übers Weinen habe ich schon letztens angefangen, zu schreiben. und dann war die Brille wieder dreckig und die Nase ganz rotzig und ich war ganz abgelenkt vom schreiben. wegen des Weinens. und dann – habe ich vergessen, über das Weinen zu schreiben.
Ich weine selten dieser Tage. Tatsächlich habe ich in den vergangenen Jahren deutlich mehr geweint. Es gab Tage, an denen habe ich gar nichts anderes getan. Das gruselt mich noch heute, vermutlich versuche ich daher, möglichst wenig zu weinen. Es könne ja wieder geschehen. Dass ich das so schön finde, dass ich gar nicht mehr aufhören will.
Ich erinnere ein Weinen, Anfang Dezember war das, 2017, im Parkhaus der Hugenottenhalle in Neu-Isenburg. Ich war so erschöpft, und ich wusste gar nicht so genau, von was. Und saß im Auto und konnte nicht zurück ins Büro fahren. Ich habe haltlos geweint. Ohne echten, trifftigen Grund. Einfach wegen Überfüllung der Seele.
Ich erinnere einen Tag im Oktober 2015, den ich auch weinend, allerdings im Bett, verbracht habe. Nach dem Vaterschaftstest, bei dem meinem Sohn und mir der Vater begegnete – um an meinem Sohn, 1 Monat alt, und mir, einfach vorbeizugehen. Mit purem Ekel im Gesicht. Ohne ein Wort. Es war vernichtend. Auch das Weinen, danach.
Auch schon davor gab es Momente mit schlechter Sicht. Weit vor 2015 oder 2017 – viele Tage bin ich aus dem Büro nach Hause gefahren, und saß weinend im Auto. Erschöpft, müde, weinend. Überfordert. Mir nicht bewusst, was los ist und warum es mir so schlecht geht. Mich selbst nicht verstehend.
Ich verbinde ein Maximum an Verzweiflung mit meinen Tränen. Daher weine ich nur zu ausgesuchten Veranstaltungen, wie, Kirchenkonzerten. Ich erinnere ein Konzert, 2006, in einer Kirche im Odenwald. Ich, schwanger mit K3, kurz vor seiner Geburt. Ich habe haltlos, mindestens 30 Minuten lang, geweint, eher schon geschluchzt, als der Chor gesungen hat. Und nein, so schlimm hat das gar nicht geklungen damals. Also, der Chor. Glaube ich.
Letztens weinte ich auch. Bei der Erstbehandlung meines Physiotherapeuten, als er mir die Hand aufs Mediastinum gelegt hat. Ich habe darüber geschrieben. Das Gefühl war grenzwertig. Mein Herzschlag unregelmässigte sich, meine Atmung ebenfalls, und die Tränen liefen. Einfach so.
Inzwischen weine ich nicht mehr bei der Behandlung, oder nur noch selten. Ich scheine gelöster, klarer geworden zu sein. Tatsächlich fällt mir seit ein paar Tagen immer mal auf, wie verspannt ich bin. Teilweise erwische ich mich dabei, dass meine Zunge komplett fest an den Gaumen gedrückt ist. Da gehört sie gar nicht hin. Sie sollte entspannt unten im Mund liegen … Dieses mich selbst dabei wahrnehmen ist neu. Ich fange an, zu realisieren, was da los ist. Mein Kiefer ist oft komplett angespannt. Als müsse ich mich durchbeißen, mich aushalten, alles aushalten. Oder als müsse ich mich zusammenreißen. Ganz dolle.
Was ich gerade will, ist, ein bisschen weinen. Weinen und in den Arm genommen werden, das will ich. Und zugedeckt werden. Einfach mal – traurig sein. Erschöpf sein. Müde sein. Nicht allein sein. Ausruhen. Mein Mediastinum öffnet sich, meine Verspannungen lassen nach und mit all dem – fließen die Tränen. Ich werde zur Heulsuse!
Ich wusste, dass es anstrengend wird für mich, an meinen Themen zu arbeiten. Es ist deutlich einfacher, NICHT an meinen Themen zu arbeiten. Es ist allerdings auch gar keine Option, NICHT an meinen Themen zu arbeiten. Also darf ich mich dem Gefühl wohl stellen. Und wenn das Gefühl mich weinen lässt. Dann. Sind das wohl meine Emotionen. Und die darf ich mir zeigen. Und da da niemand ist, der mich in den Arm nimmt – fange ich mit mir selbst an. Sieht idiotisch aus. Sich selbst in den Arm zu nehmen. Aber, hey, dann ist das halt so.
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