Rock&Roll

Das ist mein Ursprung. Echt & Ungeschminkt. Und dabei dennoch – Show.

There is no business – like Showbusiness 💚

Ein Schwanken im Ruhm. Leichtigkeit, Lärm, Kabelgewirr, Scheinwerferlicht, nasse Handtücher. Mittendrin, das Kind. Beschwingt, getragen von dem Adrenalin eines Bühnenauftritts. Die Spannung, vor der Show, überträgt sich direkt auf ihn, er steht quasi – unter Strom. Der Jubel, der aufbrandet, wenn der Künstler die Bühne betritt. Und wir, stehen auch auf der Bühne, an der Seite, daneben. Ich – stehe auf der Bühne und schaue ins Publikum und denke, ja. Warum stehe ich nur auf der Seite? Warum bin ich in all den Jahren nie auf die Idee gekommen, dass die Bühne auch mir gehören könnte? Weil ich immer dachte – ich sei nicht gut genug?, Nicht gut genug für was genau? Singen jedenfalls, das kann ich. Tanzen jedenfalls, erstaunlicherweise, ebenso. Und Strahlen, ist das einfachste.

Und dennoch, hinter der Bühne, da fühle ich mich schon sehr sicher. Zuhause. Wohl. Es ist wie nach Hause kommen. Ich liebe Cases, Kabel, das Gewirr, das Gewusel, Rock’n’Roll Trucks, GaffaTape, Nightliner. Das Gefühl, dass sich nach dem Konzert einstellt, wenn die Bühne in allerkürzester Zeit abgebaut wird und all das wieder im Truck landet. Alles, in einer Weise, geplant bis ins Detail, alles, an seinem Platz. Ich, an meinem Platz. Neben der Bühne. Hinter der Bühne.

Neben und hinter der Bühne.

Es ist im übrigen nur halb so spektalär, wie sich das Menschen vorstellen, die es nicht kennen. Es sind Menschen, die da auf der Bühne stehen und singen, musizieren. Menschen, für die das Scheinwerferlicht die Essenz ihres Seins ist. Menschen, die ohne die Bühne nur ein Schatten ihrer Selbst sind. Menschen, die die Bühne lieben und die Bühne liebt sie. Vielleicht gilt das nur für manche Künstler. Die allerdings, die ich kennengelernt habe, leben dafür, auf der Bühne zu stehen und im Applaus zu baden. Es ist Adrenalin pur. Und ich kann es gut verstehen. Es geht mir ganz ähnlich. Für mich ist die Anwesenheit auf einem Konzert, die Nähe zur Bühne, die Präsenz, die Wichtigkeit auch ein Schub. Adrenalin. Ich fühle mich wohl. Pudelwohl. Daheim.

Schatten und Licht und K5

Ich bin mit 19 als Stagehand auf Konzerten gelandet. Mein erstes Mal, da habe ich Geschirr gespült, auf einem Konzert in der Music-Hall in Frankfurt. Die Music-Hall – gibt es seit Jahren nicht mehr. Und ich habe vergessen, wie die Band hieß. Irgendwas mit Reggae. Und sie hatten keine Küche. Es war ein mobiles Waschbecken auf dem Flur und Spaß, naja, Spaß ist vermutlich anders. Aber – es war aufregend! So pur, so echt! Unglamorös. Stinkend. Manchmal auch ein wenig versifft. Je nach Location. Anstrengend war es auch und es wurde spät, nachts. Ich war aufgeladen bis zum Anschlag, und gleichzeitig todmüde.

Darauf folgten weitere Arbeitseinsätze, auch als “normaler” Stagehand, also mit Truck ausladen, Bühne aufbauen, je nach Location auch Stühle stellen, Kabel verlegen, all das. Irgendwann, beim Wrestling in der Stadthalle in Aschaffenburg, stand ich mal wieder in der Küche. Geschirrspülen. In dem Fall gab es eine Küche, immerhin stand ich nicht auf dem Flur 😉
Ich hatte leichte Rückenschmerzen, schon mit 19 war ich mit wenig Rückenmuskulatur ausgestattet. Faul halt. Wenig Sport. Der Koch gab mir den Tipp, dass ich den Arsch anspannen solle, damit ich aufrechter stehe und es mir bis zum Ende des Tages besser gehe. Darüber machte damals irgendsoeine Flachnase einen Witz. Über meinen Arsch. Und ich machte einen doofen Witz zurück. Heute würde man dieses sprachliche Niveau als sexistisch bewerten und sich gruseln. Nehme ich an. Vor 31 Jahren war das noch normal. Da war auch ein Klaps auf den Arsch als Flirt normal. Zumindest im Catering auf Konzerten 😉

Der Mensch, der da damals lustige Witze über meinen Hintern machte, ist heute mit seinem Sohn hinter der Bühne herumgewuselt. K5 musste testen, ob auch wirklich alles Cases abgeschlossen sind. Außerdem war ihm wichtig, die Lampen zu zählen und den Truck von innen zu besichten. Das sind Dinge, bei denen ich mich entspannt zurücklehne. Das ist Papas Revier. Papa, der Produktionsleiter. Schon damals, in Aschaffenburg, war er der Produktionsleiter, also, der Mensch, der den Hut aufhatte. Heute fragte sein Sohn, Papa, warum fragen dich eigentlich alle hier ständig irgendwas? Und ich musste so lachen, weil das kennt K5 so nicht. Bei uns daheim, wenn sein Vater da ist, ist es eher umgekehrt. Der Papa fragt mich, die ganze Zeit, Alles. Da habe ich den Hut auf. Hier, auf Produktion, hat der Papa den Hut auf. Das ist natürlich etwas verwirrend. Und auch ansonsten lustig, weil, ich glaube, ich hatte schon immer mehr den Hut auf. Auch damals, im Catering, beim Geschirrspülen.

