lebe wohl

und passe gut auf dich auf 🙏🏻

Das war ein Lebewohl sagen gestern! Kein Auf Wiedersehen, sondern ein Abschied auf Dauer. Sowohl von Menschen als auch von Orten. Wir haben gestern ein Abschiedsbild vor dem Kurheim gemacht, mein Sohn und ich. Gleiche Stelle 7 Jahre früher, er, ich und seine beiden Brüder…

Die Bilder nebeneinander gelegt und die Zeit dazwischen gemessen. Vom kleinen Baby, dass er war. Zum Grundschulkind, das er heute ist. Und ich. Von der traurigen, verlassenen Frau über Umwege zur freien, selbstbewussten Frau. Und der Umweg war gewaltige 7 Jahre lang. 7 Jahre schmerzhaftes Wachstum.

Zwei Bilder. Der Beginn, das Ende. Dazwischen, schwere Depressionen. In einem Ausmaß, von dem ich heute sage, dass mir die Vorstellung dessen, was war, inzwischen fehlt. Wie schlimm es wirklich war. Das es einem Wunder gleich kommt, dass wir überlebt haben. Das ich überlebt habe.

Wie das oft so ist nach schweren Erkrankungen, man vergisst. Weil es zu schwer auszuhalten wäre, wäre es weiterhin präsent. Man vergisst. Ich vergesse. Ich weiß alles und doch vergesse ich. Die Verzweiflung, die Sehnsucht, zu sterben, das Gefühl, die Freude für immer verloren zu haben, die Sinnlosigkeit und Schwere des Atmens. All das. Und ich habe weiter geatmet. Bin weiter gegangen, obwohl ich viel zu müde dafür war.

Und obwohl uns gestern der Abschied schwer gefallen ist, strahle ich doch auf diesem Bild mit meinem Sohn. Weil ich weiß, wer ich bin und weil ich mich freue – das ich da bin!

die kleine Traurigkeit

Mein Sohn lacht nur oberflächlich auf den Bildern von gestern. Seine Augen sind traurig. Er war auch auf der Heimfahrt im Auto sehr still, hat viel nach draußen gesehen und die Bäume im Wald gezählt, jedenfalls wirkte es so auf mich. Daheim ist er im Zimmer verschwunden und hat sich eine Aufgabe gesucht. Alle alten Star Wars Sammelkarten seines Bruders neu sortieren. Ein neues Sortierungssystem hat er sich dabei auch direkt überlegt. Und dann – hat er das gemacht. Stundenlang. Ich gebe zu, an der Stelle hätte ich Aufräumen auch toll gefunden 🙈

Das war sein Weg, mit der Situation umzugehen. Natürlich hat er auch zwischendurch geredet, und gefragt, ob wir die Jungen, mit denen er sich gut verstanden hat, nochmal wiedersehen werden und wie wir das gestalten können. Ich bin da schonungslos ehrlich, weil ich glaube, das falsche Hoffnungen falsche Hoffnungen sind.

Einen der Jungs wird er nur durch Zufall wiedertreffen, keine Ahnung, wenn sie in zig Jahren in der gleichen Uni studieren oder was weiß ich. Da ist der Funke zwischen mir und der Mutter nicht übergesprungen. Das war ein echtes Lebewohl, ein freundliches, wohlwollendes. Und das ist okay so, nicht alle Bekanntschaften werden Beziehungen, die ein Leben lang halten. Oder sagen wir – die wenigsten tun das!

Wir haben Kinder hier vor Ort, die wir kaum noch sehen, weil sie auf unterschiedliche Schulen gehen und der Alltag einen Strich durch die Rechnung macht. Da liegt die Entfernung bei 10 Minuten. Nicht bei 400 Kilometern.

Und dieses, 3 Wochen in einem anderen Rhythmus leben, atmen, spielen, sprechen – das macht auch was mit meinem Kind, keine Frage. Es ist ein wenig wie eine Bekanntschaft auf einer einsamen Insel, man wächst in der Situation zusammen. Es fühlt sich ganz schnell ganz intensiv und eng an. Und doch ist es eine Seifenblase, die zerplatzt, wenn man die Insel wieder verlässt. Man ist so glücklich, das Alles gut gegangen ist, und schwört sich, man bleibe auf immer verbunden. Um zwei Tage später im eigenen Leben anzukommen und. Satzende. Wir alle kennen es. Mein Sohn kennt es noch nicht so genau. Er verdaut jetzt das Satzende.

Eine Familie sehen wir in jedem Fall wieder. Da ist ein echtes Band gewachsen, und das weiß ich, dass ich es pflegen kann und will. Sobald mein Sohn alt genug ist, eigene Bänder zu pflegen, wird es einfacher für ihn. So ist davon abhängig, dass ich das Band erhalte. Selten allerdings telefonieren 7jährige über 400 Kilometer hinweg und bleiben sich nahe. Da darf man realistisch sein 😉

Es war jedenfalls – eine ruhige Heimfahrt mit vielen Bäumen. Mir ging es ähnlich. Ich fühlte mich ein wenig ausgewildert. In der Pflegestation aufgepäppelt und jetzt zurück ins echte, raue Leben. In der Hoffnung, all das gelernte in der freien Wildbahn anwenden zu können, ohne Futter zu werden für schnellere Jäger. Dazu der Blick in den Wald. Als was gehe ich denn zurück? Scheues Reh? Mürrisches Wildschwein? Trällernder Vogel?

Im Auto dachte ich noch, wie will ich das schaffen, daheim, die Stimmung zu halten, damit mein Sohn in einer guten Energie heim kommt? Mir ist bewusst, dass ich es bin, die ihm dabei hilft, im Alltag anzukommen und die Atemfrequenz zu erhöhen. Das Tempo ist hier draußen deutlich schneller als auf Kur. Deutlich. Schneller. Und die kleine Trauer um den Verlust der Gemeinschaft, die wir erlebt haben, ist ja dennoch da. Und diese Trauer darf sein.

heim kommen

Und diese Trauer schlägt auf den letzten Kilometern und Metern um. Dieses Heim-Kommen. Ins eigene Heim kommen. Da Heim sein. Die kleine Traurigkeit wird mit offenen Armen willkommen geheißen und darf sich mit den Sammelkarten des Bruders ausleben.

Und ich? Habe erstmal die Ärmel hochgekrempelt, die Toiletten und die Küche geputzt, das Auto ausgeräumt, eine Waschmaschine gestellt, eingekauft und Essen gekocht. Business as usual 😉

Der Hammer, wie schnell ich wieder ins Tempo gegangen bin. Heute war bereits der erste Arbeitstag, auch der sehr intensiv. Schnell. Viel. Veränderungen. Stimmungen. Aufgaben. Peng. Und was war ich glücklich heute morgen! Die kleine Traurigkeit hat einen tiefen Schluck Freude getrunken, das hat ihr gut getan! Ich habe ein paar wunderbare Aufgaben, die sich neu auf meinen Tisch gelegt habe, zusätzlich zu schon einigen wundervollen Aufgaben, die da auf mich gewartet haben. Mein Job fordert mich im richtigen Maße. Ich brauche neuen Input, regelmäßig, damit ich im Flow bleiben kann.

LFlow, das sind spannende Aufgaben und gute Gespräche. Beziehungen. Und manchmal auch, Karten sortieren. Wunderbar ist, wenn Menschen herausfinden, was sie benötigen, um diesen Zustand von Flow zu erreichen. Und es dann auch noch tun.

vor 5 Sätzen

Aus dem Fasten habe ich 5 Punkte mitgenommen, die ich in meinem Alltag einbauen will. Ich weiß, dass 5 viel ist und wenn es hier nochmal 5 werden, dass es dann schon 10 sind. Einige davon überschneiden sich oder lassen sich in Verbindung miteinander setzen. Dennoch, 2×5 ist 10 und 10 ist Irrsinn. So viele Veränderungen in den Alltag zu integrieren, das kann und wird schiefgehen. Das Gefühl, nichts davon wirklich richtig gemacht zu haben, ist für mich, die ich gerade erst das NICHT ablege, destruktiv.

Ich formuliere dennoch die 5 und lasse sie sacken. Tage danach werde ich nochmal drauf schauen, priorisieren und überlegen, in welchen zeitlichen Etappen ich daran arbeiten will. Ich habe ja Zeit! Es darf so lange dauern, wie es dauert.

  • gemeinsam Zähne putzen mit K5, morgens und abends
  • 15 Minuten Gymnastik nach dem Aufstehen
  • 3x die Woche Sport (feste Zeiten, 2x joggen, 1x Zumba)
  • Fußbad und lesen vor dem Schlafengehen
  • täglich 15 Minuten Singen üben
  • keine Regel ohne Ausnahme!

“Täglich” zu schreiben ist mir gerade schwer gefallen. Sehr schwer sogar. Ich habe kein eines mal Singen geübt in der Kur. Das wäre auch gar nicht gegangen. Die Räume waren so hellhörig, und es ist mir oft hier daheim mit den Kindern schon unangenehm, meine A und U zu trällern.

Auch meine Freundinnen haben heute eine deutliche Veränderung in meinen Sprachnachrichten vernommen. Meine Stimme war wieder klar, deutlich, lebendig. Auf Kur habe ich leise gesprochen, ohne große Betonungen, die Geschichten waren entsprechend – ein wenig fad. Das man mir zuhören konnte, war mir unangenehm. Das ist besonders spannend im Hinblick darauf, dass ich es dann einfach in den Blog schreibe. Haha.

Jedenfalls, täglich. Singen üben. Das ist kein neuer Punkt. Keiner davon ist neu, bis auf der erste, den ich ja schon umsetze mit K5. Wir haben täglich zusammen Zähne geputzt. 21 Tage lang. Damit ist es schon eine ziemlich erwachsene Routine… An der bleibe ich dran! Das ist auch das erste und wird mir ein gutes Gefühl für Erfolg vermitteln.

Alle anderen Themen – insgesamt gesehen – sind in Teilen schon dagewesen oder haben sich ähnlich ergänzt. Es handelt sich um Routinen für einen guten Morgen und einen guten Abend und für einen guten Schlaf. Es sind Dinge, die mich achtsamer mit mir selbst werden lassen. Die mich gesund halten.

Das ist es, was ich aus der Kur vor allem mitbringe – einen achtsamen, ruhigen Umgang mit mir selbst. Dem überbordenden Energiebündel, dass ich auch bin, gebe ich jetzt wieder die Alltags- und Arbeitsbühne frei. Und dann schaue ich in regelmäßigen Abständen, wie sich der Alltag anfühlt. Welche Ideen ich umsetzen kann. Und welche sich als unpassend herausstellen. Es ist ein Ausprobieren, ein Gestalten meiner Tage. Ruhe- und Kraftpunkte für einen anspruchsvollen Alltag. Ich freue mich, dass ich Gestaltungsmöglichkeiten habe! Ich entscheide mich, ein Vogel zu sein. Kein scheues Reh, kein grumpeliges Wildschwein. Ein trällernder Vogel, der seinen Vogeljungen das Fliegen beibringt!

Möge die Magie beginnen! Und die kleine Traurigkeit in große Freude wandeln!

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