Fasten, Tag 7

1. Nachfastentag

Der Tag startet schwungvoll, zumindest bei mir. Mein Sohn ist etwas müde und leicht angeschlagen. Ich hoffe, sein geplanter Ausflug in die Therme mit seinem Vater tut ihm gut…

Bei mir sind Psyche und Kreislauf im Lot, ich bin frei von Beschwerden jeglicher Art. Am jungen Frühling arbeite ich noch 😂. Ich beobachte allerdings, dass ich die Treppen schwungvoller laufe 💪🏻

Außerdem beobachte ich, dass mein Bauch flacher ist, deutlich. Ich messe mich nochmal aus am Morgen. Irgendwo bei 94 ist 95cm bin ich aktuell. Letzte Woche bei der Ärztin waren es 98,5cm. Ich notiere – 4cm weniger am Bauch. Hüfte ist ähnlich, hier sind 104cm, also auch 4cm weniger. Das will ich halten, nach dem Fasten! Mehr noch, der Bauch darf auf die 90. Erstes Ziel.

Das 80cm Bauchumfang gesünder sind für das gesamte System, ist mir bewusst. Der Weg dahin wird sicherlich nochmal Fasten beinhalten, weil es so wunderbar auch für andere Bereiche wirkt. Das leichtere, beschwingte Gefühl ist ja auch Teil meiner Psyche, die satt ist.

Mir ist dabei auch bewusst, dass sich viszerales Fett auch bei schlanken Menschen ablagert. Daher wird auch Muskelaufbau auf dem Plan stehen!

7:00 Uhr

Same procedure as every day. Wir wuseln zum Frühstück. Ich habe mich nochmal umgezogen und trage eine engere Hose und ein hautenges T-Shirt. Das schwarze von Blutsgeschwister, mit einem besonders schönen Ausschnitt. Ich fühle mich – besonders und schön! Und ich bin stolz auf mich!

Und dann ist es soweit – ich bekomme meinen gedünsteten Apfel. Fastenbrechen. Im wahrsten Sinne des Wortes 🙈

Ich esse schon daheim ungern gedünstetes Obst. Wenn, dann brate ich es in der Pfanne an, mit etwas Kokosöl, im Zweifel auch ohne das Öl. Das. Geht. Das andere – hier, heute morgen – geht nicht. Ich vermute, der arme Apfel, sowieso ein mehliger Kandidat, wurde herzlos in der Mikrowelle gedünstet. So schmeckt er jedenfalls. Das einzig positive, das mir an diesem Apfel begegnet, ist, dass er warm ist. Der Rest. Ist das Gegenteil von dem, was Fastenbrechen sein soll. Intensives Gefühl, Geschmacksexlopsion, Bewusstsein. Nichts von dem stellt sich ein.

Ich habe früher mit einem rohen Apfel das Fasten gebrochen. Hier wollte ich mich auf das Experiment gedünsteter Apfel einlassen, auch wenn es mir seltsam vorkam. Warum es mir seltsam vorkam, ist mir heute morgen dann bewusst. Ich kaue auf einer zähen Schale herum und kann nicht umhin, das Zeug einfach zu schlucken, damit es weg ist. Das ist – genau das, was ich nie nie wieder tun will!

Als mir bewusst wird, wie es mir mit dem Apfel geht – wie enttäuscht ich davon bin, wie wenig es meine Sinne anspricht – breche ich ab. Ich werfe den halben Apfel weg. Mehr davon möchte ich nicht zu mir nehmen. Das ist der falsche Weg, ins Essen zurück zu kommen. Ich fühle mich ein wenig betrogen um eine fantastische Erfahrung, die der frische Apfel nunmal darstellt. Und der, auch nur, wenn er nicht mehlig ist. Mehlige Äpfel lösen bei mir Brechreiz aus. Ich weiß, dass das Typsache ist und anderen anders geht. Mir allerdings – nun gut. Ich ärgere mich nur ein wenig, weil Ärger ungesund ist. Es hilft mir mehr, darauf zu fokussieren, was es Gutes bei mir bewirkt. Es verstärkt das Gefühl, dass ich auf mich selbst aufpassen darf. Dass ich meinen Weg gehe, mit dem Apfel und übertragen natürlich auch auf den Rest meines Lebens.

