Samba Haselnuss zum Löffeln

Es geht immer noch eine Stufe besser … der Löffel im Samba hat andere Ursachen als das Nougat auf der Bank auf dem Kinderspielplatz. Gestern war ich nur ein wenig müde, etwas durch und dabei glücklich. Da war eine schwere Leichtigkeit. Oder eine leichte Schwerigkeit? Je ne sais pas.

Heute ist es innere Anspannung. Tendenz zur Wut. Die mich zum Löffel greifen lässt. Und das ist noch meine harmloseste Methode, zu reagieren. Das schadet nur mir selbst. Lecker! Süß! Atmen!

Dieser Post richtet sich an Menschen wie mich, die Schwierigkeiten haben, sich abzugrenzen, die oft über den eigenen Schatten springen, damit es für Andere schöner, einfacher, besser ist. Die Angst vor Ablehnung haben. Die erlebt haben, wie es sich anfühlt, nicht geliebt zu sein, und deshalb viel in die Harmonie investieren. Auch in die Harmonie mit Menschen, die uns zum Löffel greifen lassen. Das Herz mit einem Löffel auskratzen …

Mir ist das Herz vorhin erneut überhitzt. In Wallung bin ich geraten. Einmal mehr, und wieder geht es um den Vater von K5. Er steht dabei für die Sorte Mensch, die alles, was sie selbst tun, als Normal empfinden. Und alle, die das nicht gut finden, sind irre und abnormal. Was er macht – ist richtig. Dabei geht es gar nicht um „richtig oder falsch“. Das ist keine Bewertungsmatrix! Es geht nicht darum, dass er pauschal alles falsch macht. Es geht darum, dass er meine Grenzen nicht wahrnimmt. Hat er nie. Kennt er nicht. Ich hatte ja auch keine Grenzen. Ich war grenzenlos offen und leicht zu haben. War ich verärgert, gab es Blumen. Oder 50 Euro, um mir mal was zu kaufen. Oder gleich einen ganzen Urlaub, damit ich auch mal Entspannung hatte. Letztes Jahr hat er tatsächlich meinen Kurzurlaub bezahlt. Und ich habe das angenommen. Und den ersten Tag im Urlaub geheult, und konnte mir gar nicht erklären, warum.

Warum?
Ich will autonom sein! Verdammt! Unabhängig! Jedenfalls von ihm. Wir sind Eltern eines wunderbaren Kindes, für das ich gerne die Extrameile gehe. Die Extrameile bedeutet, der Vater darf die Wohnung betreten, sich hier zum Abendessen einklinken, das Kind auch mal ins Bett bringen, all das. Umso klarer ich für mich werde und umso älter unser Sohn wird, umso mehr kämpfe ich. Ich ertrage seine Anwesenheit nicht. Mir ist das zu viel! Ich will das nicht (mehr). Seine ganze Art, die Geschichte dahinter, die Bewertung, all das, ich will das nicht mehr.

Und dann sind es die Kleinigkeiten. Der Locher. Die Bücher. Die Dauer. Er ist immer gut 30 Minuten hier und ich will einfach nur – weg. Und unser Sohn spürt, wie es mir geht und es belastet seine Beziehung zu seinen Eltern. Das ist für Kinder eh schon schwierig genug. Da braucht es nicht noch diese Situationen. Und dann höre ich – ich soll mich halt zusammenreißen, fürs Kind. Mich normal verhalten. Normal freundlich sein. Ich. Ich bin, wie immer, das Problem. Ich könne doch mal lustig sein. Man könne sich doch mal normal verhalten.

Was ist normal? Dein Normal oder mein Normal? Was stimmt nicht mit meinem Normal? Warum wird mein Normal abgewertet und schlecht gemacht?

Ich will nicht, dass er an meinen Schreibtisch geht und sich etwas nimmt, wie meinen Locher, zum Beispiel. Ich sage das. Reaktion: ich bin nicht normal.

