meine 5 Minuten

Unruhe. Mir geht es unruhig, ich bin unkonzentriert, müde und habe das Gefühl, dass mir die Fäden entgleiten, jeden Tag ein wenig mehr. Dienstag war noch okay, und Mittwoch irgendwie auch, heute – schwer. Mein Zeh tut weh, ich mache momentan so gut wie keinen Sport mehr, meine ganze Motivation, die Gesundheitsthemen angehend, sitzt auf dem Sofa und fühlt sich unwohl. Ich kenne das. Ich habe das immer und immer wieder. Gerade dann, wenn ich denke, ich fliege, ist davon auszugehen, dass ich entweder ermüde, die Strecke einfach viel zu weit ist oder ich nicht sehe, dass ich auf eine saubere Glasscheibe zufliege.

Saubere Glasscheiben, das kenne ich ja auch gar nicht. Meine Fenster putze ich ja schon sehr selten. Und meine Brillengläser leider auch, obwohl die noch ganz neu sind. Man sollte meinen, ich pflege Brillengläser, die je Glas 250 Euro gekostet haben. Aber hey – nein, tue ich nicht.

Warum?
Warum lasse ich mich – wieder – so gehen? Warum kommt das immer wieder wie ein Bumerang zu mir zurück? Es hat sich schon gestern mit starker Müdigkeit angekündigt. Das Gefühl, sich nicht mehr bewegen zu können. Auch im Kopf nicht. Dazu kam heute der Hunger. Ein klassischer Freund der Müdigkeit. Es mussten Kekse sein, mit Schokoaufstrich. Ich habe es mit Süßkartoffelpudding probiert – der war sogar noch lecker und gut – aber leider geben die Dämonen erst Ruhe, wenn es das richtig gute Zeug ist. Das mit dem einfachen Zucker drin. Die einfachen Dinge im Leben.

An solchen Tagen wie heute, an denen ich auch im Job irgendwie alles und nichts tue und mich unwohl fühle, an solchen Tagen brauche ich Hilfe. Nur, wo soll ich die hernehmen? Und was soll diese Hilfe dann tun? Die Nutella wegschließen? Mit mir spazieren gehen? Neben mir stehen beim Arbeiten, damit ich mich nicht selbst ablenke? Mich in den Arm nehmen, damit ich mich nicht so schlecht fühle? Ich weiß es ja selbst nicht. Ich habe eine grobe Ahnung, was mir helfen kann, und diese Ahnung ist ein 5 Minuten Timer, mit dem ich Aufgaben abarbeite. Die ich mir vorher aufschreibe. Ja, in genau so kurzen Zeitabständen. Weil meine Konzentration eh nicht länger da ist, müssen es ganz kleine Erfolgserlebnisse sein. Das beruhigt mich, und eine kurze Zeit später kann ich dann auch wieder normale Schritte gehen.

Ich sehe, wie gut es mir ging, in Kur, auch danach, an meinem Geburtstag. Danach ging es mir wieder schlechter, man liest es zwischen den Zeilen. Ich will es dann auch immer erstmal nicht wahr haben. Wie kann das auch sein, so ein großartiges emotionales Erlebnis, und dann geht es mir schlecht? Ist ja auch ungeil. Ich will doch, dass es mir immer so gut geht! Ich weiß aber auch, immer und gut in einem Satz, so läuft das Leben nicht. Es darf auch schlechte Tage geben, Tage wie heute. Die ganz ohne Grund einfach müde sind. An denen ich ganz schlecht aus dem Bett komme und meine Morgenroutinen einem “ach, das schiebe ich auf nachher” weichen. An dem alles aus dem Tritt gerät, ich zu spät Mittagessen mit K4 koche und K5 viel zu spät im Bett landet. Meine Nerven überreizen dabei und ich werde kurzangebunden, nörgelig, schimpfend. Erschöpfend, darüber zu schreiben. Ich kenne all das und habe doch keine Lösung. Ich kann mich doch nicht einfach krank melden, nur, weil ich müde bin?

