erst denken, dann schwimmen

und dabei ganz ruhig atmen! Die Luft wird mir weder beim Denken noch beim Schwimmen ausgehen …

Ruhige, kraftvolle Bewegungen, im Rhythmus, fast wie ein gut einstudierter Tanz. Ich liege ganz gut im Wasser. Ich werde mit jeder Trainingseinheit innerlich ruhiger. Es entwickelt sich eine Art Sicherheit. Ich kann mir trauen.

Seit Wochen schwimme ich nun, und meist ohne klare Gedanken. Ich bin so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass da kaum ein Blick oder Gedanke nach rechts oder links wandert. Ich beobachte keine anderen Schwimmer oder denke darüber nach, was es zum Mittagessen gibt. Ich muss meine volle Aufmerksamkeit gedanklich auf mein Tun richten. Auf die Technik. Und auf die Vorstellung, da bin ich und schwimme. Da bin ich, da ist die kurze Bahn von 20m, und da ist die Erinnerung, die unterbewusst sprachlos meinen Herzschlag beschleunigt.

Und dann kommt der Anschlag, an dem ich wende und die Bahn zurückschwimme. Am Anschlag wird es knifflig. Weil, ich bin am Anschlag. Meist ist die Luft schon raus, wenn ich am Anschlag bin. Da nochmal ruhig einzuatmen und darauf zu vertrauen, dass der Rhythmus stimmt – das nicht so einfach für mich.

Die letzten Wochen war das die Megaherausforderung für mich. Das Wenden am Ende der Bahn ist eine kleine Kunst für sich. Es kann in einem Zug geschehen, ganz leicht sieht das aus bei meiner Freundin. Es kann in vielen Zügen geschehen, wie beim mir: ich stelle mich erstmal hin und atme durch und sammele mich neu und fokussiere meine Gedanken und starte zurück. Leichte Selbstverständlich übe ich noch …

Frei schwimmen

Heute war der Ausflug ins Schwimmbad anders. Ich bin allein gegangen. Meine Freundin und Schwimmlehrerin hatte keine Zeit und noch im Dezember hätte ich dann halt das Schwimmen ausfallen lassen. Ich wäre in keinem Fall allein gegangen. Viel zu gruselig, die Vorstellung. Und viel zu absurd. Als würde ich frei willig frei schwimmen. Ganz sicher nicht. Ich war vor nicht allzu langer Zeit sehr dankbar, wenn ich einen Grund hatte, nicht schwimmen zu gehen.

Dabei wollte ich durchaus, es war ja meine Idee, das mit dem Schwimmen. Schwimmen lernen. Durchaus. Dennoch – nur, weil es meine Idee war, heißt das irgendwie noch nicht viel. Ich habe oft Ideen. Eigentlich – täglich – und turne dennoch aktuell noch nicht am Seil. Oder so.

Jedenfalls, heute. Schon die letzten beiden Wochen waren sehr intensiv und heute, da hätte ich auch daheim bleiben können. Spannend, darüber habe ich nur sehr kurz nachgedacht. Mir war klar – ich schaffe das jetzt auch allein! Ich schwimme mich frei!

Eine leichte Grundanspannung hatte ich dennoch – es ist etwas anderes, wenn meine Freundin dabei ist und mir das Gefühl gibt, dass ich das super mache! Sie weiß, was dahinter steckt, warum ich schwimme, wie ich schwimme. Vor was ich Angst habe. Sie kennt meine Geschichte. Die aus dem Atlantik, der mich einst fast vollkommen umspült hat.

Andere kennen diese Geschichte natürlich nicht und wundern sich vielleicht, was die Alte da so zappelt? Sind doch nur 20m. Warum schluckt die ständig Wasser? Was ist da los?

Eventuell denken Andere auch gar nicht darüber nach, weil sie ebenso beschäftigt damit sind, zu schwimmen. So ganz ohne Gedanken an Andere, die – auch schwimmen. Oder, sie überlegen selbst, ob wohl Andere denken, dass sie nicht so gut schwämmen? Was weiß ich. Ich weiß nur – wir wissen nicht, wie Andere sich fühlen. Es ist also Quatsch, anzunehmen, ihr Verhalten, ihre Blicke, ihr was-auch-immer hätte etwas mit uns zu tun. Wir sind ganz sicherlich nicht das Universum der Anderen … Es empfiehlt sich an der Stelle, weniger zu denken und mehr zu schwimmen. Und nett zu sein. Weil wir nie wissen, was und wie. Und warum.

Be kind!

Was dahinter steht, habe ich heute auf dem Weg ins Schwimmbad auch nochmal an K5 weitergegeben. Wir waren ja wieder gemeinsam unterwegs. Und hatten dieses Thema. Er ärgerte sich über einen Mitschüler, wie das oft so ist, der hat dies und jenes gesagt, getan. Völliges Unverständnis, was soll das denn? Warum hat er denn? Ich habe da immer nur diesen einen Tipp. Be kind. Du weißt nicht, wie geht es dem denn? Vielleicht hat er Ärger daheim? Oder die Oma ist schwer krank? Oder sein Hund hat sich die Pfote gebrochen? Du weißt nicht, wie es ihm geht. Sei einfach freundlich und bezieh sein Verhalten nicht auf dich. Vermutlich hat es gar nichts mit dir zu tun. Du kannst ihn natürlich darauf hinweisen, was sein Verhalten bei dir auslöst. Dabei sprichst du am besten von dir selbst. So in etwa wie: ich fühle mich traurig, wenn du bei Tom jubelst wenn er ein Tor schießt und bei mir einfach gar nichts sagst …

Ja. Das und noch viel mehr passiert morgens um kurz vor 8 auf dem Schulweg 😉

Selbstverständlich bezieht sich Be kind auf viele Dinge. Auch auf mich selbst. Be kind to yourself …

Was tut mir gut?

Regelmäßigkeit. Kontinuität. Wie beim Schreiben. Regelmäßiges Schreiben tut mir richtig gut! Es strukturiert den ein oder anderen Gedankengang und hält die Wolle im Hirn davon ab, sich zu einem Knäuel zu verwirren. Ehrlich!

Im Schwimmen ist das ähnlich. Ich brauche die Kontinuität. Regelmäßig ins Wasser. Jede Woche üben. Sicherheit gewinnen. Kleine Erfolge feiern.

Heute, das war sogar ein großer Erfolg. Ich habe mich keiner Ausrede hingegeben. Ich bin hingegangen, ich habe es durchgezogen. Ich habe einige gute Wendungen hingelegt, bin insgesamt (auch mit Flossen) 600m geschwommen und habe mich damit deutlich gesteigert.

Vier Bahnen bin ich ohne Flossen geschwommen. Mit Flossen, das vereinfacht es sehr für mich, weil es weniger anstrengend ist und ich nicht aus doppeltem Grund beschleunigten Herzschlag bekomme. Ich schwimme (noch) viel mit Flossen. Heute waren es gut 100m ohne Flossen, und die waren gut! Noch ein wenig hektisch im Beinschlag, aber – daran arbeite ich nächste Woche weiter 🙂

Bevor ich losschwimme, und nach jeder kurzen Pause, denke ich erst. Ganz bewusst. An die Bewegung der Arme, die Haltung der Hände, an die Technik. Ganz bewusst. Keine Gedanken ans Ertrinken, an den Atlantik, nichts dergleichen. Nur Fokus auf die Ausführung der Technik. Das gibt mir ausreichend Ruhe, um das Wasser über mich schwappen zu lassen, ohne in Aufruhr zu geraten.

Von Woche zu Woche klappt das besser. Von Woche zu Woche denke ich weniger. Von Woche zu Woche schwimme ich selbstverständlicher.

Irgendwann, wenn ich regelmäßig weitermache, wird es ganz von allein passieren. So, wie ich beim Autofahren weiß, wie weit ich den Lenker für welche Kurve einschlagen muss oder wie ich wann schalte. Da muss ich nicht drüber nachdenken. Obwohl ich mal einen Unfall hatte, kann ich ganz beruhigt Auto fahren.

Irgendwann, wenn ich regelmäßig weitermache, schwimme ich einfach los und muss nicht mehr nachdenken, welcher Arm wann wo ist und auf welche Seite ich atme. Darauf freue ich mich schon heute! Ich ahne, so fühlt sich Freiheit an.

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