Re: Tag 11

Entschuldige, Tag 11!

Sehr amüsant. Ich musste schmunzeln, eben, beim Lesen von Tag 11, Februar. Der Tannenbaum liegt immer noch im Garten. Keinen Meter hat der sich bewegt. Ich werde nächstes Wochenende die Axt ansetzen. Das macht auch den Kindern Spaß.

Den Stern habe ich letzten Monat wirklich direkt in den Keller gebracht, er hat dort auch seit Jahren einen festen Platz. Außerdem hole ich seitdem einmal die Woche Tulpen. Der Frühling kommt jetzt tatsächlich mit großen Schritten und die japanische Blütenkirsche vor meinem Fenster wird von Tag zu Tag üppiger.

Entschuldige! Das ist ein wirklich wichtiges Thema! Schuld ist eine Ente. Sich entschuldigen für Dinge, die ich anders mache als andere. Und das sind viele Dinge. Einkaufswagen in der Wohnung als Regal nutzen, Türen mit Lippenstift bemalen, baked beans aus der Dose essen, das sind nur ein paar Gedanken, die mir vorhin in diesem Beitrag kamen: baked beans

Ich mache schon immer Dinge, wie ich sie mache. Ich sollte mich längst daran gewöhnt haben. Dennoch erwische ich mich noch dabei, dass ich mich entschuldige. Für mein Anders-Sein. Das tun Andere nicht, dabei sind Andere auch anders. Für mich. Vielleicht – denken die Anderen anders und es fällt ihnen gar nicht auf? Vielleicht – sind sie selbst-verständlicher. Und ich eher nicht.

Ich stelle jedenfalls fest, dass ich mich aktuell weniger entschuldige und das finde ich mega! Diese Entwicklung gefällt mir. Ich will mich nicht mehr dafür entschuldigen, dass ich bin, wie ich bin. Und ich will mich auch nicht mehr ständig optimieren. Um zu werden wie Andere.

Natürlich will ich mich ständig optimieren! Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht dazulerne, im Job, als Mutter, im Zusammenleben mit mir selbst. Meine Eigen-Entwicklung ist das, was mein Leben wertvoll macht. Für mich.

wie die Anderen

Ich will nicht mehr so sein wie die Anderen (es gut fänden, wenn ich es wäre). Wobei ich das nur denke, dass die es gut fänden. Ich habe letzte Woche mit meiner Scrum Masterin darüber gesprochen. Sie fragte, warum ich denn denke, es sei wichtig, strukturiert zu sein. Ich sagte, dass ich denke, dass die Strukturierten viel Erfolgreicher und Glücklicher sind, weil sie ihren Kram im Griff haben. Der Kram hat auch einen Platz, wie mein Stern im Keller. Sie ziehen nicht um, mit ein paar Plastiktüten, wie ich damals aus meiner ersten Wohnung in meine zweite Wohnung.

Ich hatte damals nicht mal Umzugkartons. Ich hatte einfach – gar keine Ahnung. Und interessanterweise habe ich dazugelernt. Wie immer, im Tun. Meine Freunde haben den Kopf geschüttelt und mir dennoch geholfen. Ich habe mich nichtmal dafür entschuldigt, es war einfach so selbstverständlich für mich. Ich war ganz bei mir. Mich konnte nichts erschüttern. Damals – war ich Charisma, pur. Das war auch mein Spitzname 😉 Ich will diese alte Zeit nicht zurück, auch wenn ich oft davon schreibe. Was ich zurück will, ist mein Selbst-Verständnis. Mein Sein. Ich war so bei mir. Ich habe mich nicht in Frage gestellt. Ab und an habe ich den Bauch eingezogen und ich konnte nicht gut mit meinen Fehlern umgehen. Aber – ich war so sehr. Das ist es, was ich wieder sein will.

Aktuell lerne ich, zu akzeptieren, dass meine Stärken an anderen Stellen liegen und mir weniger die Struktur als das Selbstverständnis fehlt. Die Annahme, dass ich richtig bin, wie ich bin. Mit all den Träumen und Hirngespinsten im Kopf, mit all den Gefühlen und all dem fröhlichen Chaos. Früher habe ich mich auch nicht dafür entschuldigt, dass ich keine Umzugskartons parat stehen hatte. Ich habe es einfach weggelacht. Ein schlechtes Gewissen hatte ich nur wegen des Netzes an den Orangen. Dieses Gefühl, etwas ganz selbstverständliches nicht zu wissen und daher dumm zu sein, das begleitet mich noch. Auch von dem darf ich mich verabschieden. Entschuldige, hier ist Endstation. Ich brauche dich nicht mehr. Ich kann ganz einfach Fehler machen und dazu stehen und mich dafür entschuldigen! Und dieses “Entschuldige” ist das einzige Entschuldige, dass ich noch will.

Offen zu Fehlern stehen.

Ordentliche Kompromisse finden für das eigene Leben.

Das Leben nicht an den Anderen ausrichten. Und sich nicht entschuldigen, dafür, zu leben.

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