war das geplant?

Du schiebst entspannt deinen Kinderwagen durch den Park, lächelst, erst mit dem Baby, dann mit den Menschen, die dir entgegen kommen. Dein Baby schläft ein und du setzt dich auf eine Bank und liest in einem Buch. Optimalerweise. Eventuell schaust du auch auf dein Smartphone …

Kurzer Reminder, ich sehe kaum noch Mütter oder Väter einfach so lächelnd durch den Park laufen. Meist laufen sie und schauen aufs Handy. Kleiner Tipp: lass das! Dein Kind kann dich sehen. Ja, vielleicht nicht in den ersten drei Monaten, dennoch, fühlen kann es das dennoch! Deine Aufmerksamkeit schenkst du bitte dem Kind. Der Umgebung. Dir. Nicht deinem Smartphone …
Das aber nur am Rande erwähnt. Dafür haben wir das doch nicht geplant, oder?

Zurück zur Bank. Du sitzt da also, dein Baby schläft, die Sonne scheint, und du überlegst, Mist, warum schläft das Baby denn nicht DAHEIM? Du hättest noch die Wäsche zu machen, das Klo zu putzen oder Essen zu kochen … Aber naja. Jetzt schläft es halt im Kinderwagen, auch okay, dann kannst du immerhin ganz entspannt lesen! Und ich schwöre dir, das macht den Unterschied am Ende deines Tages, an dem du immer noch Kraft haben wirst. Weil du eine Pause gemacht hast.

Es sei denn! Es sei denn, es setzt sich jemand neben dich. Schaut in den Kinderwagen. Ist entzückt und begeistert und fragt dich dann: War das geplant?

Ja, was denn? Dass du auf der Bank sitzt und liest? Dass das Baby einfach im Kinderwagen eingeschlafen ist? Dass es dieser Kinderwagen geworden ist, oder eher, ob der Inhalt geplant war? Ist das ein Angriff? Musst du dich rechtfertigen? Oder sind Menschen einfach nur neugierig? Und ist das nicht übergriffig? Ich frage ja auch nicht, Hey, war das geplant, sich zu mir zu setzen und meine Pause zu stören? Mit doofen Fragen darüber, OB DAS GEPLANT WAR?

Und falls es geplant war, kommt dann gerne: “Ja, aber in diese Welt noch Kinder setzen! Es ist doch alles so unsicher und wir sind ja auch viel zu viele Menschen auf diesem Planeten!”
Und: viel zu viele Menschen auf dieser Parkbank!!

Falls es nicht geplant war, kommt dann gerne: “Ja, aber wie unverantwortlich ist das denn! Das ist doch eine weitreichende Entscheidung, da muss man sich doch vorher mal Gedanken machen!”
Meine Gedanken dazu: schnell heim!

War das so geplant?

Ne. Nicht wirklich. Ich wollte gar keine Kinder. Jedenfalls. Dachte ich das. Und dann kam es anders. Wie so oft im Leben – Überraschung!

Ist das unverantwortlich? Ist das riskant? Ist das bescheuert? Und ist es besser, geplant Eltern zu werden? Wenn ja – warum ist das besser? Bedeutet es, dass man ernsthafter an die Sache herangeht? Sich seiner Verantwortung mehr bewusst ist? Als Paar zusammenbleibt? Ungeplant geplant, gildet das auch?
Gibt es diese Fraktionen wirklich? Also – hier die geplant liebevoll gewollten Eltern, dort die ungeplant überforderten ungewollten Eltern?

Ah, mein Stichwort. Ungewollt. Kenne ich!!

Meine Mutter fragte damals, als K1 noch ein Babymann war, warum ich ihn denn bekommen habe. Ob das geplant war? Oder ob ich einfach testen wollte, ob ich Kinder bekommen kann?

Tja, gute Frage. Der erste Teil der Frage wurde mir im Kontext von insgesamt fünf Kindern an unterschiedlichen Stellen immer mal wieder gestellt. War das geplant?

Ganz ehrlich? Nein. Und ich wollte auch nicht testen, ob ich Kinder bekommen kann. Das wäre auch irgendwie dämlich, oder?
Jedenfalls, ich kann sagen, ich bin völlig unverplant ins Muttersein gestolpert. Ich war 22 Jahre alt und hatte so ziemlich gar nichts geplant damals. Nicht mal, was ich aus meinem Leben machen will. Ich war beim Zirkus als Kassenleitung und bin durch Deutschland und Belgien getourt. Habe in einem Wohnwagen gelebt. War verknallt in diesen einen Mitarbeiter, der hauptberuflich Popcorn gemacht hat. Ja, verrückt, nicht wahr?

Beruflich hatte ich vorher gerade den Wechsel in eine neue Agentur gewagt und bin von Darmstadt nach München gezogen, um nach einem Monat schon festzustellen – falsche Stelle. Das geht hier nicht weiter. Also brauchte ich einen neuen Job. Aus drei Optionen habe ich mir den Zirkus ausgesucht. Das klang aufregend, unterwegs zu sein. Und beim Zirkus nahm das mit dem Popcornmann seinen Lauf.

Heute ist mein Sohn 27 Jahre alt und Richter auf Probe am Amtsgericht Frankfurt. Stimmen sagen, dass das auch mein Verdienst sei. Weil. Keine Ahnung, ob das mein Verdienst ist. Aber eventuell kann es sein, dass es gar nicht so schlimm ist, dass ich ihn ungeplant in mein Leben eingeladen habe. Seit er da ist, habe ich endlich einen Auftrag. Es ist nicht mehr “hach, heute stehe ich auf. oder auch nicht”. Auf einmal ist da eine Richtung. Und eine Schönheit in der Verantwortung. Verantwortung im Job, ja. Klar. Weitergehen.

Verantwortung für einen Menschen, ja. Klar. Wahnsinn und Wunderbar!

Ob ich das geplant habe? Wie soll man das denn planen? Wie kann man diese Liebe, dieses Glück, dieses volle Herz, die Freude, den Wahnsinn und die Leichtigkeit, wie kann man das denn planen? Man kann sich das vielleicht versuchen, vorzustellen. Theoretisch. Wie es ist, ein Kind zu haben. Und da hört es dann auch schon auf.

Wie es wirklich ist. Das wissen wir dann. Und nein, es ist nicht jeden Tag Wunschkonzert mit Himbeeren auf Sahne. Es ist auch lehmverkrusteter Dreck, der die Waschmaschine blockiert. Oder Vogelscheisse auf dem Türgriff vom Auto. Oder Menschen auf Parkbänken, die einen fragen: War das geplant?

Tipp: Wenn du mit Menschen ins Gespräch kommen willst, dann fang nicht an mit:
“Ich bin neugierig, war das geplant?”
Niemand interessiert, dass du neugierig bist. Also, ist toll. Ich bin auch sehr neugierig. Ich fange aber damit keine Sätze an. Sondern ich picke mir je nach Gegebenheit einen Gesprächsanker raus. Oder aber – ich halte die Klappe.

Eine Mutter sitzt auf einer Bank. Der Kinderwagen mit dem schlafenden Baby steht daneben. Sie liest. Und du sagst besser gar nichts! Auch nicht, dass das Baby zu viel Sonne abbekommt, dass es bestimmt zu heiß ist im Kinderwagen oder dass das Buch Scheiße ist. Halt einfach deine Klappe. Die Mutter auf der Bank bekommt ihr Leben schon ganz gut auf die Kette. Sie hat immerhin verstanden, dass eine Pause wunderbar ist für die ganze Familie.

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