eins am

Klirren von fallenden Tellern, Gewirr von Stimmen, ein Summen kommt durchs geöffnete Fenster. Menschen, die miteinander sind. Schon wieder! Und ich, die ich überfordert bin. Es ist, wie ich es geahnt habe. Ich sitze hier. Und bin einsam.

Es trifft mich – wieder – mit voller Wucht. Kaum zu glauben, mit welcher Intensität ich fühle. Und –

Halt! Kaum zu glauben, ich fühle! Und zwar – mich – und auch – drängender, deutlicher, ehrlicher. Ich kann das nicht mehr verstecken – dass ich liebe – und auch nicht, dass ich einsam bin. Ich dachte, es sei wunderbar, alleine wegzufahren. War es nicht wunderbar, vor 7 Jahren, als ich das zum ersten Mal in meinem Leben tat? Alleine, wegfahren? Ich habe mich gefeiert!

Dabei – war ich gar nicht alleine. Ich hatte meinen 9 Monate alten Sohn dabei, den ich noch fast vollständig gestillt habe. Wir waren so eng verbunden, symbiotisch. Ich war das Gegenteil von alleine. Ich war gebraucht, ich liebte, ich war voller Emotionen. Es war ein leichtes, “alleine” wegzufahren. Ich war auch beschäftigt, es war kein “nichts tun”. Nichts tun ist für mich der letzte Rotz, auch das habe ich jetzt verstanden. Mein Wunsch, “nichts zu tun”, ist sehr seltsam. Ich will ganz viel tun! Und garantiert will ich nicht nichts tun.

Ich war also unterwegs, alleine, damals, mit Kind. Soweit man alleine ist, mit einem Säugling … Und das wollte ich letztes Jahr wiederholen, nur halt ohne Säugling. Und dann war es schwer. Es war verflucht schwer, letztes Jahr. Alles hat weg getan. Überall. Erst an Tag 2 und 3 wurde es langsam besser und mein Herz schlug etwas ruhiger.

Ob es hier ähnlich wird? Also, an Tag 3? Es wäre mir zu wünschen 🤔

Heute ist ja irgendwie – schon Tag 2. Ich bin gestern angekommen und habe noch einiges auf die Beine gestellt, war essen und spazieren, es zählt für mich als Tag 1.
Tag 2 war also heute, und er war ähnlich schwer wie im letzten Jahr. Nicht ganz so verzweifelt, weil ich inzwischen weiß, wer ich bin, und wie viele. Das wusste ich vergangenes Jahr noch nicht.

Dennoch sehe ich, dass ich an vielen Stellen immer noch vor mich hin strauchele. Kaum zu verhindern, dass ich falle. Ich habe noch nicht die Routinen gefunden, die mich wirklich halten. Die mich wirklich weiter bringen. Ich arbeite noch in die Vergangenheit. Mit dem Neubeleben eines Urlaubs, der vor 7 Jahre der Wahnsinn war und heute auch der Wahnsinn ist. Der Wahnsinn an Wahnsinn.

Ich – lese. Das ist toll.

Und – ich schreibe. Auch Liebesbriefe. Die Liebe, sie ist das, was mir gerade besonders intensiv fehlt. Sie ist Leichtigkeit, Zugehörigkeit, Verbundenheit. Ich will verbunden sein. Ich will mit verbundenen Augen vertrauen. Das tue ich! Nur – dass wir kein Liebespaar sind. Wir sind nur – Freunde. Blinde Freunde. Die sich erschrecken, wenn sie nebeneinander sitzen und ihre Beine sich berühren. Es ist schön. Und dennoch erschrecken wir, weil das so nicht sein sollte. Zu vertraut. So vertraut. Du bist schön, sogar, wenn du schrecklich müde bist. Was soll ich denn tun mit meinen Gefühlen? Sie singen doch in mir.

Das ist neu. Dass es in mir singt. Und du singst ja auch. Und ich höre dich. Und ich vermisse dich. Und ich sitze hier und weine, weil ich verdammt nochmal alleine in einem Hotelzimmer sitze und der Rest der Welt da draußen, der ist – vielleicht auch einsam, aber kann es besser verstecken.

Ich scheine in Urlaub gefahren zu sein, um zu weinen. Da habe ich ja daheim keinen Platz für. Bin viel zu beschäftigt, um mich so tief zu spüren. Haha. Ironie off.

Mir ist zudem schlecht, weil ich gut 100g Schokolade gegessen habe. Herzlichen Glückwunsch! Wie ich das wieder loswerde – also, diese zusätzlich verliebten Kalorien – weiß ich noch nicht. Ich muss wohl damit klarkommen, dass sie da sind. Und das beste aus ihnen machen. Im Zweifel, den Knopf offen lassen. Damit es mir nicht zu eng wird und ich ausreichend Luft zum Atmen bekomme.

Fakt ist – das hier ist der letzte Versuch, alleine in den Urlaub zu fahren. Ich will das nicht mehr. Das nächste Mal fahre ich mit Freunden weg. Oder buche eine geführte Wandertour quer durch die Alpen. Oder einen Töpferkurs. Irgendwas, wo klar ist, da sind auch andere Menschen. Ich will verdammt nochmal nicht mehr alleine sein.

Wie oft ich das in letzter Zeit formuliert habe, ich weiß es nicht. Es klingt sicherlich wie eine alte Schallplatte. MAL WIEDER. Die bleibt immer noch an immer derselben Stelle hängen. Inzwischen weiß ich, wie gut es mir tut, mit Menschen zu sein. Und immer noch ziehe ich mich auf ein Hotelzimmer zurück, um möglichst nicht unter Menschen zu sein. Ich wüsste auch nicht, wie. Ich kann mich ja schlecht zu anderen Menschen an den Tisch setzen? Ich könnte. Aber gerade kann ich nicht.

Absolut und gruselig.

Im Museum war ich vorhin noch – das war ganz okay, ich hatte mir mehr erwartet von der Ausstellung. Die Bilder haben eine große Ausstellung impliziert. Es war dann – eher klein. Ein paar schöne Bilder konnte ich machen.

Im Café war ich, spazieren war ich, gelesen habe ich, einen Liebeserklärung habe ich verfasst, Abendessen war ich, telefoniert habe ich. Und bei all dem – bin ich einsam. Oh Verdammt, über Monate war ich glücklich und zufrieden, alleine zu sein. Und jetzt kommt das mit so großer Macht. Was will mir das sagen? Was soll ich damit anfangen? Wie schaffe ich den Schritt raus, in ein bewegtes Leben in Gemeinschaft?

Ich bin seit der Depression nahezu immer alleine. Mit den Kindern. Maximal. Und ich war es zufrieden. Wo kommt jetzt diese Sehnsucht her?

Und wieso zieht es an meinem Herzen? Ich dachte, ich hätte das Gefühl hinter mir. Scheinbar liegt noch ganz viel Gefühl vor mir –

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