Und, ich esse nur noch, wenn es mir schmeckt! Ende der Diskussion 😉

8:00 Uhr

Mit dem beduppten Gefühl wegen es Apfels bin ich nicht alleine – es geht allen Fastenfrauen ähnlich bis genauso wie mir. Wir sprechen darüber und ich erzähle, dass man auch mit einem frischen Apfel beginnen kann. Schon allein wegen des Geschmacks, der Säure, die sich im Mund ausbreitet, das Gefühl, durch die Schale hinein zu beißen, wirklich zu kauen, der Speichel, der sich dazu gesellt, all das ist Fastenbrechen! Intensiv! Ein tot gedünsteter, klein geschnittener Apfel in einer Schale, das ist Essen das mich krank macht.

Und während ich noch sitze und erzähle und mein Sohn im Haus herumspringt und noch einen Tee im Zimmer holt (es gab auch Tee, wieder zwei Tassen mit je einem Teelöffel Honig), geht auch eine Freundin aufs Zimmer. Und kommt wieder, mit einem roten Apfel. Bio, fest, ich überlege gar nicht lange. Ich beiße direkt hinein. Ein großer Biss, Kiefer und Zähne arbeiten, und dann kaue ich. Und das Glück durchströmt mich wie ein Blitzschlag. Es ist gut, es ist wunderbar, es ist fantastisch

DAS ist Fastenbrechen! Und ich bin so dankbar, dass sie mir einen Apfel geholt hat, einen, den sie selbst gekauft hat. Die Äpfel hier im Kurhaus sind von der Sorte her alle mehlig. Schwierig zu essen. Dieser Apfel ist voll da. Explodiert geschmacklich in meinem Mund.

Da ich bereits satt bin, esse ich nur ein wenig vom Apfel. Ich brauchte das Gefühl, und das habe ich jetzt bekommen. Danach biete ich den Apfel einer Freundin an, die gegenüber sitzt und noch am gedünsteten Apfel nagt. Sie sagt erst Nein, da sie sich satt fühlt. Mein Strahlen ist dabei so ansteckend, dass sie einmal bewusst zubeißt. Und kaut. Mit geschlossenen Augen. Ein Strahlen zieht dabei über ihr Gesicht, das bei mir Gänsehaut auslöst und mir schießen die Tränen in die Augen. Es rührt mich, es berührt mich wie lange nichts. Diese pure Freude ist noch greifbarer als meine eigene Freude. Ein unglaublich intensives Erlebnis.

Ich bin dankbar. Für diesen Apfel.

9:00 Uhr

Kurze kleine Verstimmung in meinen Gedanken. Der Vater von K5 kommt und holt seinen Sohn ab für einen Ausflug in die Therme. Wir putzen vorher noch gemeinsam Zähne und stellen fest, dass wir das in Zukunft immer gerne gemeinsam machen möchten. Es fällt uns beiden viel leichter und macht uns Freude. Mein Sohn ahnt, dass es morgens mit in die Schule gehen und zur Arbeit gehen eng werden könnte – ich putze meine Zähne meist, wenn er schon aus dem Haus ist – ich sage, dass wir das schaffen, wenn wir es wollen. Und genau so fühle ich mich auch – so wie jemand, der das schaffen kann, was er oder sie will.

Danach ist der Papa da und parkt auf dem Parkplatz. Und so sehr mein Sohn sich auch freut, so sehr ist auch spürbar, wie verschnupft der Vater ist. Sehr distanziert (was mir nur recht ist!) und – eingeschnappt. Anders kann man das nicht nennen. Mir gegenüber eingeschnappt, und es ist sehr einfach, zu erkennen, warum. Der letzte Montag, an dem er ja meinte, er müsse mit dem Fahrrad und überhaupt und sich in meinen Tag hineinradeln, der steckt ihm noch in den Knochen. Ich habe zwei sehr eindeutige WhatsApp geschickt und ahne, er hat beide nicht verstanden. Nicht verstanden, was passiert ist und was daran schwierig ist. Oder, er hat es verstanden und ist deshalb verschnupft. Er versucht weiterhin, unverbindlich in die Familie hineinzuwachsen. Also, bei uns zu sein, die Wochenenden aufzuweichen, auch um mich zu sein. Er kommt oft zum babysitten und möchte dann immer übernachten. Bei uns. Bei mir. In meinem Bett. Mit mir. Mir ist das alles viel zu viel und ich brauche deutlich mehr Abstand. Er bringt mich mit seinem Verhalten auf die Palme und dann werfe ich von da oben Kokosnüsse.