Da fing es an. Vor 31 Jahren. Mit diesem Mann. Der damals schon 20 Jahre älter war als ich und es natürlich auch heute noch ist. Heute ist das ein krasser Unterschied. Damals – war er 39, witzig, erfolgreich und dadurch, gerade in der Branche, in der ich gerade erst anfing, zu arbeiten – super sexy. Und, er fand mich hinreißend. Findet er mich wohl heute noch, jedenfalls schaut er mich so an. Und dennoch, in all den Jahren, hat es nie für eine normale Beziehung getaugt. Es war immer Rock’n’Roll, zwischen Tourneen, auf Konzerten, manchmal alle 3 Monate, und auch mal 12 Jahre ohne jeglichen Kontakt. Drei Anläufe, eine Beziehung zu führen, und wenn ich es nicht abgewendet habe, hat er es getan. Heute sehe ich, dass ich ihn nie kannte und eine sehr lange Zeit in eine romantische Phantasie verliebt war. Oder – von einer romantischen Phantasie besessen war. Heute sehe ich, wer er ist und wie er tickt und was vor allem der Rock’n’Roll, das Leben auf Tour, die Nächte in Nightlinern und im Hotel, aus ihm gemacht hat. Er ist völlig unkompatibel für ein “normales” Leben. Und er hat Ansichten, die mir so stark aufstoßen, dass ich mitunter, hier, im Heute, wirklich an mich halten muss. Um nicht laut loszupoltern.

Argh! Von einer Beziehung sind wir also weit entfernt. Und doch, gerade wenn ich, wie heute, auf einem Konzert bin, ist da diese Mischung zu spüren. Meine Mischung. Was mir gut gefällt. Die Bühne. Der Pass um den Hals. Das “wichtig sein”. Ich habe so viele Konzerte organisiert, so viele Abendkassen, so viele Abrechnung. Ja, auch ganz ohne den Vater von K5. Ich habe selbst in diesem Business gearbeitet, das Geschirrspülen war nur der Anfang, damals. Und ich vermisse es manchmal. Und ich bin auch deshalb so gerne auf Veranstaltungen, auf Messen, selbst auf unserem TechTalk im Büro. Events machen mich glücklich.

Der Vater von K5 macht mich nicht glücklich, aber immerhin bin ich an einem Punkt, an dem ich verstanden habe, dass er ist, wie er ist. Er ist nicht so, wie ich es immer dachte. Das allerdings ist mein Problem – und damit darf ich zurecht kommen. Aktuell macht er mich zumindest auch nicht (mehr) unglücklich. Es gab Zeiten, da sah das ganz anders aus … Aktuell ist es gut, wie es ist. Entspannt. Freundschaftlich. Er kümmert sich sehr und liebevoll um seinen Sohn. Viel mehr braucht es nicht.

Für mich sind solche Tage und Abende wie heute, wo wir vom Runner abgeholt und bis zum Parkplatz gebracht werden, wo wir Backstage begleitet werden und schon im Gespräch mit der Freundin des Künstlers sind, bevor wir das Büro vom Vater erreicht haben – solche Tage sind Balsam für meine Seele. Ich bin ein wenig melancholisch, weil es schön war, damals. Mein Leben. Und ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Leben gelebt habe. Ich bin ebenfalls sehr dankbar, dass es das heute nicht mehr tue – weil es auch oft ein krankes, anstrengendes, müdes Leben war. Ich freue mich, dass der Zirkus vorbei ist. Und es heute neue Bühnen gibt, die ich sogar erobern darf – wenn ich das will. Sprechend! Allerdings vermutlich nicht mit knapp 9000 Menschen, die johlend vor der Bühne stehen 😉

Just an impression from back stage

Was meine Seele sehr streichelt, ist die Tatsache, dass der Vater von K5, der immer ein Geheimnis um mich gemacht hat. Und um seinen Sohn gemacht hat. Das der uns präsentiert, als seien wir das Wichtigste in seinem Leben – was wir wohl auch sind. Das freut mich sehr, weil die Vergangenheit auch abwertend war. Und ich Zeiten hinter mir habe, mit einem frischgeborenen Kind und einem Vater, der sich über ein Jahr gar nicht bei uns meldete – das war kein Wunschkonzert –

Eine romantische, verklärte, unaufhaltsame und unterhaltsame Geschichte. Eine Geschichte, die 31 Jahre lang ist. Verrückt. Vielleicht erzähle ich sie mal. In Ruhe.

Eines habe ich verstanden, und das war damals so wichtig für mich. Aus meinem Mangel an Selbstbewusstsein heraus war gerade er so attraktiv für mich. Es war, als würde seine Bekanntheit auf mich abfärben. Als sei ich wertvoll, weil er, in dieser Branche, so wertvoll war und ist. Es hat mich aufgewertet. Ob mir das bewusst war? Ich habe es zumindest geahnt.

Ich brauche heute niemanden mehr, der mich wertet. Weder auf noch ab. Ich habe mich. Ich bin wertvoll. Ohne erfolgreichen Mann 😉

Und jetzt, geht der Rock’n’Roll mal schlafen. Das Kind ist sehr glücklich und sehr müde ins Bett gefallen. Natürlich, erst nachdem er, mit mir, Zähne geputzt hat. So viel Realität durfte sein. Jetzt hoffe ich, dass er so schlau ist, dass er morgen früh mal ausschläft …

Eine Runde Fußball zum Abschluss

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