das schönste am Frühling

Das Schönste am Frühling ist das Blühen. Ich liebe es, wenn es überall gelb weiß grün bunt wird. Das Allerschönste dabei sind mir die frischen grünen Blätter an Bäumen, Sträuchern, Hecken. Gerade heute bin ich durch den Wald gelaufen und habe frisch aufgerollte Blätter gestreichelt. Sie sind ganz samten, weich, wie mit einem Flaum überzogen. Und leuchten im hellen grün.

Davon – kann ich kaum genug bekommen. Mit Kind 5 und der Familie einer Freundin sind wir viel im Wald gestanden – die Kinder sind herumgeklettert und wir haben geruht. Auf einer Picknickdecke. Auf einer Bank. Unter einem Blätterdach. Ich weiß, warum Babies so gerne unter Bäumen verweilen. Von unten betrachtet sind Blätter heller, durchscheinend, die Sonne lässt sie strahlen. Es ist – vollkommene Erholung im Grünen!

Frühling ist – Neuerwachen, Aufblühen –

Viele Menschen sind gerade im Frühling schwer depressiv. Warum das so ist, dazu gibt es Studien, von denen ich keine Ahnung habe. So, wie ich auch von vielen anderen Dingen keine Ahnung habe. Ich kann kein Fachchinesisch und im ersten Erkrankungszyklus wusste ich damals nicht mal, dass es Unterschiede gibt in der Form der Therapie – ich hatte schlichtweg keinerlei Ahnung.

Das passiert mir öfter. Ich habe von vielen Dingen keinerlei Ahnung und manövriere mich damit durchs Leben. Meine ersten Termine in meinem jetzigen Job habe ich ohne Ahnung telefoniert. Das machte es vermutlich sogar einfacher. Ich wusste nicht, wie man die richtigen Fragen stellt, wie man einen Einwand behandelt (du willst nicht? okay, dann nicht, tschüß) und schon gleich hatte ich keine Ahnung, was ein LMS eigentlich ist – ich hatte nur die grobe Vorstellung davon, dass eine Lernplattform super ist, um Mitarbeiter zu schulen. Das reichte, um telefonisch Termine zu vereinbaren. Verrückt.

Mit der Zeit wurde ich kritischer. Wollte wissen, was verkaufe ich da eigentlich? Und – wie verkaufe ich das eigentlich? Meine eigenen Worte, meine Phrasen, meine Einleitung, alles wurde auf den Prüfstand gestellt. Mit nichts war ich zufrieden. In den ersten Wochen im Job hatte ich stark geschwollene, juckende Augen. Ich war heiser und konnte kaum noch sprechen. Ich hatte ein Summen im Ohr und einen Gehörsturz. Und das waren nur die körperlichen Auswirkungen.

Psychisch ging es mir miserabel. Von einem “ich bin nicht gut genug” über ein “das Produkt ist nicht gut genug” zurück zu einem “die anderen sind viel besser als ich”.

Die Anderen, das sind die, die wirklich gut telefonieren können. Die jeden Einwand mit links aus der Welt lächeln, die nie argumentieren und die offen freundlich fragend jeden in einen Termin quatschen können. Könnte ich das auch?

Vielleicht, wenn ich üben würde. Mich wirklich darauf einlassen würde. Wirklich ernsthaft immer und immer wieder meine Skills verbessern würde. Würde das helfen?

Und dann sitze ich heute im Wald, und halte das Baby meiner Freundin auf dem Schoß. Ein sehr kleiner Mensch von knapp 3 Monaten. Ich stelle mich sofort ohne Worte ein. Atme im gleichen Takt. Verändere meine Stimmlage auf die Stimme, die ihm angenehm ist. Fühle, wie er gehalten werden möchte, in welcher Position er sich wohl fühlt. Nichts davon muss ich üben. Das Bewusstsein ist.

Das ist eine Gabe. Eine ganz wundervolle Gabe.

Ein ganz starkes Gefühl, ein passendes Gefühl. Dieses Gefühl habe ich nie, wenn ich das Telefon in die Hand nehme und Menschen auf mein Produkt aufmerksam machen soll.

Ich versuche, immer ehrlich zu mir zu sein. Ich weiß, mein Job ist ein Job. Ich verkaufe. Ich bekomme Geld dafür. Ich könnte einfach abends den Kopf abschalten und in meine Familienwelt abtauchen. Das gelingt mir nicht. Ich arbeite schon immer mit vollem Herzen, Job und Alltag waren schon immer eines. Ich konnte es noch nie trennen. Und so trenne ich es jetzt auch nicht. Ich denke durchgehend an bessere Sätze, bessere Texte, bessere Ansprachen. Ich denke durchgehend, ich müsse besser werden. Sei noch nicht genug. Nicht gut genug.

Ich denke aktuell mehr an den Job als an mich selbst. Ich selbst, ich möchte Wachstum und grün und viele frische Blätter. Ich möchte ein Meer aus Blumen um mich.

Der Job bringt mir Geld. Ohne Geld kann ich nicht leben. Warum kann ich nicht einfach arbeiten, ohne mich ständig zu bewerten, ständig Angst zu haben vor dem Versagen. Warum ist es so anstrengend, warum denke ich den ganzen Tag?

Ich gedenke, wieder öfter in den Wald zu gehen. Ganz bewusst, zum durchatmen und um das Licht durch die Blätter tanzen zu sehen. Vielleicht kann ich dann zumindest kurz meinen Kopf auf andere Gedanken bringen. Ich brauche mehr Ruhe.

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