Ich will nicht, dass er meine Bücher anfasst, die im Wohnzimmer liegen. Ich sage das. Reaktion: ich bin nicht normal.

Da muss ich wirklich tief einatmen. Da will ich den Löffel im Glas Samba direkt zerbeißen. MEIN NORMAL ist völlig in Ordnung! Das ist MEINE Wohnung! Ja, hier liegen auch Sachen herum. Nein, das bedeutet nicht, dass die irgendjemand einfach anfassen darf. So, wie man auch mich nicht einfach anfassen darf. Finger weg! Dieses Übergriffige, ich fasse deine Dinge an, ich schenke dir mal 50 Euro, komm, sei doch nicht so empfindlich, das ist doch nicht normal.

Also, hier, für mich nochmal runtergeschrieben – ICH BIN NORMAL! Alle meine Gefühle sind in Ordnung. Es sind meine Gefühle. Wenn ich auf die nicht höre, auf wen soll ich sonst hören? Ich möchte nicht, dass meine Bücher angefasst werden – und dann formuliere ich das jetzt auch. Immer und immer wieder.

Als nächstes kommuniziere ich, dass ich die Anwesenheit in meiner Wohnung nicht mehr wünsche. Ja, es gab andere Zeiten, in denen er quasi hier gelebt hat. Und ich hoffte, es gäbe doch noch eine Art Chance für eine Beziehung. Und er wollte nur die Vorzüge, übernahm aber keine Verantwortung. Weil, das sind alles meine Probleme. Er wollte nur das fließend Wasser und die kurzen Wege. Alles sehr praktisch. Liegt ja alles im Sinne des Kindes. Auch, dass ich meine Wohnung mit ihm teile. Damit er keinen langen Anfahrtsweg hat. Und teilhaben kann, am Leben seines Kindes. Und ich – habe Jahrelang geschluckt und nichts gesagt. Kein Wunder, bin ich jetzt am Limit und werde schon aggressiv, wenn er die Treppe hoch kommt.

Demnächst bekommt er die gepackte Tasche vor die Tür gestellt. Eventuell hole ich meinen Sohn auch einfach ab. Das ist zwar ein großer Aufwand für mich, aber eventuell hilft es, ruhiger zu werden. Gelassener mit Situationen umzugehen. Mich autonomer zu fühlen. Das erscheint mir eine gute Idee. Ich hole meinen Sohn selbst ab. Scheiß auf die Kosten. Dann fummelt auch niemand mehr an meinen Sachen herum und ich muss nicht überlegen, all meine Ideen und Dinge wegzuräumen. Dann ist meine Wohnung wieder meine Wohnung. Ein Zuhause. Ohne Eindringlinge, die mein Normal schlecht dastehen lassen.

Ja. Fein. Es scheint, mir kommen Ideen. Ich kann den Löffel wieder aus dem Glas nehmen und den Tag nochmal neu anschauen. Ich glaube – ich gehe jetzt erstmal spazieren. Damit auch meine Muskelatur wieder locker lassen kann.

Es kann nicht sein, dass ich zulasse, das Menschen so eine Macht über mich haben. Und mich als Unnormal bezeichnen, obwohl ich nur meine Grenzen aufzeigen möchte. Ja, ich bin unbequem. Es war früher so viel einfacher mit mir. Und wie wütend oder traurig oder verzweifelt es mich zurückgelassen hat, das war zumindest diesem Mann vollkommen egal. Hauptsache, er hatte es bequem. Und Hauptsache, er konnte seine Macht ausüben. Die nehme ich ihm jetzt, im Zeichen der Bequemlichkeit. Ich fahre und hole meinen Sohn selbst ab. Abholen darf er ihn, da stelle ich den Koffer vor die Tür. Finito. Unser Sohn? Wird es überleben. Mit mehr Klarheit, wer welche Bücher anfasst, wird es auch ihm besser gehen.

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