Ich weiß, dass ich da noch ein tiefes Thema sitzen habe. Scham ist mit dabei, wie mir das passieren konnte, mich auch an der Stelle in einen Idioten zu verlieben. Damals, mit 19. Und im Laufe meines Lebens immer mal wieder zu denken, er sei die Liebe meines Lebens. Dabei ist er – ein aufmerksamer Papa, das in jedem Fall – und der Rest ist Unsicherheit und Mangel an echter Tiefe. Der klassische Fall von: “Gut gemeint ist nicht gut gemacht”.

Er meint es immer gut. Will immer helfen. Er hilft dabei gerne an Stellen, wo es keine Hilfe bedarf, und an anderen Stellen, wo es wichtig wäre, hinzufühlen, mitzufühlen, da hat er seine blinden Flecken.

Ich weiß noch, als ich ihm erzählte, an dem Wochenende Anfang Dezember 2017, dass ich mich am Montag krank schreiben lassen wolle. Weil ich so müde und abgeschlagen bin. Was er dazu sagt, ich habe gefragt. Ich war so unsicher in mir drin, ob es denn okay ist, sich krank zu melden. Ob ich das darf. Ich braucht eine Unterstützung, ich war unsicher. Und er sagte, wieso? Du hast doch nichts!

Aus dem “du hast doch nichts” wurde eine rezidivierende Krankschreibung die den vollen Umfang von 1,5 Jahren genutzt hat.

10:00 Uhr

Ich darf mich frei machen von dem Gefühl, dass ich – nicht nett zu ihm war, wo er doch letzte Woche uns einen großen Gefallen tun wollte. Also, sich einen großen Gefallen tun wollte, der getarnt war als großer Gefallen für uns. Und ich war undankbar. Wie kann ich nur undankbar sein, wo er so viel für uns tut. Gute Frage.

Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass er sauer ist. Verrückt. Der darf ruhig sauer sein. Oder sonstwie. Das ist sein Thema. Ich bleibe klar in dem, was ich kommuniziere, und um es in Zukunft einfacher zu machen, sage ich direkt Nein. Nein. Nein. Nein.

Punkt.

Was hilft, ist, dass eine Fastendame, die auch Yogalehrerin ist, uns eingeladen hat zu einer Runde Yoga. Ich kann wenig mit Yoga anfangen, es ist oft zu anstrengend, ich bin wenig dehnbar. Dennoch, heute läuft es gut und ich kann mich darauf einlassen. Das tiefe Atmen, der Wechsel in bewusster Ein- und Ausatmung im Bewegungsablauf, hilft mir, den Kopf frei zu kriegen. Mein unterer Rücken wird auch gedehnt, dem hilft generell alles, was er bekommen kann.

Ich komme in Ruhe aus dieser Stunde und gehe erstmal aufs Zimmer. Denken. Schreiben. Und da bin ich jetzt. Es geht im Anschluss zum Essen – der Joghurt mit Leinsamen steht auf dem Programm, gemeinsam mit der letzten Brühe (endlich, Brühefrei!!) und einem Tomatensaft. Das! Werde ich gleich zelebrieren.

Mein Sohn fehlt mir ein wenig. Ich darf das fühlen und mich für ihn freuen, er wird sicher einen tollen Tag in der Therme haben, mit seinem Vater.

12:00 Uhr

Mittagessen! Joghurt! Mit Leinsamen und einem Teelöffel Honig darinnen. Süßer, weicher Geschmack, ganz zart! Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll. Cremig auch. Und den Leinsamen kaue ich, ganz bewusst und langsam. Das ist mir ein Bedürfnis – ich könnte ihn sicherlich auch problemlos herunterschlucken. Ich genieße das Kauen und den schönen Geschmack, den der Leinsamen hat, wenn man ihn aufgebissen hat.

Die Brühe vorher löffele ich, weil ich weiß, dass sie wichtig für mich ist. Wichtig für mich war, die gesamte Fastenzeit über. Sie hat mich versorgt und getragen. Dabei hat sie mir wenig geschmeckt. Ich glaube, wir konnten uns dennoch wertschätzend voneinander trennen, heute. Auch dem Tomatensaft habe ich Lebe wohl gesagt. So schnell trinke ich keinen Tomatensaft mehr. Ich nutze ihn eher, um Tomatensuppe zu machen 🙂

Weitere Erkenntnisse kamen auch beim Mittagessen. Zum Einen, was den Pulli meines Sohnes angeht, der ja verfärbt aus der Wäsche kam. Anstelle der orangefarbenen Bündchen hat er jetzt graue Bündchen, und auch das Türkis des Fleece ist eine Nuance dunkler geworden. Und ja, er hat das bemerkt. Und ja, er ist unglücklich deswegen. Er liebt diesen Pulli (eigentlich ist es eine Jacke) und er mag ihn jetzt nicht mehr anziehen. Wir versuchen daheim, mit Textilfarbe die Bündchen wieder orange zu bekommen.

Es gibt seit eben einen klaren Hinweis, was passiert ist. Ich habe versehentlich auf 40 Grad gewaschen, anstelle von 30 Grad. Vermutlich hat meine Lieblingshose von Blutsgeschwister, dunkelblau, das Unheil verursacht. Die Hose ist eingelaufen. Weit enger als vorher und kürzer. Ich bin ziemlich unglücklich deswegen und kann meinem Sohn sehr gut nachfühlen. Wenn Lieblingsklamotten sich in der Form verändern, ist das traurig. Die Hose ist jetzt so eng, dass sie mir mit 4cm weniger Bauchumfang schlecht passt. Davor hatte ich mehr Bauch und mehr Platz. Verrückt.

Die weiteren Erkenntnisse kippe ich später mit in den Joghurt. Ich hatte mit der Frau, die mich mit dem Apfel erfreute, und die schon ganz am Anfang der Kur als “Blutsschwester” gefühlt habe, ein sehr gutes Gespräch geführt. Das klingt jetzt in mir nach, sehr positiv, und ich nehme es mit ins Bett, mit dem Leberwickel. Es ist Zeit für Ruhe.

13:00 Uhr

Zeit für die Wäsche, die letzte Wäsche hier auf Kur. Ich hänge Wäsche auf und denke über die eingelaufene Hose und den verfärbten Bund nach. Ich bin tatsächlich traurig, das ist meine Lieblingshose. Und jetzt ist es – die Hose von jemand anderem 😉
Für meinen Sohn ist es der Lieblingspulli. Nun, ein sehr alter Pulli, genau den gibt es nicht mehr. Der wurde schon von K3 und K4 getragen … Meine Hose gibt es noch, aktuell heruntergesetzt. Und obwohl ich mir nichts mehr kaufen wollte – bestelle ich die Hose nochmal. In der ursprünglichen Größe. Und freue mich, dass das möglich ist. Für meinen Sohn werde ich schauen, ob ich etwas ähnliches finden kann, bzw. ob wir es reparieren können. Die Idee ist, ein orangefarbene Borte zu kaufen und zu vernähen. We will see!

Sehr zufrieden gehe ich Wasser kochen, für meine Wärmflasche und für den Leberwickel! Zeit, auszuruhen.

14:00 Uhr

Warmes Wohlgefühl im Bett. Irgendwann klingelt der Timer und ich schalte ihn aus. Bleibe noch liegen. Spüre in mich hinein, spüre die Wärme und das geborgene Gefühl. Dass ich mich in diesem Bett noch geborgen fühle, wer hätte das gedacht. Die erste Nacht haben mir die Knochen weh getan, jetzt bleibe ich freiwillig liegen.

Okay, ich stehe einmal kurz auf, lege das Handtuch weg und gehe erfolgreich auf Toilette. Verdauung, läuft bei mir.

Danach – kuschele ich mich wieder unter die Decke und lese. Im Bett. Im Liegen. Ohne Schmerzen. Schultern, Nacken, alles in Ordnung. Es ist mir ein Genuß, so schön, dass ich es ein wenig ausdehne und den Spaziergang nach hinten schiebe. Ich habe die Wahl, viele schöne Dinge zu tun, nur, alle schaffe ich nicht. Herauszufinden, was gerade das richtige für mich ist. Ist eine Herausforderung und wird es in Zukunft bleiben.

15:00 Uhr

Ich bin so voller Ruhe, Freude, Entspannung dass ich dringend nochmal schreiben muss. Dass ich genau das jetzt schreiben muss. Ich habe im Bett gelegen, erst geruht, dann gelesen, mich ausgedehnt in meinen Gedanken und Gefühlen. Ein Raunen von Glückseligkeit blitzt auf in meinen Augen. Es ist alles da – die Liebe zu mir und die Liebe zu meinen Kindern. Ich vermisse die Großen. Ich vermisse den Kleinen. Ich freue mich auf eine liebevolle, wärmespendende Umarmung, die ich geben kann. Ich freue mich auf einen Alltag, der uns wachsen lässt. Ich freue mich auf die Arbeit und hier auf das Denken, dass ich mitbringe. Das Ausprobieren. Das neue Wege gehen. Die Entschlussfreudigkeit und die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Auch auf meine Emotionen freue ich mich, auf mein Strahlen und die Samen, die ich säe. Motivationssamen.

