Tag 9

VorFreude! Ich freue mich auf meine Schreib-Zeit. Mein Sohn fragte eben, wann hast du Zeit? Halb Neun? Ich nicke. Er sagt – gut, dann mache ich jetzt Deutsch fertig und dusche und dann sehen wir uns. Ja – dann sehen wir uns! Jetzt sehe ich – mich. An der Tastatur. Grinsend. Schreibend. Entspannt.

Korrektur lesen

Noch mache ich nicht das, was den Spontanen geraten wird. Danach den Text in Ruhe zu bearbeiten, eventuell eine Struktur zu geben, Füllwörter entfernen, Absätze, Überschriften, all das. Einige Überschriften setze ich jetzt einfach direkt, das funktioniert schon ganz gut für mich. Anderes – will noch nicht so recht, oder sagen wir, aktuell fehlt, ihr ahnt es schon – die Zeit.
*kichert*
Ich kichere, weil sie nur an den Luxusstellen fehlt. Alles wirklich Wichtige ist geframt. Im Rahmen. Im Zeitrahmen. Einen Text zu überarbeiten ist – nicht wirklich wichtig in meinem Leben, das ich so lebe, wie ich es leben will. Ein geregeltes Leben ist das nicht. Wahrhaftig nicht. Im Gründe müsste ich laufend Korrektur lesen. In meinem Leben.

Bewerbung

Ich erinnere mich an letztes Jahr. Eine gute Bekannte, eventuell auf dem Weg zur Freundin, hatte angeboten, meine Bewerbung gegenzulesen. Ich weiß, dass ich eine ziemlich gute Bewerbung habe, sie wurde auch von einem Freund, der als Recruiter arbeitet, gelobt. Die Bewerbung ist, soweit man das von Bewerbungen sagen kann, fröhlich. Mutig. Und in den Augen besagter Bekannter einfach nicht gut genug für KI. Sie wünschte sich mehr Schminke. Dabei laufe ich immer ungeschminkt durch die Welt, maximal pudere ich mein Gesicht und nutze ein Lipgloss. Thats it. Rauchige Augen, Rouge, Lippenstift. Ne. Nie. Auch keine Mascara. Ich bin gerne pur.

Pur ist auch meine Bewerbung. Ich übertitele mich nicht. Eventuell könnte ich da wirklich mehr Gas geben und vermutlich steht mir mein “Expertinnen-Mindset” ein wenig im Weg. Das kann sein.

Jobsuchend

Letzten Sommer hatte ich einiges an Veränderung in meinem Leben. Vor allem war ich auf der Suche nach einem tieferen Sinn im Arbeiten. Ich kam aus der Kaltakquise und hatte Frostbeulen auf den Stimmbändern. Ich wollte so nicht mehr arbeiten. Wie ich arbeiten wollte, das wusste ich allerdings auch nicht. Es war ein wenig wie hier, mit meinen Themen, meinenm Blog, meinem WHY.

Es war dabei auch ein WHAT: Ganz viel What?? war es, nachdem meine Bekannte sagte, dass sie meine Bewerbung mag, aber.
Aber, so wird das nichts. Wenn du in einer gehobenen Position mit Verantwortung arbeiten willst, dann brauchst du ein anderes Wording. So stellt dich niemand ein. Das kannst du doch besser!

Sie hat das gut gemeint. Sie kannte mich nicht gut genug, um einschätzen zu können, was das bei mir auslöst. Zum einen – Abwehr – und zum anderen – endlose Spirale im Expertin sein –
Ich wusste nicht mehr, welchen Job suche ich denn? Bin ich qualifiziert genug? Was kann ich anders schreiben? Will ich das anders schreiben? Oder will ich es einfach so schreiben, wie es ist, weil ich so bin, wie ich bin?

Ist das Faulheit oder Unsicherheit? Oder Beides? Und kann eventuell Beides weg??

Jobfindend

Ihr Feedback hat mich noch weiter nach hinten geworfen. Ich wusste, ich will kein gepimptes wording. Ich will nur sein, wie ich bin – und wer das nicht will, hat Pech gehabt.
Zwei Bewerbungen habe ich mit diesen Unterlagen verschickt, ohne etwas zu verändern. Eine Absage. Ein Vorstellungsgespräch. Aus diesem Vorstellungsgespräch ein Jobangebot. Allerdings – ist es dieser Job gar nicht geworden, weil –

Mein Job mich gefunden hat. Mein Netzwerk aktiv wurde. Mein heutiger Chef schnell und direkt reagierte. Er wollte nicht mal meine Bewerbung sehen. Wir kannten uns schon, aus einem früheren Leben, ich kannte auch die Firma schon. Ein Thema für einen nächsten Post, ein “man sieht sich immer zweimal im Leben”. Hier war es Magie. Sie ging auch von Worten aus. Allerdings nicht von denen in meiner Bewerbung.

Bin ich Feedback-Fähig??

Kann ich Feedback als Entwicklungshilfe annehmen und auf die Straße bringen? Kann ich meine Worte optimieren und meine Texte anpassen, für eine gute Lesbarkeit? Kann ich meine Themen besser herausarbeiten und will ich das überhaupt? Wie gehe ich mit all den Themen um, dem Mehrwert, dem “was willst du mir eigentlich damit sagen?” Will ich Ratgeberin sein oder eher Geschichtenerzählerin? Und wenn ich Geschichtenerzählerin sein will, welchen Rahmen darf ich meinen Geschichten geben? Wie kann ich sie gut auf die Reise schicken?

Im Sommer war ich, in Bezug auf meine Bewerbungsunterlagen, nicht fähig, das Feedback neutral anzunehmen. Ich war verletzt, verunsichert und ein wenig wütend. Wütend war ich, weil ich gemerkt habe, dass ich verletzt und verunsichert bin. Das hat mich natürlich nachdenklich gemacht. Ich mag vieles sein, eines bin ich in jedem Fall – sehr selbstreflektiert.

Das Feedback der Anderen

Heute habe ich – auch Feedback bekommen. Eine Menge Feedback. Auch zu meinem Schreiben, aber nur von der Nutzerseite, nicht von Seiten anderer Schreiber, die wissen, was sie tun.
Ich bin jetzt seit 2 Monaten in der Firma, die mich gefunden hat 😉
Ich bin auch hier oft unsicher, weil. Unsicherheit noch ein Thema bei mir ist. Interessanterweise werde ich so gar nicht wahrgenommen. Ich bin – eine Heldin! Ich wurde gelobt, für meine schnelle Auffassungs- und Umsetzungsgabe, meine Fröhlichkeit, für die Motivation, die ich ins Team und in die Firma trage, für mein Geschick im Umgang mit Menschen und vor allem – für meine emotionale Intelligenz. Ich nehme sehr viel wahr. Oft das, was niemand sagt. Das Unausgesprochene. Und ich gehe mit diesem Unausgesprochenen vorsichtig um, da ich von mir selbst weiß, wie schnell ein Sehen zur Katastrophe führen kann.

Dieses sehr deutliche Feedback, dass ich heute bekommen habe, ist schriftlich festgehalten, in vielen bunten Post-Its auf einem Miroboard. Ich werde mir das ausdrucken. Post-It für Post-It. Ich mache Magneten daraus, die ich mir an den Kühlschrank hänge. Ich will das vor Augen haben. Das geilste Feedback, dass ich je in einer Firma bekommen habe, vom Team und von meinem Chef.

Es ist wie ein Bad in einer heißen Quelle oder wie eingekuschelt unter einer warmen Decke zu liegen. Es ist unfassbar schön! Und es hebt mich, gibt mir Wind unter die Flügel, macht mich groß. Und mutig. Ich ändere meine Worte nicht. Auch nicht in meiner Bewerbung. Ich habe mich nie an alle Normen gehalten und bin immer Wege gegangen, die unüblich waren. Ich wünsche mir für mich deutlich mehr Mut, das auch weiterhin zu tun. Wenn ich ich bin, bin ich wirklich wunderbar! Wenn ich sein möchte, wie die KI mich gut finden kann, dann – bin ich austauschbar.

Ich bin laut, schräg, wortgewaltig, unübersichtlich und hasse Seo. Seht es mir nach. Ich komme auch irgendwann an. Irgendwo. Das Leben wird mich finden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert