überlegen

Über das Bett legen, meine bunte Tagesdecke, täglich.

Über mich legen, hier draußen, auf dem Feld, meine Jacke. Es ist noch kalt und doch wärmt die Sonne sehr.

Ich sitze auf einer Bank am Waldesrand, in der Sonne, und lege Gedanken nach.

Ich überlege, das tue ich täglich. Tatsächlich wird es hier von Tag zu Tag ruhiger im Kopf, ich überlege klarer und meine Themen kommen deutlicher zu mir.

Überlegen, fühle ich mich oft. Wenn ich mich nicht gerade unterlegen fühle. Eventuell hält sich das die Waage. Stelle ich mir das bildlich vor, stehe ich mit meinen geminderten Wertigkeitsgefühlen in der Mitte. Mit seitlich weit ausgestreckten Armen. Rechts die Unterlegenheit und links die Überlegenheit auspendelnd.

Meine Mitte finde ich dabei vermutlich nicht. Eher wanke ich. Anfang Februar zum Beispiel sehr in die gefühlte Unterlegenheit aus kann nichts und bin nichts. Damit tue ich mir selbst weh. Die andere Seite des sich überlegen fühlens fühlt sich stärker an. Ich bin wer! Ich nehme mich wahr! Ich bin gut! Ich bin besser! Ich bin wunderbar! Gefühlt bin ich links stärker…

Ich überlege heute, tut es mir gut, wenn ich nach links ausschlage? Ist es das, was meine Unsicherheiten und meinen geminderten Selbstwert heilt? Mich überlegen zu fühlen?

Ich habe mich heute morgen auf dem Weg nach draußen kurz überlegen gefühlt. Beschwingt, fröhlich, ganz bei mir, kam der Gedanke ungefiltert und ohne zu überlegen zu mir. Ich habe ihn dann festgehalten und gesagt, du, liebe Überlegenheit, gehst jetzt mit mir aufs Feld. Ich will dich von allen Seiten betrachten. Ich will wissen, was du von mir willst.

Wenn ich mit Menschen arbeiten möchte, darf ich die Waage in den Schrank stellen. Ich brauche sie nicht mehr. Nicht die unterlegene Rechte, die sich im Mangel fühlt. Nicht die überlegene Linke, die sich überhebt an der Fülle. Was ich brauche, ist eine Umarmung meiner selbst. Rechts und links umarmen die Mitte und ich schenke mir damit Stabilität im Stand, Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Ich will mich nicht mehr auspendeln und auswiegen. Ich will fest stehen, in liebevoller Nähe zu mir selbst.

Ich mag mich nicht mehr abwerten. Noch viel weniger mag ich mich aufwerten. Dieses mich anderen überlegen fühlen hat einen sehr schalen Nachgeschmack. Das schmeckt mir nicht (mehr). Es ist jetzt die Zeit, die Mitte zu finden. Meine Mitte.

Dann kann ich die Arme wieder öffnen und anderen meine Liebe schenken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert