Bananen und Wollmäuse

Mehrfach am Tag treffe ich Entscheidungen, mitunter unüberlegt da routiniert. Teilweise bewusst und teilweise geleitet durch Entscheidungen, die Menschen in meinem Umfeld treffen. Wie, die Banane morgens direkt wieder in die Schüssel zu brechen. Diese Entscheidung hat der Magen meines Sohnes am Mittwoch getroffen, frei nach dem Motto – das will ich nicht! Das kotzt mich an!

Die Banane roch noch nach Banane und hatte genau die Konsistenz, die sie vor dem Verzehr hatte. Sehr faszinierend. Wir schauten beide erstaunt in die Schüssel. Das geht? Das geht! Es kam auch nichts mehr nach, kein weiteres Erbrechen anderer Dinge, nicht an diesem Tag und auch nicht danach. Dennoch hat es eine Entscheidung herbeigeführt – die ich ansonsten anders getroffen hätte.

Mein Plan für Mittwoch vor der Banane

Abends sollte mein erster “Mini-Auftritt” stattfinden, ich war eingeladen, unsere Konferenz auf einem Meetup anzukündigen. Zwei Slides habe ich dafür mit meiner Designerin entworfen. Und ein paar Tage habe ich an meinem Pitch gearbeitet, der auch noch zu allem Überfluss auf Englisch sein musste. Ich hatte mich vorbereitet! Fast schon gut vorbereitet, was für mich eine große Nummer ist.

Eine doppelt große Nummer ist das, wenn man bedenkt, dass ein Auftritt, auch vor nur 20 Personen, für mich ganz weit raus aus meiner Komfortzone ist. Ich bin schon innerlich am Zittern, wenn ich mich auf einem Meetup vorstellen soll und sage, wer ich bin, für wen ich arbeite und was ich tue, bzw. was die Firma tut. Dabei bekomme ich schon Schweißausbrüche. Dass ich mich auf eine Bühne stelle und etwas erzähle ist – noch nicht vorgekommen.

Für die meisten Gelegenheiten bereite ich mich auf den letzten Drücker vor. Es gibt Meetings, in denen ich mit genialen Ideen glänze, die mir WÄHREND des Meetings gekommen sind und die ich in keiner Weise vorbereitet habe. Sie waren einfach da. Und wurden direkt übernommen. Ich erzähle hinterher selten, dass ich das nicht vorbereitet habe. Sollen sie ruhig denken, ich könne das. Ich kann ganz offensichtlich besser, wenn ich intuitiv arbeite. Das erzählt man dem Arbeitgeber in der Regel nicht …

Mein Plan für Mittwoch sah so aus:
Am Nachmittag sollte mein ältester Sohn kommen und auf seinen jüngsten Bruder aufpassen, so dass ich gegen 15:30 Uhr erst in die Werkstatt fahren und von da aus weiter nach Heidelberg fahren kann. Zu dieser Veranstaltung. Um dort die Konferenz zu pitchen. Am Vormittag wollte ich mich um K5 kümmern und nur wenig arbeiten. Der Plan erschien uns allen sinnvoll, auch K5 konnte dem zustimmen (auch wenn er es gar nicht gut verknusen kann, wenn ich nicht da bin, wenn er krank ist).

Mein überarbeiteter Plan für Mittwoch dank Banane

Dank Banane zum Frühstück habe ich in kurzer Zeit den Plan umgearbeitet. Es war klar – und K5 sagte es auch unter Tränen, in die Schüssel weinend – dass ich daheim bleiben muss. Kein Pitch, kein Vortrag, kein Auftrag der Welt kann so wichtig sein, dass ich nicht da bin, wenn mein Kind das Kotzen hat.

Ich habe also einen Kollegen beauftragt, habe ihm meine schriftliche Zusammenfassung für den Pitch gegeben und habe den Gastgeber für den Abend informiert, dass ich nicht komme, aber einen Ersatz schicke. Und das wars. Besagter Kollege ist ein guter Freund und hat schon am Dienstag angeboten, für mich zu übernehmen, wenn es sich abzeichnet, dass es meinem Sohn nicht besser geht. Ich habe also schon am ersten Krankheitstag alles vorbereitet für einen schnellen Wechsel. Ich habe gerne einen Notfallplan in der Schublade liegen.

Notfallpläne waren in der Zeit, als ich schwer krank war, absolut nicht möglich. Ich hatte gar keinen Plan, nicht mal einen für den Notfall. Dabei war ich ein Notfall. Eventuell war das aber auch die Zeit, in der andere Menschen einen Plan für mich haben mussten. Weil ich der Notfall war. Das kann sein.

Entscheidung für mein Kind

Nachdem ich diese Entscheidung gefällt hatte, morgens, 7:00 Uhr, beim Frühstück – verlief der Tag erstaunlich. Genesend. Ich habe eine Entscheidung gegen mein Bühnenwachstum und für die Gesundheit meines Kindes gefällt. Und es ist spannend zu sehen, was das eigentliche Wachstum ist. Auch für mich.

Wie oft priorisiere ich den Job nach vorne. Weil ich schon immer dieses “gesehen werden, Resultate erzielen, Wert sein” über den Job einhole. Da ist es sichtbar. Da kommt ein Schulterklopfen, eine Bestätigung. Niemand klopft mir auf die Schulter und sagt – Schau, wie gut es den Kindern geht. Das hast du gut gemacht!

Es gibt viel zu wenig Bestätigung, Lob, Anerkennung für meinen Job als Mutter. Viel zu wenig. Es sei denn, ich gebe sie mir selbst. Und mir selbst Anerkennung geben, dass ist eine Entscheidung, die mir noch schwer fällt. Aber es ist definitiv eine Entscheidung, die ich selbst treffen darf. Ich selbst darf priorisieren, wo wir stehen, auf was ich stolz bin, wie ich mich und meinen Job anerkenne. Und auf welche Position mein Job gehört.

Positionierung

Ich habe es schon in Eine Woche ohne Sport formuliert. Wo die Prio hängt. Ich entscheide mich bewusst! Ohne Banane in der Schüssel!

  • Prio 1 – bin ich!
  • Prio 2 – sind meine Kinder!
  • Prio 3 – Freundschaften!
  • Prio 4 – ist mein Job!
  • Prio 5 – ist der Haushalt!

Wenn ich mir das so anschaue, dann frage ich mich, warum ich mir den ganzen Tag Gedanken über meinen Job mache. Immer bin ich auf der Suche nach noch besseren Marketingbotschaften – dabei habe ich die besten Ideen für den Job, wenn ich mich um die Prio 1 kümmere – um mich.

Gestern war ich den ganzen Tag in der Sauna. Nichts tun. Viel tun. Erholen. Tiefe Atmung zulassen. Mich fühlen. Und wie ich da so liege, kommt mir die Headline für unser Plakat in den Sinn. Ist einfach da. Und bleibt auch da – nach dem Saunagang schreibe ich sie in mein Notizheft. Sie ist angekommen, die Botschaft.

Weil ich mich entschieden habe.

Ich kann alle Prioritäten gut bedienen, wenn ich mich für mich entscheide. Damit bin ich das beste Vorbild, für meine Kinder, für meine Freunde, und im Job. Nur mein Haushalt findet das eventuell unangebracht. Da der nicht sprechen kann, schweigt er einfach und schickt nur vorwurfsvoll die Wollmäuse auf den Flur. Um mich zu erinnern. Dass es auch auf mein Wohlbefinden einzahlt, wenn es sauber ist. Und somit habe ich tolle Entscheidungshelfer. Bananen und Wollmäuse.

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