Wenn mein Sohn in Zukunft Fragen hat, bekommt er eine Antwort von mir. Sie wird lauten: Finde es selbst heraus!

Ich bin nicht die Antwort auf alle Fragen – nicht mal auf die, die ich mir selbst oft stelle. Ich will auch nicht die Antwort auf alle Fragen sein. Ich will, dass er lernt, selbst zu denken. Sich selbst Lösungen zu suchen. Verantwortung zu übernehmen für sein Leben. Sich zu fordern. Antworten in sich und im außen zu finden. Selbständigkeit war und ist das, was ich für meine Kinder wünsche und gewünscht habe. Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit. Das. Und Liebe. Liebe ist das, was alles hält.

16:00 Uhr

Nach einem kurzen Spaziergang gehe ich basteln – mal wieder, bei Gabi. Dieses Mal stehen ein paar Armbänder auf dem Programm, zwei für meinen Sohn und eines für mich. Mich entspannt das, das Armband-Knüpfen ist ein wenig meditativ. Nur die vielen, vielen Menschen in dem kleinen Raum stressen mich kurz. Nach der Ruhe im Bett und im Wald, beim Spaziergang, ist das ein totales Kontrastprogramm. Alles ballt sich, auch die Luft. Ich ziehe erstmal meine Sweatjacke aus. Und atme. Hole mir Gelassenheit für den Moment und freue mich, in mir Gelassenheit zu finden.

Gegen Ende der Bastelzeit klingelt das Telefon. Der Vater mit dem Sohne. Er sei jetzt da. Ich sage – fein, dann kann K5 reinkommen, er findet mich im Bastelraum.
Ich spüre ein leichtes Zucken am anderen Ende des Telefons. Das hat er nicht erwartet. Daher ergänze ich, dass ich mit Hausschuhen im Bastelraum sitze und nicht raus kommen werde. Warum auch. Ich will den Vater nicht sehen und K5 kann diesen überschaubaren Weg von 2 Minuten über den Parkplatz sicher gut alleine bewältigen.

Eine Frage hatte er dann noch an mich, am Telefon. Der Vater. Ob er den Jungen am Freitag früh abholen könne?? Für einen Ausflug?? Allein die Frage 😅

Schon vor der Kur hatten wir vereinbart, dass er den Jungen am Mittwoch Abend oder Donnerstag früh holt, da noch Ferien sind und ich Donnerstag und Freitag arbeiten muss. Das – hat der Vater vergessen. Sowas. Aber auch. Er könne eventuell Donnerstag um 11:00 Uhr kommen. Meine Antwort darauf ist einfach – da arbeite ich bereits seit 3 Stunden. 8:00 Uhr ist der Plan.

Ja, das Kind kann sich auch bis 11:00 Uhr alleine beschäftigen, keine Frage. Ich finde auch eine andere Lösung für die Situation, die ich schon so oft hatte. Der Vater vergisst Absprachen, meist die wirklich Wichtigen. Eventuell wird er einfach älter. Ich will hier nicht zu viel hineininterpretieren. Ich atme einfach weiter. Aufregen hilft nichts, das habe ich schon gelernt.

17:00 Uhr

Wir basteln weiter. Die drei Armbänder wollen ja fertig werden 😉
Und dann geht es kurz aufs Zimmer und weiter in den Speisesaal. Mein Sohn erzählt vom Ausflug ins Schwimmbad und ich kann mich einfach für ihn freuen. Wie wunderbar!

18:00 Uhr

Andere Fehler unterlaufen mir heute noch, und vielleicht hängen sie auch zusammen mit der heutigen Situation mit dem Vater. Fehler darf ich machen. Es ist nur wichtig, dass ich aus ihnen lerne …
Ich fange einfach von vorne an. Abendessenzeit, wir sind spät im Speisesaal. Ich habe ein richtiges Hungergefühl, so, wie es lange nicht hatte. Sehr cool! Ich freue mich auf die Kartoffelsuppe, die dann doch eher fad ausfällt. Zum ersten mal nutze ich Salz und Pfeffer, um dem sehr faden Geschmack auszuhelfen. Der Geschmack nimmt das dankbar an. Dennoch ist es – eine wässrige Kartoffelbrühe ohne Stückchen. Ein zwei Stück Kartoffel hätte ich gerne im Mund zerdrückt. Und gekaut. Das aber nur am Rande –

Die Suppe war in Ordnung und essbar und ich habe sie gegessen. Und ich war absolut zufrieden damit! Satt, zufrieden, kein Highlight, egal. Mein Sohn hatte ordentlich Hunger und hat fast zwei Brote mit Fleischwurst gegessen, dazu Rote Bete und Paprika. Auch er, satt, zufrieden.

Und dann sitze ich mit den anderen Fastenfrauen am Tisch, die alle die Suppe nicht essen wollten / konnten / sich ärgerten, wie die schmeckt. Ich fand die deutlich besser als den Apfel heute früh 😉
Es gab, für die normalen Esser, eine Gemüsesuppe mit Eierstich und kleinen Klößen. Das haben die anderen gegessen und erzählt, wie lecker das ist. Endlich Geschmack.

Eine von uns kam später und hatte ein ähnliches Erlebnis. Probierte die Kartoffelsuppe, war super unglücklich damit und ging über zu Gemüsesuppe mit Eierstich.

Und ich, die ich satt und zufrieden war, dachte, ach, jetzt probiere ich die auch. Ich will wissen, wie das schmeckt. Ganz ganz wenig habe ich mir genommen. Erster Löffel, voll gewürzt, ich schmecke vor allem das Salz. Kleine Gemüsestücke, soweit fein. Klößchen haben wir natürlich alle sein lassen, ich auch. Es waren auch nur ein paar Löffel, und hier das Aber:

Aber das war eine beschissene Idee! Ich bin satt und zufrieden, die Kartoffelsuppe war okay, warum esse ich? Weil andere sagen, das sei leckerer? Warum kann ich nicht lächeln und dankend weitergehen? Ich war sogar schon auf dem Weg zum Zimmer, mein Essen war auch schon über eine halbe Stunde im Magen. So ein blödes Verhalten! So überflüssig in allem! Was soll das denn? Soll das – darauf hinweisen, dass ich Angst habe, etwas zu verpassen? Ich schätze, ja. So ist es oft im Essen bei mir. Ich habe schon als Kind schneller gegessen, damit ich in jedem Fall an meinen großen Brüdern vorbei noch einen Nachschlag bekommen kann. Bloß nichts verpassen. Bloß nichts weniger haben als die anderen. Halleluja!

Mir ist das bewusst, schon viel länger als heute abend. Heute wirkt es halt direkt. Mein Magen grummelt, er will dieses Essen nicht. Eine ungewürzte Suppe, das ist schon normal und wichtig im Fasten. Das andere braucht der Körper gerade nicht. Ja, man hätte das mit Kräutern anders abschmecken können, und ja, daheim hätte ich die Suppe anders gekocht. Stimmt. Daheim ist es anders. Dennoch – das war unnötig, und das Magengrummeln sagt mir das auch deutlich.

Wenn satt, dann satt. Auch wenn ein Schwein am Spieß vorbei läuft. Geniessen und ruhig atmen. Merken, Merken, Merken. Bitte, liebes Gefühl, merke dir das! Ich bin satt und habe keinen Mangel.

19:00 Uhr

Der Sohn läuft noch eine Toberunde durchs Haus, die Mutter tippt auf der Tastatur herum – und dann lese ich noch vor, gleich zwei Kapitel aus dem Sams-Buch, dass wir gerade lesen. Es ist lustig und gemütlich und zum Tagesabschluss putzen wir auch noch gemeinsam Zähne.

Ich denke kurz über Süßigkeiten nach. Ob ich die wieder will, später. Also, in ein paar Tagen. Wie es mir damit wohl gehen wird. Dann schiebe ich den Gedanken sanft zur Seite. Heute ist nicht alle Tage, das kommt wieder, keine Frage 😉

Einen Anruf vom Vater bekomme ich auch noch. Wir einigen uns auf Donnerstag früh um 8:00 Uhr. Der Vorschlag kommt von mir und meinem Sohn. Am Mittwoch ist Ankommen, daheim, und spielen, im Zimmer, und eine Nacht im eigenen Bett schlafen. Und dann kann es gestärkt weiter gehen, zum Papa. Das ist für uns ein guter Plan. Es hat sich gelohnt, gelassen zu bleiben. Das Thema hat sich (fast) von alleine gelöst.

20:00 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert