baked beans

mit Spiegelei. oder – Ravioli aus der Dose. oder – Fruchtquark mit Nektarinen. oder – Nudeln mit Schinken-Erbsen-Sahne Sauce. oft – baked beans mit Spiegelei.

Ein Anrufbeantworter auf dem Flur. Einer für Alle! 4 Zimmer, 1 kleines Bad mit Dusche, im Zimmer jeweils eine Kochecke. Ich glaube, es waren zwei Herdplatten. Baded Beans waren schnell gemacht. Topf, warm. Gingen auch kalt, ähnlich wie die Ravioli. Wichtig, einen Dosenöffner zu haben. Unten, im Keller – Waschmaschinen mit Waschmarken, oft ein kühles Sitzen und Warten. Wäsche aufhängen im Hinterhof. Ein erstes Erschrecken, an der Biotonne ein Hinweis, dass Orangen IM Netz nicht in die Biotonne gehören. Das Netz ist aus Plastik. Leichte Röte überzieht mein Gesicht, ich habe einen Fehler gemacht. Ohne darüber nachzudenken, in vollem Selbstverständnis, genau das richtige zu tun: habe ich das Netz mitsamt der Orangen weggeworfen. Ich schäme mich. Bei Fehlern wird mir warm und rot im Gesicht und ich schäme mich. Wie konnte ich das nicht wissen. Unangenehm.

4 Stockwerke. In jedem Stockwerk “echte” Wohnungen, WGs. Nur unter dem Dach gibt es keine Haustür, dafür 4 Türen zu 4 Zimmern. Auf eine Zimmertür hat jemand mit Lippenstift gemalt. Warum? Vermutlich ist es Kunst. Diese Tür ist selten abgeschlossen. Ich habe nie Angst, dass jemand kommen und mich holen könnte. Nur wenn ich weg bin, schließe ich ab.

Wir teilen uns Bad und Anrufbeantworter und manchmal auch Sorgen und Nöte. In einer Nacht ohne Schlüssel rufe ich den Schlüsseldienst, weil ich in keinem Fall bei meinem Nachbarn übernachten möchte. Auch wenn das in dem Fall günstiger gewesen wäre. Warum?

Das Zimmer, voll möbiliert. Dennoch – meins. Schrägdach, das Bett steht in der Schräge, 1,40m breit, ich liebe es, dort zu schlafen und bei Regen die Tropfen auf dem Fenster zu hören. Ich erinnere einen Tag in der Schule, an dem es geschüttet hat. Tonnenweise Wasser. Und ich wusste nicht, ist das Fenster zu – oder nicht? Es blieb nur, heim gehen und dankbar durchatmen, weil das Fenster doch geschlossen war.

Eine Zeitlang dient mir ein Einkaufswagen als Ablageplatz für – so ziemlich Alles. Mitten im Zimmer. Ich weiß nicht mehr, wie ich den in den 4. Stock bekommen habe? Betrunken war ich jedenfalls nicht, weil ich nie betrunken war. Lag daran, dass ich Alkohol nicht lecker fand und das ist mir bis heute geblieben. Stylisch habe ich mich weiterentwickelt, ich habe keinen Einkaufswagen mehr im Zimmer stehen. Auch habe ich inzwischen 4 Herdplatten und keine der Türen in meiner Wohnung ist mit Lippenstift bemalt. Allerdings hat K5 in seiner Kleinkindzeit so ziemlich jede Tür und jede Wand mit jedem Stift angemalt, den er finden konnte. Nur Lippenstift war keiner dabei 😉

Ich habe damals – gelebt, sehr intensiv. Ich habe nie nicht intensiv gelebt. Es war immer ein HIER UND JETZT. Im hier und jetzt habe ich oft baked beans gegessen, es war ein Seelentröster. baked beans und Spiegelei dazu. Ein Essen, bevor es Tanzen ging. Schnell, unkompliziert und auch gedankenvoll.

Heute erinnere ich einen Abend in dieser ersten Wohnung nach dem Internat. Es gab baked beans und Spiegelei und Philosophie. Ich wollte ausgehen, am späteren Abend, und tat das sicherlich auch. Den Vater meiner Kinder habe ich damals nicht kennengelernt. Ich tagträumte aber, dass ich mich eines Tages erinnern werde. Daran, dass ich an dem Tag, an dem ich dort saß und baked beans aß, dass an diesem Tag du entstandest, mein Kind.

Und ich mich erinnern würde, an diese Zeit, in der du in mein Leben kamst – und ich dir erzählen würde, wie das war, an diesem besonderen Abend.

Ich erinnere so deutlich, wie ich darüber nachdachte, wie es sein würde. Ein Kind zu haben. Baked beans zu essen, mit Spiegelei. Wie es uns gehen würde. Tatsächlich war es eine Sehnsucht, an diesem Abend. Wahrheit wurde es eine Zeit später. 4 Jahre, oder 5?

Heute abend habe ich baked beans mit Spiegelei gemacht. Mir war nach Nostalgie. Nach einer sanften Brise von Gefühlen, die aus der Vergangenheit herüberwehen. Alle frisch. Wie Frühling. Dieses Gefühl, dass ich damals hatte, an diesem Abend. Dass ich mich erinnern werde, wie es war. Ich erinnere, dass ich mich selbst albern fand, und auch das ist ein schönes Gefühl. Ein Kind war ich. Ein Kind wollte ich haben, für einen kurzen Moment an diesem Abend. Es fühlte sich romantisch an.

Heute vormittag habe ich geweint. Mir war nach Nostalgie. Eine Brise von Gefühlen, die aus der Gegenwart herüberwehen. Alle frisch. Wie Frühling. Sonnenschein, heute, den ganzen Tag. Meine Tochter probiert ihr Leben an. Ein Brautkleid ist so bezaubernd, so unerwartet und so sehr Ruf aus ihrer Kindheit in die Gegenwart, dass mir die Tränen kommen. Die Liebe ist so stark. Ein Leben, dass durch mich ist. So unfassbar großes Glück. So viele Erinnerungen an früher vermischen sich mit heute. Zeit, die vergangen ist. Gefühl, das bleibt.

Sie isst gerne baked beans und Ravioli aus der Dose. Ob sie genau dieses Kleid auswählen wird für die kirchliche Trauung, ich weiß es noch nicht. Vielleicht hat sie ein ganz anderes Kleid im Herzen. Ich trage jedenfalls diesen Moment, diese Erscheinung, wie sie aus der Umkleide kam, vorhin – meine Tochter. Wunderschön! Ich hätte es mir niemals schöner erträumen können, damals, mit 19 und mit baked beans in diesem möbilierten Zimmer unter dem Dach. Besondere Zeiten, damals wie heute.

Eine Antwort zu „baked beans“

  1. […] Entschuldige! Das ist ein wirklich wichtiges Thema! Schuld und ein Ente. Sich entschuldigen für Dinge, die ich anders mache als andere. Und das sind viele Dinge. Einkaufswagen in der Wohnung als Regal nutzen, Türen mit Lippenstift bemalen, baked beans aus der Dose essen, das sind nur ein paar Gedanken, die mir vorhin in diesem Beitrag kamen: baked beans […]

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