Kur Tag 10

Fast Halbzeit. Bei 21 Tagen Kur ist das ja schwer zu sagen – eine Einteilung könnte sein, 10 Tage, erste Halbzeit. 11. Tag, Pause. Ab Tag 12 dann zweite Halbzeit.

Was wir in der Pause machen, also an Tag 11, das habe ich schon geplant und festgezurrt. Ich alter Planhase! Ich habe dafür heute sogar Dinge gemacht, die ich (eigentlich) nie tue. Ich habe mich eine halbe Stunde mit einigen anderen Frauen auf den Flur gestellt und gewartet, bis die Teilnehmerlisten ans schwarze Brett gehängt werden.

Wir haben, zusätzlich zu unseren “normalen” Anwendungen und Therapien auch die Möglichkeit, bei freiwilligen Angeboten mitzumachen. Das ist dann zum Beispiel Basteln oder Fasziengymnastik (die gab es ganz am Anfang und die hat mich bisher am meisten begeistert) oder Backen mit Kind. Das Backen mit Kind hat sich als besonders begehrt herumgesprochen … immer nur 3 Familien können an einer Aktion teilnehmen. Die Plätze sind immer sofort ausgebucht. Ist ein bisschen wie bei einem Rockkonzert beim Einlass, oder wenn der Vorverkauf beginnt.

Da erinnere ich noch eine Situation … Tabaluga, es dürfte 1992 gewesen sein, beim Jahr bin ich mir nicht sicher. Ich habe damals in einer Vorverkaufsstelle in Darmstadt gearbeitet, die in der Musikabteilung im Karstadt angesiedelt war. Der Karstadt öffnete an diesem Tag eine Stunde früher als die Vorverkaufsstelle. Als ich zur Arbeit kam, stand eine Traube von Menschen einmal quer durch die Musikabteilung und bis vor den Karstadt. Ich konnte tatsächlich nicht von vorne an den Verkaufsstand, mir blieb nur, von hinten über die Absperrung zu klettern. Heute könnte ich das gar nicht mehr – ich käme nicht über die Absperrung 🤣🤣
Das Gedränge und Geschubse von erwachsenen Menschen, die Karten kaufen wollen für das Konzert ihres Lebens, man kann es sich vielleicht vorstellen.

Und dann kann man sich sicherlich auch vorstellen, wie wir da vorhin standen und gewartet haben. Die neuen Aushänge für den folgenden Tag werden zwischen 16- 17 Uhr aufgehängt. Nun ja. Ich kann berichten, ich habe es geschafft. Mein Sohn und ich, wir gehen morgen schöne Osterhasen backen! Und besser jetzt, als kommende Woche. Wenn ich faste, möchte ich nicht mit meinem Sohn schöne Osterhasen backen 😉

Ich habe mich dann außerdem für morgen früh bei der Step Aerobic eingetragen. Ich möchte mich noch ein wenig herausfordern, scheint es. Üben! Ich übe! Ich habe auch heute schon geübt und bin die ersten 15 Minuten joggen gewesen, seit langem. Mit walken drumherum war ich 35 Minuten zügig unterwegs. Das ist eine echte Steigerung, die letzten Tage war ich eher sehr langsam unterwegs, der Fuß hatte auch nochmal weh getan und ich war allgemein eher gemächlich.

Heute, nach einem guten Vortrag zum Thema “Schmerzfrei” und vielen Gedanken rund um dieses Thema (hier, meine Gedanken dazu), habe ich mental und körperlich einen Schub gemacht. Ich wollte üben. Ich wollte planen. Ich wollte mich bewegen. Ich wollte mich anstellen, um morgen backen zu gehen.

Ich habe jonglieren geübt heute, geschrieben (und ja, das tägliche Schreiben wird für mich laufend wichtiger), mit meinem Sohn gespielt und vorgelesen, und jetzt gehe ich noch in die Sauna. Das tue ich jetzt seit 4 Tagen, jeden Abend nach dem Schreiben. Kurz Duschen, Bademantel an, runter in die Sauna. Meist treffe ich dort jeden Abend die gleichen Menschen, das hat jetzt schon etwas von einem Ritual. Mir tut es gut. Ich lege mich 20 Minuten auf Stufe 3 bei 90 Grad, danach dusche ich mich kalt ab und gehe aufs Zimmer. Öle mich ein und lege mich hin. Je nach Müdigkeitslevel lese ich dann auch noch ein paar Zeilen. Und ich schlafe danach – hervorragend!

Schade, daheim habe ich keine Sauna! Aber bis ich daheim bin, kann ich die ja dennoch nutzen. Ich nutze alles, was mir möglich ist, solange ich hier bin! Nur das essen nutze ich bald nicht mehr 😉
Der Drang, ständig viel zu essen, hat die letzten Tage auch nachgelassen. Ich konnte gestern bereits auf den Kuchen und den Kaffee am Nachmittag verzichten. Heute ist mir das auch gelungen – es gab vor dem schwarzen Brett einfach keinen Kaffee und keinen Kuchen. Vielleicht sollte ich da so ganz allgemein öfter herumstehen 😉
Morgen früh reduziere ich von zwei Kaffee auf einen Kaffee. Damit es mich dann am Dienstag, am ersten echten Fastentag, nicht eiskalt erwischt. Auf Kopfschmerzen dank Nikotinentzug habe ich keine Lust …

Ansonsten spüre ich so langsam etwas, das sich wie Lust anfühlt. Lust auf das Experiment! Lust auf den Zustand, der sich so ab Tag 4 einstellt. Lust auf das Gefühl, selbstwirksam zu sein. Durchhalten zu können. Stolz auf mich sein zu können.

Stolz bin ich davon abgesehen schon die ganze Zeit auf mich. Ich habe eine gute Zeit hier, auch in der Birne! Es ploppen regelmäßig spannende Themen für mich auf. In meinem Kopf streiche ich einige Wortwendungen aus dem Sprachgebrauch und übe auch das. Übung – Ordnung – der Wahnsinn!!!

Eine kleine Episode von heute möchte ich noch teilen. Sie hat mit dem Fasten zu tun. Der geplante Termin für den Entlastungstag war der Sonntag. Erster Fastentag dann am Montag. Am Sonntag ist Ostern, ich gehe mit K1 und K2 und dem Vater von K5 essen, ein paar Ostereier werden dabei auch in meinem Mund verschwinden. An dem Tag Entlastung zu machen war unattraktiv. Zudem ist am Montag die Betreuung nicht geöffnet. Am ersten Fastentag das Kind den ganzen Tag um mich zu haben, steht auch nicht auf der Wunschliste. Ja, gehen tut das. Klar geht das! Nur die Harten kommen in den Garten und so.

Ich habe bei der Einführungsrunde dennoch die Hand gehoben und darum gebeten, den Tag zu verlegen. Bitte Entlastung am Montag und dann Fasten ab Dienstag, wenn die Kinder in der Betreuung sind. Und siehe da – andere Frauen haben sich dem angeschlossen und es wurde von der Kurleitung entschieden, dass wir einen Tag später starten.

Heute begegnet mir eine der Frauen auf der Treppe und sagt: “Ich wollte mich noch bei dir bedanken, wegen des Fastentermins! Ich bin dir echt dankbar, dass du das gefragt hast und dran geblieben bist! Es ist so viel besser!”
Ach, ich habe mich so gefreut darüber! Ich selbst fand mich natürlich auch super und selbstwirksam und ich war sehr zufrieden, dass ich das direkt angesprochen habe. Dafür jetzt noch ein Feedback von einer Frau zu bekommen, mit der ich bis dato gar keinen Kontakt hatte, das freut mich jetzt doppelt! Es tut gut!
Gut hat mir in dem Kontext auch getan, dass ich ein rational vernünftiges Argument ins Feld führen konnte. Nämlich, dass es schwer ist, am ersten Fastentag komplett für ein Kind da zu sein. Der erste Tag ist hart und es braucht Ruhe. Und keinen zusätzlichen Stress. Und das war ein gutes Argument.
Hätte ich gesagt, ich will aber noch Schokoladeneier essen, wäre das sicherlich ein weniger gutes Argument gewesen 😉

Hach! Gewusst, wie! Ich bin so stolz auf mich! Ich blühe auf!

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