.

Ich darf zufrieden sein damit, dass ich so bin, wie ich bin. Die Spontane. Die Unordentliche. Die am Ende doch alle satt am Tisch sitzen hat!

So. Das dazu. Mehr – will auch mir heute nicht aus den Finger fließen. Mein Tag war voller Impulse, voller Planänderungen, voller tiefer Gespräche und voller Freude. Ich habe wenig konkret erledigt, sondern eher so weiche Themen angefasst. Das – gehört auch zu meinem Job und das – kann ich ganz intuitiv und sehr gut. Dafür kann man auch keinen Plan machen. Man kann eventuell noch geplant mit Menschen ins Gespräch gehen, weil man einen Termin vereinbart hat, an dem man sich sieht. Dann aber – ist es Magie. Wie es immer Magie ist, wenn Menschen miteinander sind. Egal, ob sie Planer sind oder Chaoten oder andere Anteile in sich tragen. Die Magie der Kommunikation lässt sich nicht planen.

Ich darf Abschied nehmen von der Annahme, dass alle Menschen, die ihren Tag gut planen können, automatisch ein glückliches Leben führen. Vielleicht wünschen gerade diese Menschen sich ein wenig mehr Spontanität in ihrem Leben – wer weiß? Und dann kann man das trainieren. So wie ich die Routinen und die Planung übe. Immer wieder. Ein wenig Plan tut nämlich auch mir gut.

Tatsächlich schreibe ich jetzt jeden Tag einen Tagesplan, handschriftlich, mit den Themen, die erledigt werden müssen. Einkaufen steht meistens auch mit auf dem Zettel 😉

Jetzt steht da – Schlafen gehen!

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