Es gibt so vieles, von dem ich sage – dass ich es nicht kann. Rolle rückwärts, Handstand, tiefe Hocke, um nur ein paar wenige Dinge aus dem sportlichen Bereich zu nennen. Auch ein Rad schlagen oder ein Flic-Flac gehören nicht zu den Übungen, die ich auch nur jemals im Ansatz auf die Reihe gebracht hätte.
Kein am Seil hochklettern im Unterricht, kein Balancieren auf dem Schwebebalken und auch kein Durchhocken über den Kasten.
Mir wurde früh gesagt, dass ich sehr unsportlich bin, und ich habe früh gelernt, zu glauben, was man mir sagt. Und es demnach auch nie nie nie in Frage zu stellen.
Ich bin unsportlich. Ich kann nicht singen. Ich bin ungeschickt. Diese und andere Annahmen dessen, was ich kann oder nicht kann, wo ich „UN“ bin, hat wohl Jede und Jeder von uns. Allein, was wir daraus machen, unterscheidet uns. Es gibt Menschen, denen sagt man, du bist un-dies oder un-das. Und dann gehen die los und beweisen elegant das Gegenteil. Knien sich richtig rein, um sich und der Welt zu zeigen – ICH KANN –
Es gibt auch Menschen, die ähnliches hören und – gar nichts tun – du glaubst nicht an mich? Das trifft sich gut, ich glaube auch nicht an mich …
Ich habe eine annehmende Persönlichkeit. Ich nehme immer gerne an, dass das, was im negativen über mich gesagt oder gedacht wird, der Wahrheit entspricht. Ich mich verbessern darf. Immer, täglich, durchgehend. Das erschöpft mich schon beim Denken, und ich bleibe einfach auf der Stelle stehen. Annehmbar ist diese Situation nicht …
Ich habe schon das ein oder andere mal verwundert und bewundernd zu der anderen Gruppe von Menschen rüber gesehen und mich gefragt, wie um alles in der Welt kommen die denn ins Tun? Wie kann es sein, dass die es einfach machen? Sich selbst beweisen, dass sie können? Egal was es ist? Warum kann ich nicht morgens aufstehen und sagen, jawohl, jetzt lege ich los. Ich mache einen Plan und trainiere jeden Tag, bis ich zum Beispiel in die tiefe Hocke komme. Das hatte ich mir vergangene Woche vorgenommen und das kann ich auch daheim üben. Es braucht keine Mutter-Kind-Kur dafür …
Und wie ist es in echt? In echt stehe ich da und nehme an, dass ich jemand brauche, der mir jeden Tag einen Plan schreibt. Ein HOW TO GET IN ACTION.
How to get in action ist die Hauptfrage. Ich sehe mich noch, Grundschule, Sportunterricht, und ich sitze unten auf dem Knoten von dem Seil, an dem alle anderen wie kleine Affen hinaufklettern. Ich sehe, wie die Technik dahinter funktioniert. Und ich wende sie nicht an. Ich kann einfach nicht. Ich bin viel zu schwer, viel zu ungelenkig, ich habe keine Kraft und ich bin halt einfach unsportlich.
Der Lehrer sagt das auch. Alle Anstrengungen sind sowieso sinnlos, da kann ich das auch gleich lassen und bleibe auf dem Knoten sitzen. Höre dem Lachen zu. Man lacht über mich. Auch daran kann man sich gewöhnen …
Ich bin mein eigenes Opfer. Ich weiß ganz genau, was ich will. Was ich kann. Was ich erwarte. Und dann bleibe ich sitzen, auf diesem Knoten im Seil, und tue – nichts von all dem. Das bin ich so gewohnt, habe es über viele Jahre meines Lebens gelernt. Es ist abgespeichert. Ich verharre. Es ist auch nicht so wichtig, ob man ein Seil hinaufklettern oder ein Rad schlagen kann. Ich habe sehr gut überlebt all die Jahre, ohne auffallend sportlich zu sein.
Da kann ich auch gut und gerne so weiter machen!
Kann ich das? Wirklich? Ich kann ja schon einiges, reden, singen, tanzen, schreiben, aber eines kann ich in keinem Fall. Weiter sitzen bleiben. Ich kann nicht noch länger weiter unten auf dem Knoten sitzen bleiben. Es ist wirklich an der Zeit, dass ich mich bewege. Die Aussicht ist seit Jahren immer die Gleiche. Alle anderen kommen weiter, kommen ins Tun, üben, bis sie es schaffen – was hindert mich daran, es ihnen gleich zu tun? Ich kann mir sogar das ein oder andere abschauen, lang genug habe ich sie ja beobachtet …
Man lernt auch durch Beobachtung. Erste Stufe! Ich stehe immer noch auf der ersten Stufe des Lernens. Ich beobachte. Es wäre schön, ich käme dann jetzt in Stufe zwei. Nachahmung.
Om.
Diese Glaubenssätze, die einen so unbeweglich machen. Die einen verzweifelt auf dem Knoten sitzen lassen. Es gibt so viele davon und ich habe oft die Sorge, dass ich sie unbewusst an meine Kinder weitergebe. Ich möchte nicht, dass die auf den Knoten im Leben sitzen bleiben. Ich möchte dass sie sie lösen oder im Zweifel nutzen, um sich abzustoßen und hoch zu klettern …
Wenn ich will, dass meine Kinder nicht Verharren, sondern tun. An sich glauben. Dann ist das der zweite gute Grund, endlich den Arsch hoch zu bekommen und sich der Aufgabe zu stellen. Klettern. Wachsen. An mich glauben.
Möge die Übung gelingen!
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