Ich muss dringend herausfinden, was mich so müde macht. Ist es wirklich nur das Homeoffice? Ich bin jetzt, mal von den beiden Messetagen letzte Woche abgesehen, schon die ganze Zeit daheim. Und ich weiß, dass mir das nicht gut tut. Ich habe es wegen diverser Termine so gelegt und dachte, hey, ich komme schon gut klar, ich schaffe das. Und dann – sehe ich, wie es mir heute geht, und überlege, wie ich morgen schaffen soll. Weil, ich habe jetzt alles aufs Homeoffice eingestellt, inklusive der Kinderbetreuung. Ich bekomme das nur schlecht gedreht. Wobei ich wirklich überlegen sollte, ob es das nicht wert ist. Einfach doch ins Büro zu gehen und mich an diese Struktur zu hängen.

Ich bin klarer in der Birne und erledige mehr für mich und im Haushalt, wenn ich das Haus verlasse. Ich weiß, das klingt seltsam, aber es ist so. Ich brauche mehr abgeschlossene Aufgaben und weniger offene Handlungsstränge in meinem Hirn. Arbeite ich im Homeoffice, habe ich laufend offene Handlungsstränge, weil alles ineinander läuft. Vom Blumengießen auf dem Balkon (ich habe die Hoffnung, dass die doch länger leben als gedacht) über Postings auf SoMe machen über Waschmaschine stellen über Bilder suchen auf dem Server über Meetings mit relevanter Teilnahme und vielen Gedanken, die sowieso schon in meinem Kopf herumliegen.

Herzlichen Dank an mich selbst.

Was bleibt, ist, es mir einmal mehr bewusst machen. Ich brauche Routinen. Ich brauche das Büro. Ich brauche klare Zeiten. Ich brauche unaufschiebbare Termine mit mir selbst. Ich gehe seit Tagen erst nach 23 Uhr ins Bett, viel zu spät! Ich hänge seit Tagen wieder mehr auf Linkedin herum, das tut mir nicht gut! Es schwächt mich, weil ich von Tag zu Tag mehr denke, nicht gut genug zu sein. Ich bin der Selbstbeweihräucherung und der Expertise in den sozialen Netzwerken immer noch nicht gewachsen. Meine Psyche kommt damit nicht klar. Es ist gar nicht, dass ich mich bewusst mit einzelnen Menschen vergleiche oder bewusst denke, ach, sind die schlau! Es ist eher ein schleichender Prozess, den ich nur unbewusst wahrnehme. Ich scrolle weiter. Ich lese mich in Postings und Kommentare ein. Ich verschwende meine Zeit und bin hinterher noch leerer als vorher.

Eine leere Seele. Unbeseelt. Scheiß soziale Netzwerke, sie machen krank. Fiebrig. Immer schauen, vielleicht hat jemand kommentiert? Ohne Kommentar!

Ich weiß schon, was zu tun ist. Heute früh ins Bett. Die Netzwerke sind ausgeschaltet, die Spülmaschine spült bereits. Es gibt noch reale Wäsche aufzuhängen. Die Zähne sind geputzt. Ich fange heute noch an, einmal 5 Minuten den Timer zu stellen. Ich scheine Projekte zu brauchen, für mich. Also gut. Hier ist eines. Meine 5 Minuten im Juni heißen: 5 Minuten Rettung des Schlafzimmers. Jeden Abend 5 Minuten aufräumen. Nicht mehr, nicht weniger. Ende Juni sehen wir weiter, ob ich das geschafft habe und wie es aussieht, in meinem Schlafzimmer.

Ich brauche Ordnung! Geschlossene Schränke, geschlossene Tabs, geschlossene Aufgaben! Erfolgserlebnisse, dass ich Dinge zu Ende bringe. Ich brauche ein Ende im Feed. Das immer-weiter-scrollen ist eines meiner Probleme. Ich brauche Grenzen. Grenzen, die ich mir selbst schenke.

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