Heute habe ich ausnahmsweise zuerst bei Linkedin laut gedacht – da habe ich schon länger nicht mehr geschrieben, gut vier Wochen oder so. Das kommt eher in Wellen – da ich bevorzugt über mich selbst schreibe, landet mein Gedankengut meist einfach in meinem Blog. Das ist auch gut so, hier bin ich ja zuhause! Auf Linkedin schaue ich sehr genau, was ich veröffentliche. Es steht auch immer direkt im Bezug zu meinem Job, umso gedankenvoller bin ich an der Stelle.
Was ich heute bei Linkedin geteilt habe, sind Gedanken über mein Sprechen. Über, mit und vor Menschen. Den Text werde ich später noch in meinen Blog teilen, glaube ich. Erstmal will ich gerne weiter auf diesem „über“, „mit“ und „vor“ herumdenken.
in meiner VORstellung
In meiner Vorstellung blockiere ich, bevor ich auf die Bühne gehe. Ich sehe mich quasi neben mir stehend. Eventuell auch stolpernd, über ein Kabel, über meine Füße, über die letzte Stufe –
Ich habe schon so oft auf einer Bühne gestanden. Nachdem der Künstler, die Künstlerin die Bühne verlassen hat. Ich habe schon so oft dieses Ziehen gespürt, dieses „Hin zu“. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen. Also, nachdem. Nach dem Konzert, um die Kabel aufzurollen und das Licht abzubauen.
In meiner Vorstellung kann ich Geige spielen. Ganz großartig Geige spielen. In einem meiner alten Tagträume fällt eine Musikerin beim Konzert aus – und ich springe ganz locker ein. Laufe locker durch den Zuschauerraum, mit der Geige am Hals, und klettere spielend auf die Bühne. Ich rocke die Show. Selbstverständlich. Leicht. Als sei es das normalste der Welt.
Funfact, ich kann keinen Meter Geige spielen! Wollte es aber mit 12 oder 13 Jahren dringend lernen.
Ich habe ähnliche Tagträume mit meiner Stimme, die singend unterstützt. Dabei würde ich mich eher erschießen, als ernsthaft auf einer Bühne zu singen. Die Frage ist – warum? Weil, im Gegensatz zu der Geige kann ich das mit dem Singen ganz gut. Da ist Stimme. Warum erhebe ich sie nicht?
Vor was habe ich Angst?
Davor, nicht gut genug zu sein.
Jemand könnte mich was fragen, und ich hätte nichts Schlaues zu antworten.
Ich erinnere einen kleinen Shitstorm bei Claudia Schiffer, viele Jahre her. Ihr wurde eine politische Frage gestellt, sie hatte keine passende Antwort. Das Gelächter in den Nachrichten war groß. Alle Welt, jedenfalls alle Welt in Deutschland, machte sich über sie lustig. Es war der Beweis dafür, dass Models halt doch dumm sind.
Nein, ein Model wollte ich wirklich nie werden! Ganz großes Ehrenwort!
Aber ich werde das nicht vergessen. Dieses Lachen über Claudia Schiffer. Die mit Sicherheit keinen Meter dumm ist. Sie hat mir damals leid getan. Und es hat mich sehr geprägt. Der Gedanke, dass mir das passieren könnte (also, nicht, dass ich ein Model bin, sondern dass ich etwas Politisches gefragt werden könnte), hat mich direkt verstummen lassen. Noch bevor ich wahrlich etwas zu sagen gehabt hätte. Weil – ich habe keine Ahnung von Politik. Oder von Wirtschaft. Wirklich nicht. Ähnlich wie vom modeln. Ich bin da dumm.
Natürlich hätte ich das lernen können. Heute weiß ich, dass ich Lernen theoretisch ganz gut kann. Damals hatte ich etliche schulische Erfahrungen mit dem Thema, die mir vermittelt haben, dass ich zu dumm zum Lernen bin. Das zum einen.
Zusätzlich interessiert es mich auch einen alten Furz. Also, Null. Politik ist verlogen bis zum Anschlag. Auf Lügen reagiere ich unsicher, damit finde ich mich nicht zurecht. Ich weiß dann nicht, was kann ich glauben, was nicht, das stört mich massiv im Denken. Also, Politik ist durch. Machtspiele auch. Und Wirtschaft ist so schrecklich komplex. Ich finde Singen, Tanzen, Geige spielen und alles, was mit dem menschlichen Körper zu tun hat, viel spannender. Auch Atome sind spannender als die Wirtschaft. Oder Chemie. Oder Quantenphysik.
Ihr seht schon. Alles nicht so einfach mit mir. Über was wollte ich sprechen??
Über die Bühne!
Über die Bühne wollte ich sprechen. Über meine Sehnsucht. Nach der Bühne. Nach der Selbstdarstellung. Nach dem Sein. Mit oder ohne Geige.
Aus Angst, jemand könne merken, dass ich ziemlich dumm bin, habe ich mich nur neben die Bühne gestellt. Alles Talent abgeschaltet. Ich stand sogar hinter dem Followspot beim Zirkus, und habe andere Talente ausgeleuchtet. Das hat tatsächlich viel Spaß gemacht.
Nur mich selbst, bitte. Das ist doch nicht nötig. Ich brauche keine Festtagsbeleuchtung. Das ist doch nichts, was ich kann.
Aha.
Okay, eigentlich wollte ich nur den Post von heute auf Linkedin mit euch teilen. Das ist irgendwie schiefgegangen und jetzt überlege ich, ob ich Geige spielen will. Da haben wir den Salat. Morgen schreibe ich nochmal über was anderes. Über das über, das mit und das vor.
Gestern stand ich fast auf einer Bühne. Also, immerhin vor Menschen. Ich habe zwei Minuten frei gesprochen, in Englisch, über die Konferenz, um die sich bei mir aktuell alles dreht. Einen Pitch. Auf einem Meetup. Vor fremden Menschen. Im Vorfeld war ich so aufgeregt, dass man hätte meinen können, ich halte die Neujahrsansprache im Fernsehen.
Tatsächlich habe ich große Angst vor der Bühne. Dafür ist mir das gestern erstaunlich leicht gefallen – es fühlt sich so an, als wolle ich das wiederholen. Eventuell sollte ich parallel Politik und Wirtschaft studieren –
Ich will mich öfter Vorstellen. Ich kann mir vorstellen. Ich kann mir vorstellen, dass ich eine Leuchte bin! Gar nicht so dumm. Diese alten Prägungen aus der Kindheit, das stört mich, dass genau diese Dinge immer so hart ausgeleuchtet sind. Das ist, wie, in einer Umkleidekabine mit bösem Licht zu stehen, mit unrasierten Beinen und käseweiß, und einen Bikini anzuprobieren. Haha. Spot aus!
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