richtiger Alarm

Heute beim Frühstück im Hotel de Gaarper geht auf einmal der Feueralarm los. Zum Glück – entpuppt sich das laute Spektakel als falscher Alarm. Es brennt nicht. Nur mein inneres ist total alarmiert. Vielleicht – habe ich ja etwas falsch gemacht?

Hier im Hotel sind die Bäder direkt ans Zimmer angeschlossen, allerdings ist es ein sehr altes Steinhaus und es gibt keine Abluft in den Duschen. Man soll daher die Tür geschlossen halten, während man duscht, und auch noch danach – sonst geht der Feueralarm an. Daran habe ich mich gehalten, um dann kurze Zeit später doch quer zu lüften. Ich habe keine Idee davon, wie sie es vermeiden, dass sich in diesen Räumen Schimmel bildet, aber es scheint gut zu funktionieren.

Seit zwei Tagen tue ich das. Das Fenster offen, die Tür offen, alles lüftet.

Und dennoch sitze ich, nach dem dritten Mal (wo zweimal gar nichts passierte), im Frühstücksraum und beginne sofort, zu überlegen. Vielleicht mein Zimmer? (Klar, eine Stunde nach dem Duschen fängt es jetzt an, völlig logisch)

Vielleicht – weil ich den Stecker mit dem Ladekabel drin gelassen habe und jetzt gibt es einen Kabelbrand?

Vielleicht – habe ich doch irgendwas falsch gemacht?

Und wenn ich Auto fahre und die Polizei sehe, erschrecke ich mich sofort, und überlege, ob ich irgendwas falsch mache –

Oder falsch gemacht habe –

Ich fühle mich immer (noch) schuldig. Sofort. Jemand hat einen eingewachsenen Zehennagel und ich denke, Mist, ich habe nicht gut genug hingesehen. Immer!

Das ist much crazy. Das heute zu beobachten, was da mit mir passiert – ich werde innerlich unruhig und fange schonmal im Vorfeld an, mich zu entschuldigen. Und frage komische Sachen, wie, vielleicht, weil ich das Fenster offen gelassen habe?

Das ist total schräg!

Ich weiß um die Sache mit der Polizei und versuche inzwischen immer, einfach durchzuatmen. Die sind nicht auf der Suche nach mir, weil ich ein schlimmes Verbrechen begangen habe. Definitiv nicht, weil ich keine schlimmen Verbrechen begehe. Auch das Klauen habe ich aufgegeben. Ich fahre angemessen schnell, bin rücksichtsvoll und das einzige, was auffällig ist, ist, dass ich sehr laut singe im Auto. Das ist meines Wissens nicht verboten.

Warum also?

Warum bin ich immer in Hab-Acht-Stellung? Warum habe ich immer das Gefühl, schuldig zu sein? Das ist total bescheuert!

Liegt sicherlich auch irgendwo mit im Bett meines inneren Kindes und kuschelt mit ein paar anderen Glaubenssätzen, wie dem Nichtstun. Die beiden mögen sich. Erst Nichts-Tun und dann Schuld-Ich. Puh!

Von daher war das heute ein sehr richtiger Alarm. Er hat mich mal wieder auf dieses seltsame Verhalten hingewiesen. Ich habe das auch, wenn jemand stolpert und ich denke, hoffentlich lag nichts von meinen Sachen im Weg. Hoffentlich bin ich nicht Schuld.

Ich glaube, aus diesem kurzen Urlaub bringe ich eine Menge neuer alter Gedanken mit. Was ich auch mitbringe, ist das neue Gefühl, darüber ins Tun zu kommen. Letztes Jahr hatte ich auch viele gute Gedanken. Was ich will und wie ich das will. Nur ins Tun bin ich schwer gekommen. Dieses “ich tue jetzt aktiv etwas, um die Situation zu verändern”, das kann ich. Aber es kostet mich viel Kraft. Das Tun im Alltäglichen, es ist immer noch anstrengend.

Und das wird mein nächster Schritt. Ich tue. Ich schreibe weiter auf, was da ist. Und mache mir bewusst. Was ich tue. Ich tue viel!

Und jetzt tue ich den Koffer schließen, checke aus und fahre nochmal ins Landesinnere. Richtung Rotterdam. Kurz vorher ist Kinderdijk, ein Windmühlenpark, der es zum Weltkulturerbe geschafft hat. Ich war dort schon. Ja, auch das, eine Wiederholung. Aber nachdem ich gestern in einem Café in einer Mole gesessen bin, möchte ich heute noch mehr Molen sehen. Und Wasser. Ich freu mich schon!

Eine Gute Reise! Ist das. Auch mit all den schweren Gefühlen, dem Traurigsein, dem Alleinfühlen, mit all dem. Auch das – war ein guter Tag! Der richtige Alarm!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert